Die Vielfalt des Kunstsammelns

Kulturamtsleiter Christopher Naumann beleuchtet die facettenreiche Welt der Kunstsammler

In den Ausstellungsraum des Mainturms hatte Kunsthistoriker Christopher Naumann zu einem Vortrag eingeladen.

Im Kunstforum "Mainturm" präsentierte Dr. Christopher Naumann, der Kulturamtsleiter der Stadt und promovierte Kunsthistoriker, einen Einblick in die Welt des Kunstsammelns und die Motivationen der Sammler in der heutigen Zeit. Sein Vortrag mit dem Titel "Ist das Kunst oder kann das weg?" beleuchtete die Geschichten und Sammlungen bekannter Kunstsammler aus dem deutschsprachigen Raum und stellte grundlegende Fragen zur Natur der Kunst.

Naumann eröffnete seinen Vortrag mit einer Frage zum Nachdenken: "Was definiert Kunst und wer hat das Recht, darüber zu urteilen?" In einem provokanten wie unkonventionellen Ansatz präsentierte er Beispiele, die auf den ersten Blick vielleicht überraschend erscheinen mögen, wie eine Aldi-Tüte und das Logo der Deutschen Bank, um die Grundlagen der Kunst zu hinterfragen und den kritischen Blick auf ihre Natur zu lenken.

Für seine Doktorarbeit führte Dr. Naumann Interviews mit insgesamt 14 Kunstsammlern, um einen tieferen Einblick in ihre Motivationen zu gewinnen. In seinem Vortrag stand die Betonung der Diversität der Beweggründe hinter dem Kunstsammeln im Mittelpunkt. Dr. Naumann unterstrich, dass Kunstsammler keine homogene Gruppe sind. Sie umfassen nicht nur leidenschaftliche Enthusiasten, die ihre Liebe zur Ästhetik pflegen, oder reine Spekulanten, die Kunst als Kapitalanlage sehen. Stattdessen verdeutlichte er, dass die Welt der Kunstsammler genauso vielfältig und facettenreich ist wie die Kunst selbst.

Im Verlauf seiner Präsentation legte Dr. Naumann besonderen Wert auf die Erkundung der Biographien und Kunstsammlungen von drei namhaften Sammlern: Marli Hoppe-Ritter, Herbert Liaunig und Reinhold Würth. Hoppe-Ritter, Mitbegründerin von Ritter Sport, hat nicht nur eine bemerkenswerte Sammlung geometrisch-abstrakter Kunst aufgebaut, sondern auch das Museum Ritter gegründet, das im Jahr 2005 eröffnet wurde. Dieses Museum präsentiert nicht nur Ausstellungen aus ihrer Sammlung, sondern fördert auch Einzelausstellungen und Sonderausstellungen zu spezifischen Themen. Das Museum finanziert sich unabhängig von staatlicher Unterstützung und sieht sein Hauptziel darin, die Sammlung Marli Hoppe-Ritter der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Herbert Liaunig, ein leidenschaftlicher Kunstliebhaber, hat eine eindrucksvolle Kollektion von Kunstwerken und Objekten zusammengetragen und in Neuhaus im südlichen Kärnten das Liaunig-Museum gebaut. In seiner Sammlung finden sich vielfältige Kunstwerke, darunter afrikanische Kunst, Silberarbeiten, Waffen, Teppiche, Atlanten und Porträtminiaturen. Beeindruckend ist, dass Herbert Liaunig seine beruflichen Erfolge dazu nutzte, seine Sammelleidenschaft zu finanzieren und junge, weniger bekannte Künstler zu fördern. Naumann teilte eine Anekdote, in der er zu einem Besuch in Herbert Liaunigs Privathaus eingeladen wurde, das selbst eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken beherbergt.

Der Kaufmann Reinhold Würth sah Kunst als einen emotionalen Ausgleich. Er hat im Laufe der Zeit eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken aufgebaut, die einen Zeitraum von rund 500 Jahren Kunstgeschichte umfasst. Seine Sammlung reicht von Werken des späten Mittelalters bis zur zeitgenössischen Kunst und beinhaltet eine breite Palette von Kunstwerken und Objekten. Beeindruckend ist, dass Würth insgesamt dreizehn Museen gegründet hat, die verschiedene Aspekte seiner Sammlung der Öffentlichkeit präsentieren.

Zum Abschluss hob Dr. Naumann hervor, dass private Sammler bei der Zusammenstellung ihrer Sammlungen frei von Entstehungskontexten sind, im Gegensatz zu Museen, die oft bestimmten kuratorischen und institutionellen Richtlinien folgen müssen. Er betonte, dass private Sammler oft den Wunsch verspüren, der Öffentlichkeit etwas zurückzugeben und deshalb eigene Museen gründen, um Kunst für jedermann zugänglich zu machen. Dies unterstreicht ihr Engagement für die Förderung von Kunst und Kultur sowie ihre Bereitschaft, ihr Erbe mit der Welt zu teilen.

Im abschließenden Gespräch wurde betont, dass die Welt des Kunstsammelns vielfältig ist und dass jeder für sich selbst entscheiden muss, wo Kunst anfängt. Es wurde hervorgehoben, dass der Dialog miteinander, nicht gegen oder übereinander, eine entscheidende Rolle spielt. Die Betrachter sollten in den Dialog treten und verschiedene Perspektiven und Meinungen schätzen. Zweitens sei es wichtig festzustellen, ob einem gefällt, was man sieht oder nicht und sich von persönlichen Empfindungen leiten zu lassen.

Der Vortrag von Dr. Christopher Naumann bot einen Einblick in die Welt des Kunstsammelns und zeigte, wie private Sammler Kunst nicht nur als eine Form der Kapitalanlage, sondern auch als eine Quelle der Freude und Inspiration betrachten. Die Geschichten von Hoppe-Ritter, Liaunig und Würth verdeutlichen, wie Kunst Menschen auf unterschiedliche Weisen anspricht und wie sie bereit sind, ihre Leidenschaft mit der Welt zu teilen.

Weitere Artikelbilder:

Noch keine Bewertungen vorhanden


X