Mal wieder ein Picknick unter Hühnern

Kleintierzuchtverein H277 lud erstmals seit 2019 wieder zum Vatertagsausflug an den Steinmühlenweg

Unter den schattigen Bäumen auf dem Vereinsgelände ließ es sich auch gut aushalten, wenn gelegentlich die Sonne hinter den Wolken hervortrat.

Es gibt wieder ein lohnendes Ziel für Flörsheimer Väter und deren Anhang beim traditionellen „Vatertagausflug“ an Christi Himmelfahrt. Nach zwei Jahren Pause (aus bekannten Gründen) lud der Kleintierzuchtverein H277 wieder zum „Vatertagspicknick“ auf sein Gelände am Steinmühlenweg und stieß auf eine überwältigende Resonanz. Über die Stunden verteilt kamen Hunderte Gäste in die Wickerer Senke – und natürlich sind es nicht mehr wie einstmals vornehmlich Väter, die sich an ihrem Ehrentag bei einer Tour ins Grüne mit mehrfacher Einkehr möglichst heftig die Kante geben wollen. Familien, Freundesgruppen, Junge, Alte – alles, was die Gesellschaft zu bieten hat schaute zwischen dem späteren Vormittag und dem frühen Abend auf dem Areal vorbei.

Der Alkohol spielt beim Vatertagspicknick nur eine Nebenrolle, nach dem Mittagstisch folgen direkt Kaffee und Kuchen. Mit 30 Sitzgarnituren hatten sich die Kleintierzüchter in diesem Jahr eingedeckt, „mehr als sonst“, wie Vorsitzende Ursula Prinz berichtete. Denn nach der Zwangspause seit 2019 und mangels Konkurrenz von anderen Veranstaltern in der Stadt kam der große Andrang nicht überraschend. Allerdings musste ein entscheidender Faktor mitspielen – und das tat er: Die Wetterlage schien am Donnerstag beim Blick in den Flörsheimer Himmel zwar etwas unsicher, aber letztlich war es bei nicht zu hohen Temperaturen und kurzen Sonnenscheinepisoden ein perfekter Ausflugstag.

Natürlich war der H277 bestens auf den Ansturm eingestellt. Es ist der in normalen Zeiten alljährliche Großkampftag des Vereins, der mit seinen 40 Mitgliedern, die zu rund zwei Dritteln aber rein fördernd die Züchterinnen und Züchter unterstützen, einen großen personellen Aufwand zu stemmen hatte. 26 Schichten gab es für den Tag zu besetzen, dazu der Einkauf sowie der Auf- und Abbau des nur einmal im Jahr, eben beim Vatertagspicknick, benutzten kleinen Festzelts – für so einen kleinen Verein ein enormer Aufwand, der aber nicht nur aus Spaß an der Freud zum Jahresablauf der Züchter gehört. „Wir brauchen die Einnahmen, um die Parzellen halten zu können“, betonte Prinz. Denn der Verein ist auf dem Gelände am Steinmühlenweg lediglich Pächter. Als einzige weitere Einnahmequelle bietet sich die Vermietung des Vereinsheims an, auch dieses Business läuft nach der Pandemie jetzt erst wieder an.

Im hinteren Teil des Geländes befinden sich Sitzbänke. Dort breitete eine Besuchergruppe die Picknickdecke auf dem Rasen aus, eine Männergruppe fuhr der alten Vatertagstradition folgend mit dem Bollerwagen vor – alles gern gesehene Alternativen zum Sitzen auf den Garnituren. Die Stimmung war und blieb entspannt, von dem Auflauf ließen sich auch die Tiere in den sieben Parzellen nicht weiter in ihrem Treiben stören. Es sind allesamt eingehauste Volieren, „dem Habicht keine Chance“ ist das Ziel dahinter, erläutert Prinz. Denn den Greifvögeln einen Anteil zu gönnen am Zuchtbestand kommt natürlich gar nicht in Frage.

Prinz, die den Vereinsvorsitz einst von ihrem Vater erbte, ist in das Vereinsleben hineingewachsen, hat selbst aber erst seit sieben Jahren eine Parzelle auf dem Gelände. In der züchtet sie seither seltenes Federvieh, Sundheimer Zwerghühner, und hat zudem mit ihrem „Hühneratelier“ einen Künstlertreff malender Frauen etabliert. Alle sieben Parzellen sind derzeit verpachtet. Die ursprünglich angedachte Aufteilung, die Prinz noch aus der Entstehungszeit des Geländes vor rund 30 Jahren kennt – links des Gangs Kaninchen, rechts Vögel – hat sich nicht durchgesetzt. Alle aktuellen Pächter züchten Vögel, ein größerer Teil der aktiven Mitglieder ist mit seinen Tieren aber zu Hause am Arbeiten.

Jeder Züchter fällt einmal eine Entscheidung, welche Tierart oder Rasse sein besonderes Interesse findet, das ist dann eine Entscheidung für ein Züchterleben. Während auch dem Laien beim Betrachten der Hühnerschar durch das ungewöhnliche Aussehen klar wird, dass hier besondere Rassen gezüchtet werden, ist das bei Prinz’ Nachbarparzelle anders. Die Tauben, die dort herumflattern, könnten einem auch auf jedem größeren Marktplatz begegnen, scheint es. Hier ist das Ding der Sport. Der Besitzer nimmt mit seinen Tieren an Langstreckenflug-Wettbewerben teil, weshalb seine Tiere auch „Marathontauben“ genannt werden, nicht vergleichbar mit der klassischen Brieftaubenzucht. Auch japanische Ko-Shamo-Kampfhühner, Zwerg-New-Hampshire-Hühner und der Pfau sind in Wicker zu Hause – ziemlich viel Vogelvielfalt auf dem kleinen Gelände.

Aber was machen die Schafe eigentlich da auf der Wiese am Grundstücksende zum Steinmühlenweg hin? Die gehören unzweifelhaft nicht zum Zuchtprogramm eines Vereinsmitglieds, laufen eher so nebenher, übernehmen für den Verein aber eine wichtige Funktion. Denn auf jeder Rasenfläche, die etwas auf sich hält und die halten soll, muss gelegentlich das Gras gestutzt werden. Statt lärmender und stinkender Rasenmäher besorgen ab und zu „Mäh“ rufende und nur ein bisschen stinkende Tiere die Arbeit, so wie man es auch aus dem Hohen Norden von den Deichen kennt.

Das funktioniert gut und bietet noch etwas zum Betrachten. Wie überhaupt am Steinmühlenweg mit den Pferden des benachbarten Johanneshofs und den Volieren der Kleintierzüchter eine kleine Flörsheimer Tierschau geboten wird, die bei einem Ausflugstag eine lohnende Zwischenstation ist, auch wenn das Gelände meist nur von außen betrachtet werden kann.

Die alle zwei Monate in der Parzelle von Ursula Prinz zusammenkommenden Hobbymalerinnen werden sich übrigens ab dem 1. Juli mit einer Ausstellung im Hospiz Lebensbrücke in die Öffentlichkeit wagen. Die Wickerer Landfrauen werden aus dem Anlass dann Kuchen backen, das erklärt sich mit der weitgehenden personellen Übereinstimmung im Vorstand der beiden Vereine.

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