Herz statt Hetze Traditioneller politischer Aschermittwoch des Kreisverbands von Bündnis 90/Die Grünen

Bianca Strauss, die Vorsitzende der Hofheimer Grünen, präsentierte den Text "Thema" von Hanns Dieter Hüsch.
Bianca Strauss, die Vorsitzende der Hofheimer Grünen, präsentierte den Text "Thema" von Hanns Dieter Hüsch.

Traditioneller politischer Aschermittwoch des Kreisverbands von Bündnis 90/Die Grünen

Rappelvoll war der Posthofkeller am diesjährigen Aschermittwoch, als der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen Main Taunus gemeinsam mit dem Hattersheimer Ortsverband bereits zum 23. Mal seit 1998 die fünfte Jahreszeit auf traditionelle Weise beendete. Als prominente Gäste waren unter anderem die Bundestagsabgeordneten Kordula Schulz-Asche und Omid Nouripour eingeladen sowie der Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann. Für die musikalische Untermalung sorgte über den ganzen Abend hinweg das beliebte Duo TwinSet, alias Ernst Turba und Rüdiger Zaczyk.

Der diesjährige Politische Aschermittwoch stand noch spürbar unter dem Eindruck der schrecklichen Ereignisse von Hanau. Dementsprechend standen auch politische Inhalte und Ziele der Grünen im Mittelpunkt, gerade in Hinblick auf rechte Hetze und Gewalt.

Karin Schnick, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Main-Taunus-Kreis, eröffnete den bunten Abend und freute sich über die vielen neuen Gesichter, die sie begrüßen konnte - der Ortsverband Hattersheim boomt, in den vergangenen 15 Monaten konnte man die Mitgliederzahl fast verdoppeln. "Besonders freuen wir uns, dass unsere neuen Mitglieder nicht nur auf dem Papier stehen, sondern tatsächlich bereit sind, für unsere Stadt und unseren Landkreis Verantwortung zu übernehmen", stellte Schnick zufrieden fest. Mit Nathalie Ferko und Stefan Ehrecke wurden auch bereits zwei der Neumitglieder in den Vorstand des Ortsverbands aufgenommen.

Den Hass besiegen

Bianca Strauss, Mitglied des Kreisvorstands des Kreisverbands Main-Taunus und Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Hofheim, brachte ein Plakat mit auf die Bühne: "Herz statt Hetze", mit dem Herz als Symbol. Genau eine Woche nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Hanau bewegte sie die Frage: "Was sollen wir tun?" Im Zuge der persönlichen Erörterung dieser Frage stieß sie auf einen Text des 2005 verstorbenen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch mit dem Titel "Thema". Hüsch setzt darin ganz und gar auf die Liebe und auf die Vertreibung des Hasses, und gibt dabei zu bedenken: "Doch es hat noch niemand den Hass besiegt ohne ihn selbst zu beenden."

Von der Grünen Jugend Main-Taunus betraten Olivia Mohr (Sprecherin) und Lily Sondermann (Frauenpolitische Sprecherin) die Bühne. Mohr hielt spontan eine höchst enthusiastische Rede und erklärte, was die Grünen für ihre Generation bedeutet: "Eine realistische Chance auf eine gute Zukunft." Ihre mitreißenden Ausführungen wurden mit großem Applaus bedacht.

Mit einem erfrischenden Maß an Selbstironie, aber auch einem überzeugenden Willen zum Aufräumen mit Vorurteilen widmeten sich die beiden Vorstandsmitglieder des Ortsverbands Hattersheim Stefan Ehrecke und Jörg Jurascheck dem Image der Grünen als "Verbotspartei". In mehreren Etappen über den Abend verteilt präsentierten sie ihre "Zehn Verbote" und räumten augenzwinkernd mit hartnäckigen Fehleinschätzungen auf, wie zum Beispiel in Bezug auf gendergerechte Sprache, Fleischkonsum oder Flugreisen. Mit wohlüberlegten Argumenten stellten sie unter Beweis, dass die Positionen der Grünen zu diesen Themen durchaus pragmatisch und konsensfähig sind.

Um die Pausenverpflegung kümmerte sich die Grüne Jugend mit einem veganen Büffet - der freiwillige Verzicht auf Rollmöpse war dabei parteiintern nicht ganz unumstritten, wie Ehrecke und Jurascheck zu berichten wussten. Nicht jeder war davon begeistert, nur "Trollmöpse" serviert zu bekommen. Einen kleinen "Safe Space" für Fischesser konnten sie sich jedoch auf der Bühne erkämpfen, dort hatten sie ein paar wenige echte Rollmöpse servierbereit.

Nach der Pause kam der Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann auf die Bühne des Posthofkellers und erstattete Bericht über aktuelle Entwicklungen und Beobachtungen zur Landespolitik. Auch er stand noch ganz im Eindruck der Ereignisse von Hanau und forderte jeden Einzelnen und jede Einzelne dazu auf, sich zu überlegen, was man womöglich selbst versäumt habe, was man hätte tun können, um solche Entwicklungen zu verhindern. Und bei genauerer Betrachtung könne man schon den Satz unterstreichen: "Auf braune Redner folgen braune Mörder."

Dem Koalitionspartner der Grünen in Wiesbaden, der CDU, attestierte Kaufmann eine gute Zusammenarbeit. "Angst und Bange" werde ihm jedoch beim Blick auf die CDU in anderen Ländern und auf Bundesebene. Zum einen sprach er die Entwicklungen in Thüringen rund um die Wahl des Ministerpräsidenten an, zum anderen die aktuellen Bewerber auf den Parteivorsitz, und dabei machte er keinen Hehl aus seinen persönlichen Präferenzen: "Ich bin nicht fromm, aber neige dazu, in der Kirche eine oder viele Kerzen aufzustellen, als Fürbitte dafür, dass im April der Merz nicht zurückkommt."

Es folgte der wahrscheinlich mitreißendste Auftritt von TwinSet an diesem Abend: Lautstark schmetterten sie den Everly-Brothers-Klassiker "Bye Bye Love" von der Bühne, in einer von Karin Schnick umgetexteten Variante, die natürlich das politische Weltbild ihrer Partei widerspiegelte. An allen Tischen wurden Textzettel verteilt, und mit erstaunlichem Enthusiasmus sang der ganze Keller laut mit: "Bye bye Hass, bye bye AfD, Eure Hetze tut echt weh, Ihr lernt nicht aus der Geschichte", so exemplarisch nur eine Strophe dieser besonderen Neufassung. Auch Krieg, Glyphosat und Kohlestrom bekamen hier ihr Fett weg.

Lehren aus Thüringen

Auch die Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche zog Lehren aus Thüringen: Erstens nutze die AfD die Parlamente, um die Demokratie lächerlich zu machen. Zweitens hätten CDU und FDP keinen klaren Grundsatz im Umgang mit Nazis - "und Höcke ist ein Nazi", stellte Schulz-Asche klar. Die Hufeisentheorie sei ihr zufolge in diesem Zusammenhang auch totaler Quatsch, "denn Bodo Ramelow ist kein Linksradikaler". Sie appellierte an die gesamte Union, die Regierungskrise in Thüringen zu beenden und eine klare Haltung gegen Rechtsextremismus zu entwickeln.

Zur steigenden Gewalt von Rechts stellte Schulz-Asche fest: "Die Bluttaten kommen nicht aus einem hellblauen Nichts, sondern aus der systematischen und organisierten Verbreitung von Hass und Hetze." Dies sei das Kerngeschäft der AfD. Die Partei habe einen riesigen Propagandaapparat aufgebaut, der tagtäglich über die sozialen Medien eben jenen Hass und jene Hetze verbreite. "Wer von Umvolkung spricht, der verstreut das Gift des Rassismus, und dem müssen wir entgegentreten, denn diese Leute haben eine Mitverantwortung für Hanau."

Zuversichtlich stimmten sie die jüngsten Wahlergebnisse ihrer eigenen Partei. Gerade in Hessen und Hamburg habe man gezeigt, dass man selbst nach einer Regierungsbeteiligung in Sachen Wählerstimmen immer noch kräftig zulegen kann. Kordula Schulz-Asche wertet dies als Zeichen dafür, dass die Erfolge, die man als Grüne in der Regierung erreicht, auch bei der Bevölkerung ankommen.

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