Am vergangenen Samstagabend war der Saal in der Kulturscheune gefüllt mit gespannt lauschenden Zuhörern. Vor rund 20 interessierten Teilnehmern bot der pensionierte Richter und 2. Vorsitzende des Flörsheimer Heimatvereins, Werner Schiele, einen Einblick in seine langjährigen Forschungen über die Geschichte der jüdischen Gemeinde und die Münzpolitik in Frankfurt im 18. Jahrhundert. Der 1. Vorsitzende Bernd Blisch begrüßte die Anwesenden und lobte dabei Schieles engagierte Forschung, die ein wertvolles Licht auf die oft vergessene Geschichte der Flörsheimer Juden werfe.
Schiele, bekannt als Autor der Bücher "Juden in Flörsheim" und "Zugfahrten in den Tod", widmet sich seit Jahrzehnten intensiv der jüdischen Geschichte in der Region und beleuchtet die Verbindungen zwischen Flörsheim und dem damaligen Handelszentrum Frankfurt. Im Mittelpunkt seines Vortrags stand Mayer Amschel Flörsheim, ein jüdischer Händler, der um 1758 entschlossen gegen die lasche Geldpolitik des Frankfurter Magistrats Stellung bezog. Der damalige Umgang der Stadt mit Münzvergehen war aus seiner Sicht unzureichend, sodass Flörsheim eine kaiserliche Kommission zur Regulierung des spekulativen Handels forderte - eine Maßnahme, die schließlich zu einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen Frankfurt und Wien führte.
Mayer Amschel Flörsheim selbst, ein Nachfahre der angesehenen Familie Flörsheim aus der Judengasse, galt als schillernde Persönlichkeit. Sein Engagement gegen die Umlaufsetzung minderwertiger Münzen brachte ihn sowohl in der jüdischen Gemeinde, als auch beim Frankfurter Rat in Misskredit. Die Münzen, die häufig durch Beschneidung im Wert gemindert wurden, hatten einen geringeren Materialwert als ihren Nennwert. Insbesondere die jüdischen Geldwechsler beteiligten sich am Handel mit diesen Münzen, was vom Rat der Stadt stillschweigend geduldet wurde. Flörsheim, der darin eine Gefahr für die Stabilität der Währung sah, denunzierte sowohl die Wechsler, als auch den Rat beim Kaiser, was zu langwierigen Untersuchungen durch kaiserliche Beauftragte führte. Der Konflikt eskalierte: Der Kaiser setzte schließlich eine eigene Münzkommission ein, die vor allem das Münzwesen auf den Frankfurter Messen überwachen sollte.
Auf die Frage nach der Dauer seiner Forschung gab Schiele an, insgesamt sieben Jahre recherchiert zu haben. "Ich habe zahllose Stunden in Archiven verbracht und bin sogar zweimal nach Wien gereist." Das Stadtarchiv Mainz und das Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt waren dabei zentrale Anlaufstellen; im Frankfurter Institut forschte er sogar wöchentlich.
Die Digitalisierung der letzten Jahre habe seine Arbeit zwar erleichtert, doch die französischen Dokumente stellten ihn vor besondere Herausforderungen, da die alten Schriftarten akribische Entzifferungsarbeit erforderten. Ein Jahr lang befasste er sich intensiv mit diesen Texten in alter französischer Schrift. Schiele veranschaulichte auch die hohen Kosten seiner Nachforschungen - etwa 2.000 Euro für die Wien-Reisen und erhebliche Summen für spezielle Dokumente, wie ein Aktenauszug aus Paris, der allein rund 1.600 Euro kostete.
Der Vortrag bot den Zuhörern ein intensives und lebendiges Bild einer historisch brisanten Phase. Am Ende der Präsentation erntete Schiele großen Applaus für seine detaillierte und lebendige Darstellung.