„Ja, das bitzelt richtig auf der Zunge“

Fachkundiger Kräuterspaziergang mit Expertin Regine Ebert

FLÖRSHEIM (ak) – Mehr als 20 Frauen hatten sich am Mittwoch, dem 30. Mai, am Regionalpark-Portal in Weilbach getroffen, um sich unter fachkundiger Führung auf einen „Kräuterspaziergang“ zu machen.

 

Eingeladen dazu hatte die Frauen-Union (FU) des Main-Taunus-Kreises. FU- Vorsitzende Ursula Stender war selbstverständlich auch dabei. „Wir haben im Vorstand nach Themen geschaut, die Frauen besonders interessieren könnten – es muss ja nicht immer politisch sein“, erklärte sie lachend. „Und wir treffen uns hier, weil wir natürlich auch gerne dazu beitragen möchten, dass das Naturschutzhaus und das Regionalparkportal im Kreis bekannt gemacht werden.“ Geführt wurde der „Kräuterspaziergang“ von Regine Ebert aus Frankfurt, die schon lange Jahre Führungen zu einheimischen Heil- und Küchenkräutern anbietet. „Das hier ist ein sehr schönes, besonderes Gebiet. Es ist hier anders als auf einer fetten Wiese, eher trocken, wegen des besonderen Bodens der ehemaligen Kiesgrubenlandschaft“, freute sich Regine Ebert zu Beginn der kleinen Wanderung. 
Schon bald nachdem sich die Frauengruppe –Regina Ebert, immer mit dem Blick auf den Boden,- in guter Stimmung, plaudernd und schwatzend in Bewegung gesetzt hatte, gab es den ersten Stopp. „Den kennen Sie sicher alle: Das mit den schmalen, langen Blättern ist der Spitzwegerich. Von dem kann man nicht nur die Blätter einfach so essen, die Knospen kann man auch gut an den Salat machen. Die haben so einen pilzartigen Geschmack. Frischer Spitzwegerich ist gut für das Immunsystem, er gibt dem Körper so einen Impuls in die richtige Richtung“, erklärte Regina Ebert. Während einige der Frauen sich ein Blatt abpflückten und probierten, konnten alle noch erfahren, dass Spitzwegerich auch als „Wiesenpflaster“ bezeichnet wird. „Er enthält einen antibiotischen Stoff, wenn man ein Blatt abpflückt und den Saft ein bisschen herausdrückt, hilft es etwa bei einem Stich oder einer kleinen Schürfwunde.“ Einige Schritte weiter im Schatten unter den Büschen wird Regine Ebert schon wieder fündig, sie hält ein rundliches Blättchen mit gebogenen Rändern nach oben. „Das hier ist Knoblauch-Rauke, eine ganz feine Würzpflanze für den Salat“, weiß sie zu erzählen. Das Blättchen wurde herumgereicht und leicht gerieben, jede Teilnehmerin konnte den feinen Knoblauchgeruch wahrnehmen.
Nächste Station wurde bei einem Kraut gemacht, welches heute nicht mehr zu dem Zweck genutzt wird, den es früher eigentlich hatte und der ihm seinen Namen gab: „Das hier ist Labkraut – es enthält ein Enzym, welches Milch gerinnen lässt. Früher wurde es zur Käseherstellung gebraucht, aber leider ist das Wissen verlorengegangen, wie genau man etwa einen Hartkäse macht. Man kann heute damit nur noch Weichkäse aus Ziegen- oder Schafskäse machen, aber auch das ist schwierig, ich hab‘ das mal ausprobiert.“ Nicht nur zum Käse herstellen taugt das Labkraut, es passt als Würzkraut auch sehr gut zu Tomaten oder in die Tomatensuppe. Der Saft von Kletten-Labkraut regt den Lymphabfluss an, die kleinen, sternförmigen Blüten sind eine hübsche Dekoration etwa für Limonade. Trotz des Rauschens der Autobahn im Hintergrund hörte man überall lautes Vogelgezwitscher, Libellen und Schmetterlinge waren zu beobachten, das mit orange-gelbem Steinwurz bewachsene Dach einer kleinen Schutzhütte setzte einen farblichen Akzent im grünen Idyll. „Es ist eigentlich sehr schön hier, das hätte ich gar nicht so gedacht“, wunderte sich eine der Spaziergangs-Teilnehmerinnen. 
Die Gruppe von Regine Ebert erfuhr währenddessen, dass Dachwurz so etwas wie „einheimische Aloe Vera“ ist und im Mittelalter eine Zeit lang per Erlass auf jedes Dach gepflanzt werden musste, weil man daran glaubte, dass die Pflanze ein Haus vor dem Blitzeinschlag schütze. Weiterhin lehrte Regine Ebert, dass man früher etwa aus fermentierten Brombeerblättern einen Ersatz für schwarzen Tee machte, dass Brennnessel einen dem Cortison ähnelnden Stoff enthält, der bei schmerzhaften und entzündlichen Krankheiten, wie etwa Rheuma, helfen kann. Brennnessel-Samen enthalten gar ein pflanzliches Östrogen, welches bei Prostata-Leiden wirken könnte. In ihrem Rucksack hatte sie sogar noch einiges an Anschauungsmaterial dabei, zum Beispiel ein Gläschen mit erwähntem Brennnessel-Samen oder auch ein Fläschchen mit rotem Johanniskraut-Öl. Um einen großen Johanniskraut-„Busch“ versammelt, konnten die Frauen selbst ausprobieren, dass aus den gelben Blüten dieses rote „Öl“ herausgepresst werden kann. „Johanniskraut hat eine sehr starke Wirkung, jeder reagiert anders darauf. Es kann auch die Wirkung von anderen Medikamenten beeinträchtigen, man sollte vorsichtig damit sein“, riet sie ihren Zuhörerinnen.
Überhaupt war man sich trotz der vielen Heilkräuter, die es auf unseren Wiesen so gibt, sehr einig: Man sollte im Zweifelsfall lieber zum Arzt gehen, statt sich per „Selbstdiagnose“ mit Kräutern zu behandeln. Da ist die Wirkung von Türkenkresse oder Feldkresse ungefährlicher: „Das ist ein scharfes Kraut- gerade die Blüten sind sehr scharf, daraus kann man eventuell einen pikanten Brotaufstrich machen, wenn man das so mag“, erklärt Regine Ebert. „Ja, die bitzelt richtig auf der Zunge!“, „Nein, die mag ich nicht, die ist mir wirklich zu scharf“, so die Kommentare der Frauen, die sie probierten. Dass man den wunderschönen, dunkelblau blühenden und intensiv riechenden Wiesensalbei nicht nur genauso nutzen kann, wie den Garten-Salbei etwa an Tomatensoße oder im Gnocchi-Teig, sondern seine Blüten auch sehr dekorativ in einem Salat aussehen, fand wieder bei allen Frauen große Zustimmung. Am Ende des Kräuterspazierganges waren sich alle Teilnehmerinnen einig: Regine Ebert hatte alle auf gute Ideen gebracht, ihre Flyer für weitere, auch speziellere Kräuter-Führungen fanden großes Interesse. Cordula Stender freute sich , dass der Kräuterspaziergang so gut ankam und versprach eine Wiederholung im Herbst – und ganz sicher werden einige der Teilnehmerinnen dann wieder dabei sein, um noch mehr über unsere einheimischen Kräuter und Heilpflanzen von Regine Ebert zu erfahren. 

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