Ein Quartal macht noch keine Steuersenkung

SPD steht mit ihrer Forderung nach einer Hebesatz-Senkung bei Grund- und Gewerbesteuer alleine da

Es stehen Investitionen an in Flörsheim, wie hier beim potenziellen Gelände für ein neues Wickerer Feuerwehrhaus, Das wird zwar noch etwas dauern, aber nur die SPD will bisher die Steuer-Mehreinnahmen durch Steuersenkungen an die Grundeigentümer und Gewerbetreibenden weitergeben.

Ist Flörsheim flüssig genug, um seinen Grundsteuern zahlenden Bürgerinnen und Bürgern sowie den Gewerbetreibenden etwas vom unerwarteten Reichtum abzugeben? Der Vorstoß der SPD-Fraktion, Reaktion auf den erstaunlich positiv ausgefallenen Haushalts-Zwischenbericht vom ersten Quartal, stieß in der Stadtverordnetenversammlung auf keine Gegenliebe und fiel glatt durch. Angesichts eines satten Überschusses statt des im Haushaltsentwurf stehenden Millionendefizites sahen die Sozialdemokraten genügend Spielraum, um die im Kreisvergleich hohen Hebesätze bei der Grundsteuer B (560) und der Gewebesteuer (395) auf die Durchschnittswerte im Landkreis zurückzufahren. Das wären 90 Punkte weniger bei der Grundsteuer (470) und 30 bei der Gewerbesteuer (365), rückwirkend zum 1. Januar.

Die Prognose von sieben Millionen Euro Plus im Jahr 2022 bei den Gewerbesteuern gegenüber dem Ansatz von 9,7 Millionen Euro laut Quartalsbericht sollte nicht dazu genutzt werden, die Hessenkassen-Schulden abzulösen, findet SPD-Fraktionschefin Melanie Ernst. Die Hebesätze müssten an die Entwicklungen angepasst werden. Wenn die Stadt von den Bürgerinnen und Bürgern durch die hohen Sätze mehr Geld eingenommen habe als erwartet, müsse sie es auch zurückgeben.

Die anderen Fraktionen fanden die Basis der Argumentation Ernsts etwas schwach – eine Quartalsbilanz. Der Spielraum für Hebesatz-Senkungen müsse genau ausgelotet werden, sagte Marcus Reif (CDU). So sei zu bedenken, dass die Stadt im kommenden Jahr mit deutlich sinkenden Zuweisungen rechnen muss. Die Gewerbesteuer-Nachzahlungen, die den Zuwachs bei den Steuereinnahmen bringen, seien ein Einmaleffekt. Er geht von Mindereinnahmen von vier Millionen Euro alleine in diesem Jahr aus, wenn dem SPD-Antrag gefolgt würde. Schließlich passt dem CDU-Fraktionschef das Vorgehen der Sozialdemokraten nicht. „Der richtige Weg wäre es gewesen, einen Nachtragshaushalt zu beantragen“, findet er.

Alois Mhlanga (dfb) hält den SPD-Vorstoß vor allem für verfrüht. „Das sind nur Prognosen, auf dieser Grundlage Steuersenkungen zu beschließen, ist mit uns nicht zu machen“, sagte er und empfahl den Sozialdemokraten den Antrag zurückzuziehen.

Er sei generell für Steuersenkungen zu haben, sagte Thorsten Press, die Zeiten werden seiner Einschätzung nach aber schwierig bleiben. Er empfahl, im Oktober im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen noch einmal auf die Prognosen zu schauen.

Auch Peter Kluin (GALF) sieht eher den Herbst als geeigneten Zeitpunkt, über die Hebesätze nachzudenken. „Politik muss verlässlich sein, wenn wir das machen, muss es Hand und Fuß haben.“

Das ergab bei der Abstimmung eine klare Ablehnung der von der SPD vorgeschlagenen Hebesatz-Anpassung. Über den Umfang einer Senkung, wenn die anderen Fraktionen im weiteren Verlauf des Jahres doch noch auf den Geschmack kommen, wurde bei dieser Gelegenheit noch nicht diskutiert, bietet allerdings den Fraktionen viel Spielraum für verschiedene Modelle und Meinungen.

Für die aktuelle Debatte brachte es nicht allzu viel, aber die Stadtverordnetenversammlung hatte in der Sitzung auch den Jahresabschluss für das Jahr 2020 vorliegen. Das war bekanntlich das erste Coronajahr, von dem zunächst niemand ahnte, wie durchdringend es von der Pandemie geprägt sein würde. Viele Finanzwerte in der Bilanzsumme von rund 129,4 Millionen Euro wurden von den Umständen allerdings nicht direkt berührt, denn sie stehen fest und unverrückbar in der Stadt herum.

Laut Aufstellungen sank das Anlagevermögen der Stadt im Vergleich zum Jahresende 2019 vor allem wegen eines um fast 1,1 Millionen Euro gesunkenen Werts der Sachanlagen (84,18 Millionen Euro) auf 111,82 Millionen Euro – vor allem durch die unvermeidlichen Abschreibungen von fast 2,8 Millionen Euro. Die flüssigen Mittel stiegen dagegen um 1,8 Millionen Euro auf 9,9 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten sanken um rund 2,8 Millionen Euro auf 46,3 Millionen Euro.

Das Haushaltsjahr 2020 brachte knapp 818.000 Euro Mehreinnahmen als noch im Haushaltsfortschreibung für das Jahr angekündigt, insgesamt 51,03 Millionen Euro. Das machte satte 4,22 Millionen Euro Überschuss im Verwaltungshaushalt. Vor allem durch den negativen Saldo im Finanzhaushalt (-558.877 Euro) schmolz das Plus im Jahresergebnis auf immer noch deutlich über den Erwartungen (1,122 Millionen Euro) liegenden 3,323 Millionen Euro.

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