Der Wille zu mehr Nähe ist vorhanden

Jahresempfang in Ginsheim-Gustavsburg widmete sich Aufblühen der Beziehung nach Bouguenais

GUSTAVSBURG (gus) – Was einst der Neujahrsempfang war, findet in Ginsheim-Gustavsburg seit 2011 etwas später im Jahr statt und behält dennoch seine Funktion. Beim „Jahresempfang“ der Gemeinde, den die Verwaltung am vergangenen Sonntag zusammen mit Sport- und Kulturgemeinde Ginsheim (SKG), Sport- und Kulturbund Gustavsburg (SKB) sowie dem Gewerbeverein im Gustavsburger Bürgerhaus ausrichtete, standen neben der Auszeichnung von Georg Stippler mit dem Bürgerpreis 2011 (siehe Bericht) die Anstrengungen der Gemeinde zur Verstärkung der Kontakte zur französischen Partnergemeinde Bouguenais im Mittelpunkt.

 

Ein bisschen als Auftaktveranstaltung zu dem, was im März dann als „Französische Wochen“ seinen Ausdruck finden soll, die ja in Zusammenarbeit mit dem Verein für Städtepartnerschaft konzipiert wurden. Und als Einstieg darin zu belegen, dass es die feste Absicht der Gemeinde ist, sich in diesem Jahr intensiver mit den französischen Freunden zu beschäftigen. „En avant!“, zu deutsch „vorwärts!“, war der Jahresempfang deshalb überschrieben.
Eine Delegation der Franzosen mit Bürgermeisterin Michèle Gressus an der Spitze hatte die weite Strecke vom Westen der Nachbarrepublik nach Südhessen auf sich genommen, um an diesem Sonntagnachmittag dabei zu sein, wenn über die gemeinsame Zukunft gesprochen wird.
Weil auch die Vereine und das Gewerbe in die Bemühungen um einen intensiveren Kontakt nach Bouguenais einbezogen werden sollen, machte es durchaus Sinn, diesmal alle drei Vereinigungen mit ins Boot zu holen. In einer Talkrunde, die Jan Felber vom Rüsselsheimer Echo moderierte, sollten sich Bürgermeister Richard von Neumann, Daniel Martin (SKB), Klaus Metzger (SKG) und Willi Büttner (Gewerbeverein) nicht zuletzt über die Möglichkeiten ihrer Mitglieder äußern, die Kontakte nach Frankreich zu intensivieren. Die Einschätzungen der Vertreter klangen allerdings sehr zurückhaltend, was die Chancen für einen regelmäßigeren Besuch angeht.
Der Tenor: Die über 900 Kilometer Entfernung nach Bouguenais, das an das südwestliche Stadtgebiet von Nantes angrenzt, sind einfach ein bisschen zu viel um mal eben für ein Wochenende Kontakte zu pflegen. Mit den Französischkenntnissen hapert es in der Regel auch in den Vorständen der Verbünde. Auch für die korrekte Schreibweise des Vornamens der Bürgermeisterin im Programmablauf des Nachmittags hatte es nicht gereicht.
„Wir haben noch nie über Bouguenais gesprochen“, bekannte Büttner, dass auf Seiten des Ginsheim-Gustavsburger Gewerbes Überlegungen eines Kontaktes in die Partnergemeinde bisher kein Thema spielen – kann ja noch werden. Büttner wäre derzeit allerdings schon froh, wenn es beim nächsten Anlauf für eine Gewerbeschau mehr Resonanz seitens der Unternehmen gäbe, „acht wollten beim letzten Mal mitmachen, 25 brauchen wir mindestens“, erläuterte er. 2013 soll es einen neuen Versuch geben.
Daniel Martin ist in Gustavsburg inzwischen mit der Organisation mehrerer Großveranstaltungen befasst, für den SKB vornehmlich beim Burgfest. Das gewinnt vor allem durch regional namhafte Bands deutlich an Zuspruch auf der Ochsenwiese, und so soll es auch in diesem Jahr weitergehen, kündigte Martin an. Was die möglichen Kontakte der Gustavsburger Vereine nach Bouguenais angeht, „da wird gerade ausgewertet, welche Vereine sich thematisch decken“, berichtet Martin.
Die Ginsheimer Vereine waren laut SKG-Chef Klaus Metzger in den Anfangszeiten der Partnerschaft deutlich aktiver im Kontakte pflegen als derzeit. „Das ist ein wenig eingeschlafen.“ Das schreibt Metzger nicht zuletzt eben den 923 Straßenkilometern nach Bouguenais zu. Vielleicht hilft das neue Mitglied in SKG und SKB weiter, um ein intensiveres Schauen auf die Partnerstadt schmackhaft zu machen: Der Verein für Städtepartnerschaft ist in beide Bünde eingetreten.
Michèle Gressus beweis in ihre Ansprache, dass sie trotz der größeren Nähe ihrer Heimat zum Atlantik als zum Rhein die deutsche Sprache sehr gut erlernt hat. Sie erinnerte an die Anfänge der 23-jährigen Beziehung an die Mainspitze, die 1989 neben Bouguenais und Ginsheim-Gustavsburg noch die senegalesische Partnergemeinde von Bouguenais, Ballou, einbezog. Diese „Dreier-Jumelage“ mit Ballou ist seit 2010 passé, eine Konzentration der Ginsheim-Gustavsburger auf den französischen Partner soll jetzt Früchte tragen.
Gressus sieht den neuen Partnerschaftsvertrag vom Juni 2010 durchaus als geeignet an, hier Bewegung hineinzubringen. Kultureller Austausch, ein Erfahrungsaustausch der städtischen Einrichtungen sowie ein Zeltlager für deutsche und französische Jugendliche in diesem Sommer zählte sie zu den lobenswerten Aktivitäten.
Gressus setzte die deutsch-französischen Beziehungen über eine Städtepartnerschaft aber auch ins Verhältnis zur internationalen Politik und die derzeitige Krise der EU. „Wir müssen aufpassen, dass nicht das Europa der Völker, das wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, mit einem Schlag weggefegt wird“, warnte sie davor, die Europäische Union für alles Übel verantwortlich zu machen.
Gerade in dieser Situation könnten die Städtepartnerschaften „eine unglaubliche Kraft“ zeigen.
Die Bühne des Bürgerhauses war mit den Fahnen der beiden Nationen und der beiden Gemeinden geschmückt, und was sich zwischen den Programmpunkten dort tat, war eine Hommage an die französischen Gäste. Tenor Patrick Hörner, am Klavier begleitet durch Sebastian Laverny, begrüßte und verabschiedete die Gäste des Empfangs mit Liedgut über Paris und bot in den Zwischeneinlagen Chansons wie das allererste Stück dieses speziellen französischen Kulturguts, „Les Temps des Cerises“ von 1866 und das durch Gilbert Bécaud bekannt gewordene „Et maintenant“. Dazu gab es seine Hommage an Nantes, „Les Cloches de Nantes“. Die Veranstaltung ging in einem Stehempfang über, bei dem die Gespräche natürlich vertieft werden durften.
Noch keine Bewertungen vorhanden


X