Die Wünsche werfen nichts um

Fraktionen berieten Details des Haushalts - Mehrheitlicher Beschluss

Nach der Eröffnung der neuen Unterführung auf Höhe des Abenteuerspielplatzes will die Bahn den jetzigen Bahnübergang in Keramag/Falkenberg komplett schließen, Die Stadt schätzt die Chancen, für Fußgänger und Radfahrern hier eine Unter- oder Überführung zu errichten, gering ein, Gelder für eine Machbarkeitsstudie einzustellen lehnte der Finanzausschuss ab. Die Stadt soll erneut das Gespräch mit der Bahn suchen.

Die Entscheidungen sind gefallen, der Lohn für die Fraktionen folgte prompt: Sie sparten sich im Vorfeld der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Dienstagabend eine weitere Zusammenkunft und konnten sich etwas entspannen. Der Haupt- und Finanzausschuss (HauFi) handelte in seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag die 25 Anträge der Fraktionen zum Haushaltsentwurf 2022 ab und durfte sich zurücklehnen.

Die Veränderungen am Zahlenwerk, das Bürgermeister und Kämmerer Bernd Blisch (CDU) erst am 4. November vorgelegt hatte, fielen gering aus, in Ausschuss wie Stadtverordnetenversammlung unterstützten die Freien Bürger die Koalition aus CDU und GALF in der Endabstimmung, SPD und FDP lehnten den aktualisierten Entwurf ab. Es bleibt bei einem geplanten Jahresminus von 1,3 Millionen Euro, das dank der Überschüsse der vorigen Haushalte allerdings abgefangen werden kann und die Handlungsfähigkeit der Verwaltung nicht einschränken wird.

Die Fraktionen hielten sich also an den Fahrplan, den Blisch sich zurechtgelegt hatte – die Verabschiedung eines Haushalts im Vorjahr, Voraussetzung dafür, dass eine Kommune mit einem genehmigten Etat ins neue Jahr gehen kann, ist eigentlich Pflicht, aber nicht immer Realität in den Rathäusern der Republik. Ein Umstand half im HauFi, trotz der nicht geringen Anzahl eingereichter Änderungsvorschläge, in einer Sitzung durchzukommen mit sämtlichen Anträgen: dass keiner der beschlossenen Vorschläge eine bedeutende finanzielle Umschichtung auslösen wollte und dass alleine 17 von der SPD kamen.

Die Oppositionsfraktion hatte in ihrer Klausur eine ganze Reihe Projekte und Vorhaben zusammengetragen, die sie im Haushalt gerne untergebracht hätten. Am Ende konnte Fraktionschefin Melanie Ernst die letzten drei Punkte ihrer Liste zurücknehmen, denn das waren die Vorschläge zur Gegenfinanzierung der vorausgegangenen Anträge, von denen aber gerade einer die Gnade der Mehrheit gefunden hatte. In die Verpflichtung hatten die Sozialdemokraten sich vor allem durch einen Antrag gebracht: die Sätze der Grund- und Gewerbesteuer wieder auf das Niveau des Jahres 2018 abzusenken.

Die jüngsten beiden Jahresergebnisse mit Überschüssen von zusammen sechs Millionen Euro hätten gezeigt, dass die Erhöhungen unnötig waren, argumentierte Ernst. „Wir haben schwere Zeiten und das Potenzial, die Bürgerinnen und Bürger sowie das Gewerbe zu entlasten“, begründete die Fraktionschefin die Forderung zur Senkung der Grundsteuer auf 490 Punkte (aktuell 550) und der Gewerbesteuer auf 380 Punkte (aktuell 395). Nachdem Finanzwirtschaftschef Michael Bayer überschlagen hatte, dass das Jahresdefizit für 2022 damit auf 2,7 Millionen Euro anwachsen würde, stand die SPD mit ihrem Vorschlag alleine da. Zumal Blisch noch einmal betonte, dass derzeit auf höherer Ebene über eine grundlegende Reform der kommunalen Steuer diskutiert werde.

Bei manchen Anträgen ergab sich zumindest auf indirektem Weg eine die Sozialdemokraten zufriedenstellende Reaktion aus der Verwaltung. So wollte die SPD 50.000 Euro in den Haushalt aufnehmen lassen, um damit in Weilbach den Feldweg in der Verlängerung der Wiesenstraße und zur westlichen Verlängerung der Industriestraße sanieren zu lassen. Dieser viel frequentierte Regionalparkweg sei in einem schlechten Zustand, beklagt der Antrag. Im Haushalt, betonte Blisch, seien 250.000 Euro für solche Maßnahmen eingestellt. Der Feldweg kreuze allerdings den Verlauf der geplanten Umgehungsstraße, betonte Baudezernentin Renate Mohr (GALF). Es gibt Klärungsbedarf, wie die Sanierung hier eingebunden werden kann, daher einigte man sich auf einen Bericht der Verwaltung bis Ende Juli.

Gleich drei Anträge zur Finanzierung einer verbesserten Jugendarbeit konnten zur Zufriedenheit aller Antragsteller zusammengefasst werden. Der Ansatz von 50.000 Euro reicht sowohl für den Koalitionsantrag, die soziale Arbeit mit Jugendlichen vor allem über den Ausbau von Begegnungsstätten zu verbessern (10.000 Euro), als auch für die dfb-Anträge zur Erneuerung der Skateranlage in Wicker (20.000) und eines Treffs auf der Bahnhof-Nordseite (20.000 Euro).

In der weiteren Planung könnte es freilich noch Diskussionen geben um die konkrete Umsetzung. So verwies Markus Ochs (SPD) darauf, dass der dfb-Vorschlag zur Bahnhofs-Nordseite den Beschlüssen des gerade verabschiedeten Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) widerspreche. Thorsten Press (FDP) war es in den Anträgen zu unkonkret beschrieben, was mit den Geldern geschehen soll, „ich habe Probleme damit, wenn Geld beantragt wird, von dem nicht klar ist, wofür“. Die Zustimmung zu dem zusammengefassten Beschluss war dennoch einstimmig.

Das Stadtentwicklungskonzept schwebte über einigen der Anträge. Das war insofern überraschend, da die Beschlussvorlage zum „ISEK Flörsheim 2040“ nach der Behandlung in den Ortsbeiräten und dem Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss in einem entscheidenden Punkt beschnitten war. So soll das ISEK nur noch die „Basis und zentrale Orientierungsgrundlage“ künftiger Entwicklungen in der Stadt sein, nicht aber mehr „auch die Zielstellung“ – die damit wohl aus den Augen verloren gehen darf. Die so veränderte Vorlage wurde gegen die Stimme der FDP angenommen, die den ganzen ISEK-Prozess kritisch sah.

Auch der Umsetzung des ISEK selbst galt ein SPD-Antrag. 200.000 Euro zusätzlich sollten 2022 erste Planungen und Umsetzungen des Konzepts anstoßen helfen. Das Ansinnen kassierte die Koalition durch einen Geschäftsordnungsantrag ein, der die Beratung und erste Festlegungen in den Vorstand der Stadtverordnetenversammlung verschob.

Das gleiche geschah mit dem Vorschlag der Sozialdemokraten, 100.000 Euro für einen städtebaulichen Wettbewerb zur Entwicklung der Bahnhofs-Nordseite einzustellen. Hier geht es den Sozialdemokraten um mögliche Sozialwohnungsbau-Projekte und die bereits angedachte Radwegeverbindung zwischen östlichem Ende der Jahnstraße und der Weilbacher Straße. Auch dieses Thema, meinte die Koalition, ist im Stadtverordnetenversammlungsvorstand besser aufgehoben. Zumal, wie Frank Laurent (GALF) betonte, auch dies im ISEK ausgeführt sei, zudem werde 2022 noch kein Wettbewerb möglich sein. Die SPD enthielt sich zu dem Änderungsantrag, die FDP lehnte ihn ab, „weil wir keinen städtebaulichen Wettbewerb brauchen, die Vorstellungen für das Gebiet sind doch schon sehr konkret“, sagte Press.

Auf eine Abstimmung ihres Antrags zu einer Machbarkeitsstudie für eine Fußgänger- und Fahrradunterführung an der Stellte des jetzigen Bahnübergangs Keramag/Falkenberg bestand Ernst nach einer von Bedenken getragenen Diskussion. Da sprang CDU-Fraktionschef Marcus Reif dazwischen und formulierte einen Änderungsantrag, der gegen die Sozialdemokraten angenommen wurde. Statt Haushaltsmittel einzustellen, wurde Dezernentin Mohr somit beauftragt, sich mit der Bahn darüber zu verständigen, ob nach dem Bau der neuen Unterführung auf Höhe des Abenteuerspielplatzes am alten Übergang eine Unter- oder Überführung für Fußgänger und Fahrradfahrer eingerichtet werden kann.

Mohr ist da ziemlich skeptisch, denn selbst wenn die Bahn einer zweiten Unterführung nur 250 Meter weiter westlich zustimmen sollte, „wäre die nicht finanzierbar“. Das sähe bei einer Überführung wohl anders aus, aber da fürchtet die Erste Stadträtin ein anderes Problem. „Das wird durch die Hochspannungsleitungen über die Gleise nicht gehen.“ Die Ausschusssitzung bot einen spontanen Sinneswandel aus Erkenntnisgewinn. So hielt FDP-Fraktionschef Press von dem SPD-Vorschlag eigentlich nichts, wollte erst die Erfahrungen mit der neuen Unterführung abwarten, wie sich der Schwerlastverkehr und Radfahrer dort vertragen. Aber ihm war schlicht nicht bekannt, dass die Bahn den jetzigen Übergang komplett schließen und die Schranken abbauen will. „Ich ändere meine Meinung“, verkündete er nach der Aufklärung, da ihm der alltägliche 250-Meter-Umweg ohne fahrbaren Untersatz dann doch nicht zumutbar erscheint. Mit dem Änderungsantrag der Koalition ging er dagegen konform.

Ansonsten scheiterte die SPD mit dem Antrag, 150.000 Euro für Planungen weiterer Kitas einzustellen, „das ist keine Frage des Geldes, wir haben in der Verwaltung nicht die Kapazitäten um mehr zu stemmen“, hatte Mohr klargestellt. Zudem fehlten für Neubauprojekte die Grundstücke, es gehe mehr um Erweiterungen. Und auch 10.000 Euro für Planungen zum Umbau der Jahnstraße – hier soll die Fertigstellung der Lärmschutzwand abgewartet werden – und 40.000 Euro für weitere E-Auto-Ladestationen wollten die anderen Fraktionen nicht ausgeben.

Es wird auch keine Rückkehr zur alten, 2020 halbierten Förderhöhe für den Bau von Photovoltaikanagen geben, wie es die SPD wollte und daher den Ansatz auf 40.000 Euro anzuheben beantragte – wegen der großen Nachfrage. Frank Laurent verwies auf die gesunkenen Anschaffungskosten für die Anlagen und ging nur bis 15.000 Euro mit – bei 500 Euro Förderbetrag pro Antrag. So wurde es gegen die SPD beschlossen.

Zusammen mit der FDP schließlich wollten die Sozialdemokraten mehr Luftfilter in den Flörsheimer Schulen sehen und „vorsorglich“ 10.000 Euro für mögliche Eigenanteile ansetzen – die Mittel für die Anschaffung sollen eigentlich vom Land kommen.

Fenster auf ist besser als jeder Luftfilter lautete zusammengefasst die Entgegnung, „das CO2-Problem ist mit den Geräten nicht in den Griff zu bekommen“, sagte Laurent. Die Erste Stadträtin versprach, das Thema im Auge zu behalten, in allen Kitaräumen seien aber heute schon CO2-Ampeln installiert, die die Kinder sehr gut betreuten – bei „Rot“ sei das Signal sowieso nicht zu überhören.

Die Freien Bürger stießen mit ihren Anträgen auf mehr Verständnis. So werden 9.000 Euro für die Erweiterung der Angebote für Baumbestattungen eingestellt, um auf den Friedhöfen den Mangel an dem zu beseitigen, auf das es dabei ankommt: Bäume. Der Antrag wurde allerdings ohne den Betrag beschlossen, da, so CDU-Fraktionschef Reif, der Haushalt bereits 16.000 Euro bereithalte, die für diesen Zweck eingesetzt werden könnten. Dfb-Fraktionschef Frank Herzog verwies darauf, dass die 3.000 Euro pro Friedhof gebraucht würden um „ordentliche Bäume“ anschaffen zu können.

Halbiert und dennoch von den Freien Bürgern akzeptiert, das war das Diskussionsergebnis zum Bestreben der Fraktion, 20.000 Euro für das Pflanzen neuer Bäume in der Flörsheimer Gemarkung einzustellen. Die Stadt pflanze sowieso schon 200 bis 250 Bäume jährlich, viele verschwänden freilich auch, erläuterte Frank Laurent. Der Antrag sei daher gut, „aber wir sollten mit 10.000 Euro beginnen“. Der Pflegeaufwand für die Neupflanzungen sei besonders hoch, die Grünamtsmitarbeiter jetzt schon am Limit, gab Mohr zu bedenken. Das sah auch Herzog ein und akzeptierte die Kürzung.

Ebenso nahm es Thorsten Press hin, dass sein Antrag auf 10.000 Euro für die Anschaffung weiterer Geschwindigkeitswarntafeln – die mit dem Smiley-Gesicht, wenn es gut läuft – auf 6.000 Euro zurechtgestutzt wurde. So hatte es Markus Ochs (SPD) vorgeschlagen und damit begründet, dass dieses Geld für zwei Geräte reiche und dies nun wiederum für 2022 genüge. Weshalb Press ergänzte, man könne 2023 ja nochmal 6.000 Euro einstellen. Nach seiner Einlassung, ein geeigneter Standort sei die Strecke von Massenheim nach Wicker, stellte Reif klar, dass alleine die Verwaltung über die geeigneten Aufstellungspunkte entscheide.

Damit waren die Beschlüsse gefasst, die beschlossenen Veränderungen zum Haushaltsentwurf waren übersichtlich. Der Kämmerer musste seinen Entwurf nicht noch mal neu bauen, das half angesichts der gerade fünf verbleibenden Tage, ehe die Stadtverordnetenversammlung den Entwurf dann ebenfalls absegnete.

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