...es stand in

der Zeitung!

Herausgesucht von Erika Kunz

Vor 25 Jahren

Dienstag, 6.

Mai 1986

Besichtigung des Kreishauses

MAIN-TAUNUS-KREIS (gt) - Für alle Interessenten ist der Rohbau des Kreishauses in Hofheim auf dem Hochfeld am Donnerstag, dem 8. Mai, in der Zeit von 11 bis 14 Uhr zu besichtigen. Die Zufahrt erfolgt über die Landesstraße 3011. Mitarbeiter des Hochbauamtes werden durch den Rohbau führen und Erläuterungen geben. Dabei ist festes Schuhwerk dringend erforderlich. Landrat Dr. Bernward Löwenberg und die beiden hauptamtlichen Kreisbeigeordneten Wolfgang Knoll und Jürgen Nagel werden auf der Baustelle anzutreffen und zu sprechen sein.

 

Bad Weilbachs Park ist zum beliebten

Ausflugsziel geworden

Das lange Zeit im Dornröschenschlaf dahindämmernde Bad Weilbach hat sich in den letzten Jahren dank städtischer und privater Initiativen und Investitionen zu einer Perle im Flörsheimer Stadtverband entwickelt. Die hundertjährigen Riesen der Platanenallee wurden von erfahrenen Baumchirurgen geheilt und bilden das flächenmäßig größte Naturdenkmal des Main-Taunus-Kreises. Der verwilderte Kurpark wurde ausgelichtet. Wege angelegt und befestigt, Ruhebänke aufgestellt. Die fast versiegte Schwefelquelle wurde in indischem Granit neu gefasst und ein Brunnenpavillon darüber errichtet. Das verfallene ehemalige Kurhaus (unser Bild) wurde von einer privaten Bauherrengemeinschaft saniert, die streng-klassizistische Fassade fand (auch mit Balkonen) den Segen der Denkmalbehörde und die Zustimmung der neuen Bewohner.

Besonders an Wochenenden ist Bad Weilbach ein beliebtes Ausflugsziel der Flörsheimer, Hattersheimer und auch Rüsselsheimer Bevölkerung geworden. Ganze Fahrradkolonnen klingeln sich ihren Weg durch den Park frei, Wanderer stillen ihren Durst mit dem scheußlich riechenden, aber heilsamen Schwefelwasser, ältere Herrschaften machen ihren Verdauungsspaziergang und diskutieren auf den Parkbänken das Weltgeschehen und die lokalen Neuigkeiten. Der frisch angelegte Parkplatz ist überfüllt von den motorisierten Wasserholern, die in Flaschen und Kanistern das Schwefelwasser zum Waschen und Kochen nach Hause holen. Es war übrigens nicht zu allen Zeiten selbstverständlich, das heilende Wasser kostenlos und in beliebigen Mengen abzufüllen. Der bekannte Weilbacher Heimatforscher Willy Hochheimer hat in einer gebunden vorliegenden Dokumentation „Wer darf an der Quelle Wasser füllen?“ interessante Fakten aus den Staatsarchiven von Wiesbaden und Würzburg zusammengetragen. „Wer darf Wasser holen?“

So erfahren wir zum Beispiel aus dem Jahre 1788, dass „nur den Weilbacher, Flörsheimer und Wikerter Unterthanen der freye Wasser Bezug verstattet seye“. Der Brunnenwärter Kristmann erhält 1791 von den Mainzer Herren die klare Anweisung, „da dem Brunnen durch ruchlose Menschen Schaden zugefügt werden könne, deshalb die Eingangsthür wohl zu verschließen und ohne seine Gegenwart Niemanden an die Quelle zu lassen“. Im Jahre 1803 wendet sich der Marxheimer Pfarrer Dalinger an die Fürstliche Hofkammer mit der Bitte, ihm die freie Verabfolgung des Weilbacher Schwefelwassers zu gestatten: „Mein Ort, in welchem ich Pfarrer bin, ist an Wasser und insbesondere an Trinkwasser äußerst arm, so dass ich den ganzen Sommer für mein Rindvieh das Wasser in dem Amts-Flecken Hofheim hohlen lassen müsste. Auch wäre es für mich hart, bei meiner ohnehin geringen Pfarrei noch das Wasser zum Trinken kaufen zu müssen. Sollte jedoch dieser aufgeführte Umstand bei meiner Fürstlichen Hofkammer kein geneigtes Gehör finden, so geschehe mir wenigstens eine Gnade, wenn ich den Krug Wasser um einen Kreutzer haben könnte, in dem ich etwas Wasser durch meine Leute in eigenen Geschirren ohne Beunruhigung des Brunnen-Personalis hohlen ließe.“ Von der Hofkammer in Wiesbaden erhalten schließlich Pfarrer Dalinger aus Marxheim, Pfarrer Marzel aus Hochheim und Amtsschreiber Westenberger aus Hofheim die Erlaubnis, unentgeltliches Schwefelwasser in Weilbach abholen zu dürfen, mit der strikten Auflage „es nur für den Eigenbedarf, für Kranke und für die Wissenschaft zu benutzen“.

Seien wir „Heutigen“ also dankbar und froh, dass der „Faulborn“ mit scheinbar unerschöpflicher Kraft fließt und wir das Schwefelwasser zur Heilung von Ausschlag und Geschwüren, wie auch zu Stärkung von Brust und Magen nutzen können.

Das ehemalige Kurhaus von Bad Weilbach

 

Vor 40 Jahren

Dienstag, 4. Mai 1971

Okriftels ABC-Schützen – die jüngsten

im Main-Taunus-Kreis

In der Lösung der Schulfrage steht Okriftel wohl an der Spitze des Main-Taunus-Kreises. Schulrat Walter Knaab lobte die Gemeinde „die, als sie noch Schulträger war, äußerst rege und tüchtig war in der Beschaffung von Schulraum“, und die deshalb als erste Gemeinde des Main-Taunus-Kreises eine Eingangsstufe zur Volksschule einrichtet. „Alles was wir unseren Kindern heute mitgeben können, ist eine reelle Bildungschance“ betonte Bürgermeister Konrad Treber mit Nachdruck. „Die Gemeinde hat 10.000 DM für die Ausstattung zur Verfügung gestellt, wenn ich sie bitten dürfte, sagen sie alle ja, damit dieser Schulversuch kein Versuch bleibt, sondern etwas Rechtes wird.“ Fast beschwörend klangen die Worte des Bürgermeisters bei der Elternversammlung der Jahrgänge 1965/66, die gekommen waren, um sich über Für und Wider des Kreistagsbeschlusses vom Donnerstag letzter Woche unterrichten zu lassen, den wir hier im vollen Wortlaut wiedergeben: „Der Errichtung einer Eingangsstufe an der Albert Schweitzer-Schule in Okriftel am Main als Schulversuch stimmt der Kreistag ab 1. September 1971 unter der Voraussetzung zu, dass die räumlichen Voraussetzungen für diesen Schulversuch auch dann noch gegeben sind, wenn ab Herbst dieses Jahres die Hauptschüler aus Eddersheim in Okriftel beschult werden.“

Dass sich hier eine einmalige Chance für ihre Kinder bietet, darüber waren sich wohl alle betroffenen Eltern in der Pausenhalle der Albert Schweitzer-Schule einig, sonst wären sie nicht in solch großer Anzahl erschienen. So hatten es Rektorin Annemarie Winter, Schulrat Walter Knaab und Bürgermeister Konrad Treber nicht allzu schwer, eventuell noch bestehende Zweifel auszuräumen. „Die Chancengleichheit im Bildungswesen ist uns zwar rechtlich zuerkannt, aber sie ist noch lange nicht faktisch gewährleistet“, sagte Schulrat Knaab. Es gäbe zwar heute weitaus bessere Möglichkeiten als noch vor zwanzig Jahren, zweiter Bildungsweg über das Hessenkolleg etc., aber dies alles seien doch meist Wege, die auf freiwilliger Basis zu erreichen seien, Wege für sogenannte Spätentwickler, die diesen Namen meist nur deshalb tragen, weil ihnen die reelle Chance der früheren Entwicklung nicht gegeben war. Deshalb stehe im Mittelpunkt aller schulischen Diskussionen zurzeit die vorschulische Erziehung, die aber auch wieder nur dann Sinn hätte, wenn alle die Möglichkeit hätten, sie wahrzunehmen.

Drei Motive leiten die Verantwortlichen, Kinder im sogen. „Spielalter“ bereits zu Schulkindern zu machen: Gleichheit der Startchancen für alle, gleichwohl aus welchen sozialen Schichten sie kommen; eine andere Auffassung von Begabung heute im Gegensatz zu der Auffassung von vor 20 Jahren; eine andere Auffassung von der Lernfähigkeit des jungen Kindes. Das Bildungsprogramm, das die Knirpse erwartet, zeigte Rektorin Annemarie Winter auf: Religiöse Erziehung, ähnlich der in den Kindergärten, nicht getrennt, nach Konfessionen; Hinführung zur Gemeinschaft - die Kinder sollen lernen, in einer Gruppe zu leben und eigene Wünsche zu Gunsten der Gemeinschaft hintan zu stellen; Sprachpflege - ein, wie Frau Winter meinte - in Hessen nicht zu übersehendes Thema. Naturbegegnung - hier sollen die Kleinen Tiere und Pflanzen beobachten und zum Teil selbst pflegen, was ihnen sicher viel Spaß machen wird, ähnlich wie das nächste Sachgebiet: Rhythmische und musikalische Erziehung. Spielerisches, tänzerisches Turnen und der Umgang mit dem Orff"schen Instrumentarium werden sie hier „spielend lernen“. Verkehrserziehung, ein vordringliches Thema unserer Zeit, wird ebenfalls nicht fehlen und es wird Lehrgänge und Arbeitskreise aus dem schulischen Bereich geben: lesen, schreiben, mathematische Erziehung.

Die 65 infrage kommenden Kinder werden auf zwei Klassen aufgeteilt, wobei jede Klasse eine Lehrerin und eine Jugendleiterin erhält. Maria Lyding und Irmgard Simon stehen als Klassenleiterinnen bereits fest. Anders als in der herkömmlichen Grundschule bilden hier erste und zweite Klasse eine Einheit, die von Versetzungsschwierigkeiten nicht behelligt werden. Drittes, viertes und fünftes Grundschuljahr folgen, ehe die ehemaligen ABC-Schützen zur Haupt- oder zu weiterführenden Schulen überwechseln. Sie sind dann im gleichen Alter wie die Kinder anderer Schulen im 4. Schuljahr. Bisher gibt es in ganz Hessen erst 15 solcher Schulversuche und im Main-Taunus-Kreis ist Okriftel die erste und einzige Gemeinde, die diesen Versuch im Herbst startet.

 

Vor 50 Jahren

Freitag, 5. Mai 1961

Maikundgebung in Hattersheim

Zur Feier des l. Mai begrüßte im Namen des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ortskartell Hattersheim, Leopold Belza neben den Teilnehmern auch die Sänger des Gesangvereins Germania, die zusammen mit einer Musikkapelle einen eindrucksvollen musikalischen Rahmen schuf. Gewerkschaftssekretär Michel beschäftigte sich in seiner Rede mit den Forderungen der Gewerkschaft und legte die Stellungnahme des DGB zu wirtschaftspolitischen Fragen dar. In einem Rückblick auf die Maifeiern der Vergangenheit mit ihren jeweiligen Parolen stellte er heraus, wie es die Gewerkschaft innerhalb von 71 Jahren - seit dieser Zeit wird der 1. Mai gefeiert - erreicht habe, dass die Schaffenden aus menschenunwürdigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen herausgeführt wurden. Die Gewerkschaft habe sich aber auch um die Erringung einer demokratischen Ordnung bemüht und werde diese Staatsordnung auch verteidigen. Der DGB wende sich gegen Maßnahmen wie etwa die Notstandsgesetzgebung, die angetan seien, die demokratische Freiheit zu schmälern. Die Demokratie müsse so beschaffen sein, dass die jungen Menschen die Gewissheit hätten, dass diese Staatsform zu verteidigen wert sei. Der Redner zeigte das Gegenstück der Demokratie in der Ostzone auf, wo der 1. Mai zu kriegerischen Schaustellungen missbraucht werde.

Zur Sozialpolitik wurde festgestellt, dass ein arbeitnehmerfeindlicher Gesetzgeber am Werk sei. Der Redner verwahrte sich dagegen, dass die Arbeiter, die die Abschaffung der Karenztage forderten, diskriminiert würden. Die Krankenkassen müssten heute zum Nachteil der Versicherten wesensfremde Lasten tragen. Nach der Bundestagswahl müsse mit einer Erhöhung der Sozialbeiträge gerechnet werden. Zur wirtschaftlichen Situation führte Michel aus, man solle nicht vergessen, dass der Wiederaufbau der Bundesrepublik und damit das sogenannte Wirtschaftswunder in erster Linie das Werk fleißiger deutscher Arbeitnehmer sei und weniger der Erfolg des Wirtschaftsministers Ehrhard, der nur eine verwaltende Tätigkeit ausgeübt habe. Die sogenannte Eigentumspolitik der Bundesrepublik sei verfehlt, da sie dem Arbeitnehmer nicht zugute komme. Es kämen nur dort Vermögenswerte hin, wo schon Vermögen sei. Das Bundesbaugesetz habe den Grundstücksspekulanten Tür und Tor geöffnet. Über die Bausparer komme ein böses Erwachen, da sie die hochgeschnellten Bodenpreise nur schwer verkraften könnten. In der Bundesrepublik fehlten noch 1,5 Millionen Wohnungen.

Es habe sich gezeigt, dass die Forderung der Gewerkschaft „40 Stunden sind genug“ nicht wirklichkeitsfremd gewesen sei. Die Mehrzahl der deutschen Betriebe seien schon auf die 45-Stundenwoche, zum Teil auch schon auf die 42-Stundenwoche übergegangen. Mit der Durchsetzung der 40-Stundenwoche sei in absehbarer Zeit zu rechnen. Abschließend ging der Redner auch auf die weltweite Frage der Entwicklungshilfe ein. Die Gewerkschaft bejaht die Entwicklungshilfe und hat selbst ausgebildete Kräfte in die jungen Staaten Afrikas entsandt, die den Aufbau demokratischer Gewerkschaften unterstützten.

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