Einhorn auf der Wiese und an der Wand

Ferienworkshops der Mobilen Beratung mit Graffiti-Künstler Fuego in Stresemann-Anlage und Schütz-Park

gus

Es wird bunter in der Stadt. Jedenfalls bunter an zwei öffentlichen Plätzen in Flörsheim. Dank einer Neuauflage der Zusammenarbeit zwischen der Stadt und ihrer Projektanbieterin Mobile Beratung Flörsheim (mobflo) mit dem Frankfurter Graffitikünstler Jorge Labraña, in der Szene besser bekannt als „Fuego Fatal“.

„Streetart im Park“ ist eine Herbstferienaktion der mobflo, die in der ersten Woche in der Gustav-Stresemann-Anlage, in dieser Woche nun im Christian-Georg-Schütz-Park als je dreitägiger Workshop für Jugendliche ab zwölf Jahren angeboten wurde. Eine Wiederaufnahme des großen, im August abgeschlossenen Projekts „Under The Bridge“ an der Opel-Brücke.

In den Parks standen freilich keine riesigen, massigen Brückenpfeiler zur großflächige Verschönerung zur Verfügung, wohl aber die Funktionsgebäude der Parkanlagen mit ihren Außenwänden – die Arbeitsfläche für die Jugendlichen, die ihre Spraydosen weitgehend nach eigenen Ideen und Vorstellungen einsetzen durften, natürlich unter Beratung und Besprechung mit Fuego.

Bewusst wählte mobflo für den ersten Workshop ein reines Mädchen-Angebot, aber auch im Schütz-Park waren die drei Jungs klar in der Unterzahl bei den zehn, in diesem Fall 10- bis 16-Jährigen. Ein deutlicher Unterschied zu vielen anderen Sprühdosen-Projekten, aber nicht überraschend für Fuego, denn auf den freien Szeneplätzen würden die Mädchen von den Jungs gerne mal untergebuttert. Das war bei den mobflo-Workshops natürlich kein Thema.

An Ideen mangelt es den jungen Sprayern auch ohne große Vorerfahrung nicht – dafür sorgen die Smartphones, mit denen sich im Internet allerlei Anregungen und Vorlagen finden lassen, „die googeln sowieso alle den ganzen Tag“, ist dem Workshop-Leiter nicht entgangen. Für die Umsetzung stand jeweils ein Wandabschnitt in voller Höhe zur Verfügung – und die Vielfalt der Ideen, Stile und Themen ist erstaunlich.

Sehr nett aus lokaler Sicht: Das Einhornmotiv, dass neben dem Hügel im Park zu sehen ist, findet sich auch auf einer Wandfläche des Gebäudes am "Schneckenpark". Dass dort auf dem Hügel auch die Schnecken steil nach oben zeigend spitze Hörner tragen, sieht man an der gegenüberliegenden Frontseite ebenso eins zu eins abgebildet. Andere Motive spielen in einer ganz anderen Welt, so wie die Figur Maomao aus dem Manga "Die Tagebücher der Apothekerin", die eine 14-Jährige auf die Wand brachte.

Aber wer hätte gedacht, dass eine Jugendliche heute noch die Disney-Figuren Susi und Strolch kennt, liebt und gar auf eine Gebäudewand überträgt? Das hat eine 13-Jährige originalgetreu auf die Wand gebracht. „Wir finden hier Talente“, stellt der Profi fest. Einer der Jungen ließ eine gelb-orange strahlende Sonnenuntergangsszene mit Stadt-Silhouette entstehen. Dass an einem Wandabschnitt kürzlich ein etwas entglittener Eintracht-Fan großflächig einen „ACAB SGE“-Schriftzug hinterließ, kann so natürlich nicht stehen bleiben.

Für Fuego ist auch so eine klassische Schmiererei aber immer noch eine Äußerung, die man nicht einfach kommentarlos überpinseln sollte. Also entsteht an der Stelle ein Adlerkopf und letztlich ein SGE-Motiv, aber eben in künstlerisch wertvoll und ohne Polizistenbeleidigung. Das Bekundungsbedürfnis des illegalen Sprayers wird so respektiert. „Wir sind hier in einem öffentlichen Raum, wir machen das nicht für uns“, sagte er. „In solchen Tags finden sich die Lebenssituationen der Jugendlichen wieder.“

Wie im richtigen Leben, kann auch beim Entstehen von Kunst nicht alles klappen. Bei einem Werk funktionierte es einfach nicht, das Gewollte so umzusetzen, dass es den Vorstellungen entsprach, und der Löwenkopf über dem Schriftzug wollte schon gar nicht gelingen. „Die wollten zu viel und das ist schief gegangen – aber Scheitern gehört dazu und ist okay.“ Und lässt sich sicher durch Nacharbeiten retten.

Weil Fuego am Mittwoch terminlich bedingt eine Pause einlegen musste, endet der zweite Workshop erst am Donnerstagnachmittag. Er ist sich sicher, dass solche Workshops, ob künstlerisch wertvoll oder nur gewollt, für die Jugendlichen eine prägende Erfahrung sein können. „So ein Projekt produziert Selbstbewusstsein“, ist er überzeugt. „Es ist aber auch wichtig, dass die Stadt uns das Vertrauen schenkt und uns sagt: Egal, was ihr macht – macht weiter.“ So ist er mit der zurückhaltenden Art des Flörsheimer Kulturamts sehr zufrieden.

Eine Bestandsgarantie für die Kunstwerke an den Gebäuden der beiden Parks gibt es andererseits allerdings nicht. Das wird zu einem Gutteil vom pfleglichen Umgang abhängen, den die Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Graffiti-Flächen im öffentlichen Raum zeigen.

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X