Großer Zuspruch beim nachgeholten Jubiläum

Nach zwei Jahren Pause durften die Oldtimerfreunde Kelstebach/Flörsheim wieder zur Schau auf die Mainwiese laden

Auf der Wiese gab es über die beiden Tage verteilt ein Ankommen und Abfahren, die Veranstalter gehen von 700 Fahrzeugen alleine am Sonntag aus.

Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben werden musste vor zwei Jahren das Jubiläum der Oldtimerwochenenden der Oldtimerfreunde Kelsterbach/Flörsheim auf der Festwiese am Flörsheimer Mainufer. Mit zweijähriger Verspätung – auch 2021 ließ Corona das jährliche Treffen nicht zu – konnte die Interessengemeinschaft nun endlich zu ihrer zehnten Schau einladen. Die Besitzer der altehrwürdigen Karossen aus der Region und zum Teil weit darüber hinaus - die weitesten Anfahrten hatten Teilnehmer aus Luxemburg und Italien - ließen sich die zuletzt selten gewordene Gelegenheit nicht entgehen. Sie bestückten die Schau an beiden Tagen mit einem breiten Spektrum an Fahrzeugen nahezu aller Art.

„Es war gigantisch“, zieht Vorsitzender Norbert Kleiner eine äußerst zufriedene Bilanz. Etwas rätselhaft ist es, wie die Oldtimerfreunde es schafften, die Grenzen des Platzangebots unterhalb des Weinprobierstandes, der am Wochenende ebenfalls geöffnet hatte, im Griff zu haben, ohne jede Steuerung. Denn die Kelsterbacher und Flörsheimer Oldiefreunde verstehen sich als reiner Zusammenschluss von Gleichgesinnten ohne geregeltes Vereinsleben und mit entsprechend begrenzter Manpower – rund 30 Aktive sind aktuell dabei – und halten die Formalitäten bei den Treffen daher gering.

Beworben wurde dieses in einem Oldtimer-Fachblatt und natürlich über die eigene Internetpräsenz, aber es gab keinerlei Voraussetzungen: Wer kam, der war da, auch auf dem Areal waren Platzwahl und Präsentation ganz den Fahrzeugbesitzern überlassen. Es ist eben einfach ein Erfahrungswert, der die Veranstalter fest davon ausgehen ließ, dass nicht Tausende, sondern letztlich „nur“ einige Hundert Fahrzeuge das Mainufer ansteuerten. „Wir hätten noch Platz gehabt, wenn es mehr geworden wäre“, versichert der Vorsitzende. Er geht von rund 700 Fahrzeugen aus, die auf der Wiese zu sehen waren.

Die Exklusivität der Flörsheimer Veranstaltung erschließt sich, wenn man weiß, dass der Versuch, solch ein Oldtimertreffen im dritten Coronajahr auf die Beine zu stellen, in Rüsselsheim und Hattersheim an der Verweigerung der Stadtverwaltungen gescheitert war. Mit dem Flörsheimer Rathaus habe man sich aber auf eine Regelung verständigen können, berichtet Kleiner – und da ging es nicht um Corona, sondern darum, dass die Wiese zu dem Zeitpunkt eigentlich bereits als Lagerfläche für den anstehenden Umbau des Stadtgartens eingeplant war. Nach dem aktuellem Regelwerk waren für diese Veranstaltung im Freien sowieso keine pandemiebedingten Beschränkungen oder Auflagen mehr nötig – was man zum Zeitpunkt der ersten Planungen aber nicht unbedingt wissen konnte.

Die Kelsterbacher und Flörsheimer Oldtimerfreunde hatten wegen der unklaren Lage an der Mainwiese nicht so viel Zeit wie üblich, um das Treffen zu organisieren, das kostete einen geplanten Programmpunkt. „Wir wollten eigentlich auch Livemusik anbieten, aber die Bands waren alle schon ausgebucht für das Wochenende“, berichtet Kleiner. Auch die Traktorfreunde, sonst mit einem Essensstand vertreten, fehlten wegen anderer Verpflichtungen. Verhungert oder verdurstet ist auf der Wiese aber niemand, ein Verpflegungszelt des Weilbacher Bauern Flach bot Bratwurst und Co an.

Die Anzahl der Besucher hat niemand erhoben oder auch nur zu schätzen versucht, aber auch da zeigt sich Kleiner sehr zufrieden. Auf dem Gelände herrschte durchgehend reger Betrieb, die Verweildauer konnte bei Oldtimerfans schnell in die Stunden gehen. Viele Besitzer standen für Fragen zu ihrem Fahrzeug bereit, das Fachgespräch ist schließlich ein wichtiger Teil des Hobbys.

Laien durften sich wundern, welche Fahrzeuge heute schon als Oldies gelten, ob mit oder ohne H-Kennzeichen. Nicht wenige der ausgestellten PKW würde man auf der Straße keineswegs als alt im Sinne eines überholtem Designs oder verblassten Lacks ansehen, faktisch haben sie aber ihre 30 Jahre auf dem Buckel – oder auch ein paar weniger, denn „auch für Youngtimer sind wird offen“, betont Kleiner.

Das gilt dann ab 20 Jahre, heute eigentlich kein Alter für ein qualitativ gutes Fahrzeug mehr. So finden eben auch ein E-Kadett-Cabrio und ein Mercedes-Roadster auf solch eine Veranstaltung, die man auch im Straßenverkehr hin und wieder noch sieht – wie im Prinzip eine ganze Reihe der präsentierten Fahrzeuge, die schließlich allesamt zugelassen sein mussten, um nach Flörsheim zu kommen.

Die Faszination für das Alte macht sich bei Laien hauptsächlich am Äußeren fest. Jeder hat ein Bild der ersten Karosserien im Kopf, die die Straßen vor gut 100 Jahren langsam zu erobern begannen. Dem entsprach das älteste Fahrzeug auf dem Platz. Der Kelsterbacher Herbert Reuter präsentierte seinen Ford T, Baujahr 1919. Vom ersten am Fließband produzierte Massenfahrzeug (1909 – 1927) sind heute weltweit noch Exemplare in einer sechsstelligen Anzahl zu finden. Ein fahrbereiter Ford T ist daher schon für rund 20.000 Euro auf dem Markt zu haben, erläuterte Reuter dem Pulk Neugieriger an seinem schwarzlackierten US-Import. Am Sonntag kehrte der pensionierte Werkstattbesitzer dann mit einer Pickup-Version der Fahrzeugseihe auf die Wiese zurück.

Der Lancia-Rennwagen, der laut Aufkleber an der 13. Rallye Sanremo teilgenommen hat (1971) wirkt als Nachbar des Ford wie aus einer anderen Welt. Dabei war der Flitzer gerade einmal gut 40 Jahre nach der Produktionsende des Ford T im Einsatz, ist selbst inzwischen aber mehr als ein halbes Jahrhundert alt.

Die Schau bot über das Gelände verteilt eine lokalpatriotische Note: eine kleine (nicht gezielt zusammengeholte) Opel-Werkschau, beginnend mit einem Admiral aus den 1930er-Jahren inklusive ADAC-Plakette über den späten Nachfolger aus den 60er-Jahren bis hin zu nahezu allen Entwicklungsstufen des Kadetts. Auch das einstige Flaggschiff der Rüsselsheimer, ein Opel Senator, hat heute bis zu 44 Jahren auf dem Buckel. Interessant da die kleinen, hierzulande zu ihrer Zeit bekannten, heute aber nahezu vergessenen Fahrzeuge wie ein Peugeot Dauphin (1959).

Dass die Oldtimerfreunde sich ursprünglich aus den beiden vom Main getrennten Kommunen Kelsterbach und Flörsheim zusammenfanden, hat mit Initiator Kleiner zu tun. Er stammt aus Kelsterbach und betrieb dort eine Werkstatt. Mit dem Bau der Nordwestlandebahn musste er sich eine andere Bleibe suchen und fand zunächst in der Flörsheimer Untermainstraße eine Halle, mit dem Verkauf dieses Anwesens musst er aber erneut weiterziehen und belegt nun auf dem Weilbacher Auto-Verwertungshof Ziegler eine Halle, in der 16 Fahrzeuge hineinpassen. Hier finden auch die 30 Aktiven regelmäßig zum Fachsimpeln zusammen. „Da kann jeder vorbeischauen, auch ohne Oldtimer“, erklärt Kleiner die Interessengemeinschaft für eine generell offene Gruppe. Die Gleichgesinnten hoffen, ab nun wieder im Jahresrhythmus auf der Flörsheimer Wiese zusammenkommen zu dürfen. 2023 wären die Fahrzeuge dann, wenn alle wieder zusammenkommen, 700 Jahre älter als diesmal. Und alle werden immer noch sehr vorzeigbar sein.

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