Mehrheit für die dritte Grundschule am Südring

Stadtverordnetenversammlung: Koalition und Grüne stimmen für Neubau / SPD sieht "Damoklesschwert einer Klage"

Bürgermeister Klaus Schindling beschrieb im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag den Prozess, der zur Standortfindung für die Dritte Grundschule am Südring geführt hat.

In Sachen Dringlichkeit und Notwendigkeit des Baus einer weiteren Grundschule am Südring sind sich im Hattersheimer Stadtparlament alle Fraktionen einig. Dennoch sah man bei der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag, 23. Februar, in den Reihen der Sozialdemokraten genug Gründe, um letztendlich gegen den städtebaulichen Vertrag und den Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes zu votieren.

Bürgermeister Klaus Schindling nutzte die Bühne der Stadtverordnetenversammlung, um mit Hilfe einer Präsentation über die Hintergründe, Zwänge und Abwägungen zu informieren, die letztendlich zur Standortwahl der neuen Grundschule am Südring geführt haben - zur Verärgerung der dortigen Anwohnerinnen und Anwohner.

Ausschlaggebend für die Notwendigkeit der Schaffnung neuer Schulkapazitäten war und ist die Bevölkerungsentwicklung in Hattersheim. Wächst die Bevölkerungszahl einer Kommune, so drängen auch mehr Kinder und Jugendliche in die Schulen. Ergo muss man die Infrastruktur entsprechend erweitern - und dazu zählt neben dem zusätzlichen Angebot für die ABC-Schützen auch die ebenfalls anstehende Erweiterung der weiterführenden Heinrich-Böll-Schule.

Der Main-Taunus-Kreis als Schulträger und Bauherr kauft letztendlich den Grund und Boden an, auf dem das neue Schulgebäude entstehen soll, und kommt auch für den Bau desselben auf. Gemeinsam mit dem Schulamt hat die Stadtverwaltung dann erörtert, wie seitens des Kreises die Kriterien für einen möglichen Schulstandort aussehen, um potenziell passende Flächen im Stadtgebiet ausfindig machen zu können. Aus Hofheim kam die Vorgabe "südlich der Bahnlinie", und daraus ergaben sich insgesamt neun denkbare Flächen, die dann einer näheren Prüfung unterzogen wurden.

So stellt sich natürlich zunächst die Frage nach den Eigentumsverhältnissen: Sofern ein Areal nicht eh schon der Stadt gehört - ist denn der Eigentümer überhaupt veräußerungswillig? Die theoretische Möglichkeit einer Sondererschließungsmaßnahme oder Enteignung zog man dabei bewusst gar nicht erst in Betracht: "Niemand von uns wird jemals eine Zwangsenteignung in die Hand nehmen, wenn nicht irgendetwas ganz katastrophales passiert", stellte Schindling klar und zeigte sich überzeugt, dass dies die "gestandenen Demokraten" aller anderen Fraktionen im Stadtparlament sicher genauso sehen. Und darüber hinaus würde der dazugehörige Rechtsstreit den ohnehin schon hohen Zeitdruck in dieser Angelegenheit wohl endgültig eskalieren lassen: Anhand des Kindertagesentwicklungsplanes, der Zahlen der Schülerinnen und Schüler und der Bevölkerungszahlen in Hattersheim könne man sehr genau ausmachen, "dass wir nach dem Jahr 2025 Kinder nicht mehr beschulen können", stellte der Bürgermeister fest. Deshalb müsse man nun dringend eine Lösung finden, welche die Realisierung einer neuen Schule möglichst nah an diesem Stichtag in Aussicht stellt.

Schindling beschrieb exemplarisch, warum acht der neun möglichen Standorte letztendlich durch das Raster fielen: So kann die neue Grundschule nicht an der Heinrich-Böll-Schule entstehen, weil diese selbst sehr bald erweitert wird. Ein weiteres Areal wurde in der Zwischenzeit mit dem Ölmühlen-Quartier neu bebaut, und wieder ein anderes Gelände wurde eigentlich als ideal erachtet - bis auf eine entscheidende Tatsache, die den Bau dort unmöglich macht: Es handelt sich dabei um regionalen Grünzug - der Regionalverband beziehungsweise übergeordnete Verbände hätten dort einem Schulbau keinesfalls zugestimmt. Und auch Art und Weise, wie Schulbezirke eingeteilt werden, schränkte die Auswahl weiter ein: Ein Schulbezirk umfasst immer einen Radius der fußläufigen Erreichbarkeit einer Schule, und zudem sollen durch die neue Schule keine bisherigen Klassen auseinandergerissen, sondern nur komplett verlegt werden, schilderte der Hattersheimer Rathauschef. So müsse sich das Einzugsgebiet der neuen Schule "harmonisierend in die Gesamtverteilung" einfügen - für zwei der in Erwägung gezogenen Grundstücke war dies ein K.O.-Kriterium.

Die potenziell explosivste Überlegung war die Nutzung des jetzigen Kleingartengeländes, gepaart mit einer Umsiedlung desselben. Diesen Gedanken legte man aber sehr schnell ad acta: Dort hätte man sich einer besonders hohen Zahl an klagewilligen Menschen gegenüber gesehen.

SPD kritisiert Planungen und
"gescheiterten Dialog"

Jene Klagewilligkeit rückte auch der SPD-Stadtverordnete Dirk Staudt (ehemals Bündnis 90/Die Grünen) in den Fokus. Staudt zufolge zeigte sich seine Fraktion "total überrascht" darüber, dass man hier Planungen vorlegt, über denen "das Damoklesschwert einer Klage" schwebe, nachdem der Dialog mit der Anwohnerschaft gescheitert sei. Und dies "trotz der hohen Notwendigkeit einer schnellen Umsetzung", so Staudt, der vermutet, dass sich eine Klage sehr stark auf das Verschattungsgutachten stützen würde. Das neue Schulgebäude könnte dafür sorgen, dass der Nutzen bereits installierter Photovoltaikanlagen eingeschränkt wird.

Seitens der SPD befürchtet man hier eine "nicht unerhebliche Verzögerung", wenn nicht gar ein komplettes Kippen der Pläne. "Die Erfahrung, was eine Anwohnerklage bei einem Bauvorhaben für Auswirkungen haben kann, durften wir beim Museum ja bereits machen", rief Staudt in Erinnerung und gab zu Protokoll, dass aus Sicht der SPD-Fraktion diese Grundschule viel zu wichtig sei, als dass man "unkalkulierbare Verzögerungen beim Bau aufgrund falscher Planungen" in Kauf nehmen könne.

Hohes Elterntaxi-Aufkommen befürchtet

Für die Grünen ergriff die Fraktionsvorsitzende Nathalie Ferko das Wort und machte deutlich, dass aus Sicht ihrer Partei die positiven Argumente für den Bau dieser Grundschule überwiegen. Kritische Bedenken habe man bezüglich der Zuwegung, für die - im Gegensatz zum Schulbau - die Stadt Hattersheim am Main verantwortlich sei und worauf die Stadtverordnetenversammlung deshalb ja auch Einfluss habe. Insbesondere hat man dabei das Drohgebilde eines alltäglichen Elterntaxi-Konvois vor Augen, unter dem potenziell auch die Anwohnerinnen und Anwohner immens zu leiden hätten. Und auch die SPD befürchtet einen akuten "Brennpunkt der Elterntaxis" am geplanten Fußweg der verlängerten Pregelstraße.

Bereits in den vorherigen Ausschussrunden habe man als Grüne deshalb darauf gedrängt, dass die Schülerinnen und Schüler samt Elternschaft frühzeit dahingehend geschult werden, dass die Bewältigung des Schulwegs mit dem Rad oder zu Fuß vorzuziehen sei, um einem "Verkehrschaos vorzubeugen".

Zudem berichtete Ferko, dass sie in ihrer noch recht kurzen kommunalpolitischen Karriere bereits gelernt habe, dass es bei Bebauungsplänen und Bauvorhaben ab einer bestimmten Dimension immer zahlreiche Menschen gibt, die von der angedachten Entwicklung eingeschränkt oder belästigt werden. Dies sei "leider normal", so die Grünen-Politikerin, und angesichts der steigenden Bevölkerungszahl brauche man nun einmal die zusätzliche Infrastruktur. Bis zu deren Fertigstellung müssten wieder Kinder in Containern an den anderen Grundschulen untergebracht werden. Deshalb brauche man die neue Grundschule eher gestern als heute.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Michael Minnert, beteuerte, dass man sich die Entscheidung für diesen Standort nicht leicht gemacht und sich mit den Gegenargumenten intensiv beschäftigt habe. Letztendlich musste man eine Abwägung treffen, auch wenn man natürlich Verständnis dafür habe, dass dies zur Verärgerung der Anwohnerschaft geschieht. Aber diese Grundschule werde nun einmal dringend benötigt, und seitens der regierenden Koalition aus CDU, FDP und FW hält man den jetzt gefundenen Standort mit den Nachteilen, die möglicherweise für einige entstehen, trotzdem für vertretbar.

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