Marga Schmitt-Reinhart und Winfried Pohl sprachen die Hattersheimer Bürger direkt und persönlich auf dem Hattersheimer Wochenmarkt an und boten ihnen die offizielle Einladung der Stadt Hattersheim zu den Bürgerwerkstätten am Dienstag, 14. August, und Dienstag, 28. August, zum Mitnehmen an. Nur wenige Passanten schüttelten den Kopf und gingen einfach weiter, die meisten blieben stehen und zeigten sich interessiert, oft entwickelten sich längere Gespräche.
Winfried Pohl erklärte jedem Interessierten geduldig Sinn und Zweck der Veranstaltungen und das sich daraus ergebende Prozedere. Den Passanten, die zu den Terminen der Bürgerwerkstätten keine Zeit haben, wurde freundlich nahegelegt, ihre Vorschläge per E-mail über die extra eingerichtete Homepage der Stadt www.hattersheim-schutzschirm.de oder auch einfach telefonisch einzubringen.
Auch wenn bei dieser Aktion die Parteipolitik nicht im Vordergrund stehe, komme eine Einbeziehung der Bürger in politische Entscheidungsprozesse seinen Ansichten als Politiker entgegen: „Wir stehen heute hier zwar nicht ausdrücklich als Grüne Politiker, sondern im Interesse der Stadtpolitik, aber Bürgerbeteiligung wird von den Grünen ja schon immer propagiert. Bei Bebauungsplänen zum Beispiel ist Bürgerbeteiligung gar gesetzlich vorgeschrieben – und sie ist sicher ebenfalls bei anderen Projekten wie jetzt etwa der Haushaltskonsolidierung der Stadt umsetzbar, auch wenn es da eventuell etwas schwieriger ist, weil das Thema eben viel komplexer ist“, erklärte er seinen Einsatz für eine große Beteiligung an den Bürgerwerkstätten.
Dabei muss der Bürger wissen, dass in den Bürgerwerkstätten zwar so viele Spar-Vorschläge wie möglich gesammelt werden sollen, über die jedoch dann die gewählten Politiker zu diskutieren und zu entscheiden haben. „Darin sehe ich aber kein Problem, wenn die Bürger merken, dass es der Politik ein ernsthaftes Anliegen ist, sich mit ihren Vorschlägen auseinanderzusetzen“, erklärte Winfried Pohl. „Die Politik sollte bei solchen Veranstaltungen Meinungen und Stimmungen einfangen, die Politiker sollten dabei gut zuhören.“
Nach seiner Meinung – er war als Zuhörer dabei – sind bei der ersten Bürgerwerkstatt viele gute Vorschläge aus den Reihen der Hattersheimer Bürger gekommen, aber auch solche, die in der Summe vielleicht nicht so ideal sind. Politische Mehrheiten für die guten Ideen müssen dann in den zuständigen Gremien zwar noch gefunden werden, doch Winfried Pohl sieht das zuversichtlich: „Als positiv denkender Mensch gehe ich davon aus, dass dann auch dort die richtigen Entscheidungen gefällt werden.“
Von der Schelte, die von einer anderen Partei in Bezug auf die Bürgerwerkstätten geübt wurde, hält er gar nichts: „Das halte ich in diesem Fall für besonders kontraproduktiv, damit wird den Bürgern, die sich beteiligt haben und die die Stadt ja ausdrücklich zur Beteiligung aufgerufen hat, ja schon fast Unvermögen über solche Dinge nachzudenken und Vorschläge dazu machen zu können, unterstellt. Damit hält man sie vielleicht gar davon ab, sich weiter zu engagieren, das kann nicht im Sinne der Stadt sein. Positive Vorschläge in der Sache zu machen wäre jetzt sicher sinnvoller.“ Man solle eher froh sein, wenn sich bei den Hattersheimern durch die Beteiligung an den Bürgerwerkstätten ein größeres politisches Bewusstsein entwickelt und sie sich in solche Entscheidungsprozesse einbringen wollen, allein das sei schon positiv zu sehen.
Auch Marga Schmitt-Reinhart führte an diesem Nachmittag zahlreiche Gespräche mit Hattersheimer Bürgerinnen und Bürgern. „Eben hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer älteren Dame“, erzählte sie nachdenklich, „die mir sagte, man könne als Bürger wenig beitragen, weil man so wenig weiß. Sie war ganz erstaunt, dass etwa die Umbaumaßnahmen am Südring nicht zu Lasten der Stadt gingen, sondern zu den Baumaßnahmen im neuen Baugebiet von Nestlé gehören. „Es würde mich allein schon freuen, wenn die Bürger durch die Bürgerwerkstätten einfach besser informiert werden würden.“ Marga Schmitt-Reinhart findet es schade, dass durch die schlechte Haushaltssituation in Hattersheim viele gute Dinge, die die Hattersheimer Politik in den letzten Jahren auf den Weg gebracht habe, in den Hintergrund gedrängt würden. „Am liebsten würde ich mal eine ganz ,persönliche Aktion' an so einem Markttag durchführen und mit einem Schubkarren voller schöner Sonnenblumen, von denen jede für eine gute Sache in unserer Stadt steht, die Leute darauf aufmerksam machen, dass hier nicht alles nur schlecht ist“, lacht sie zuversichtlich.
Auch wenn die Politiker aus den Vorschlägen der Bürger, wie man weniger ausgeben und was man besser machen könnte einen gewissen „Trend“ erkennen können, werden wohl einige der Vorschläge nach Prüfung durch die Politiker wieder verworfen werden müssen. Winfried Pohl weiß durchaus, wie schwierig es ist, wenn man in solchen Fällen dann als Politiker den Bürgern ungeliebte Botschaften überbringen muss. „Aber man muss eben auch als Politiker manchmal den Mut haben, ungeliebte Entscheidungen zu treffen und auch zu vertreten. Wichtig ist, dass man den Bürgern vorher zuhört und über ihre Ideen gründlich nachdenkt – es könnten ja Gedanken dabei sein, die den Politikern gar nicht gekommen wären“, bekräftigte er seine positive Einstellung zu den Bürgerwerkstätten in Hattersheim.