Stolz auf der einen, Kritik auf der anderen Seite

Stadtverordnetenversammlung verabschiedet Haushaltsplan 2023 / SPD und Grüne stimmen dagegen

Dietrich Muth (Mitte) vor wenigen Wochen beim Plausch mit Günter Tannenberger (links) und Karl Heinz Spengler (rechts) anlässlich der Jubiläumsfeier des FDP-Ortsverbands im Hessensaal des Alten Posthofs. Zum 15. Dezember legte der nun ehemalige Fraktionsvorsitzende der Freien Demokraten sein Mandat nieder.

Nach den erfolgten Haushaltsberatungen im Haupt-und Finanzausschuss (HFA), im Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr (UBV) sowie im Ausschuss für Soziales, Kultur und Sport (SKS) konnte der HFA-Vorsitzende Tobias Staudt am Mittwoch, 7. Dezember, vor der Stadtverordnetenversammlung im Okrifteler Haus der Vereine verkünden, dass die Ausschüsse allesamt mehrheitlich die Zustimmung zum Haushaltsentwurf für das kommende Jahr empfohlen haben - angesichts der aktuellen Mehrheitsverhältnisse sicher keine Überraschung.

Ebenso überraschte es freilich nicht, dass zu diesem Tagesordnungspunkt einmal mehr die Fraktionsvorsitzenden ihre dazugehörigen Reden hielten. Den Anfang machte Michael Minnert (CDU), der seinen Stolz angesichts des Rekordvolumens von etwa 90 Millionen Euro nicht verhehlen wollte - ebenso wie die Zufriedenheit darüber, dass man seit 2016 durchweg ausgeglichene Haushalte vorlegen konnte.

Minnert hielt es für notwendig, angesichts wiederholter Kritik aus den Reihen der SPD noch einmal klarzustellen, wie die Koalition aus CDU, FDP und FW zu einer möglichen Grundsteuersenkung steht. Demnach heißt es im Koalitionsvertrag: "Ziel muss es bleiben und sein, die Hebesätze der Grundsteuer B wieder zu senken, sobald dies finanzpolitisch für unsere Stadt verantwortlich ist" - dabei handele es sich mitnichten um ein Wahlversprechen oder die verbindliche Ankündigung einer Grundsteuersenkung, sondern um eine von Bedingungen abhängige Aussage. Und die aktuellen Rahmenbedingungen sehen angesichts der hohen Unsicherheit im vielen Bereichen wie der hohen Inflation oder den steigenden Energiekosten eben nicht so aus, als könne man derzeit eine solche Senkung verantworten. Zudem erinnerte Minnert an die bereits im letzten Jahr erfolgte Abschaffung der Straßenbaubeiträge, die für "eine große Entlastung unserer Bürgerinnen und Bürger" gesorgt habe.

Beispielsweise müsse man 2023 auch ein auf fast 14 Millionen Euro gestiegenes Defizit im Bereich der Kinderbetreuung abfedern. Dies mache man gerne - "weil uns die Familien und die Kinder wichtig sind", so Minnert. Aber das erfordere eben auch Maß und Ziel.

Auch auf die anhaltenden Forderungen zum Ausbau von geförderten Wohnraum ging Minnert ein:

Die Hawobau biete heute Wohnraum zu Preisen an, "über die sich viele andere Kommunen unserer Metropolregion freuen würden" - und das mit dem höchsten prozentualen Anteil von gefördertem Wohnraum im ganzen Main-Taunus-Kreis.

Und schließlich verwies der CDU-Fraktionsvorsitzende auch auf die ergriffenen Maßnahmen zum Klimaschutz. So habe man die Stelle des Klimamanagers geschaffen und wird diese zum Jahreswechsel auch besetzen und lasse auch ansonsten Taten sprechen, wie zum Beispiel beim Bau von zwei Fischaufstiegshilfen im Bett des Schwarzbachs oder der Installation von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern städtischer Gebäude. Angesichts des Klimawandels wünsche man sich zwar auch seitens der Union mehr Geschwindigkeit - aber auch hier gelte: "Nicht alles was notwendig ist, ist auch jetzt und gleich machbar."

SPD will keine "Premiumstadt nur für Wohlhabende"

Dr. Marek Meyer (SPD) attestierte Hattersheim eine "sehr gute Ausgangslage für den städtischen Haushalt", rückte aber gleichzeitig auch die Lage der durch hohe Inflation und steigende Energiekosten immer stärker belasteten Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt. Und vor diesem Hintergrund sei eine Entlastung eben jener Bürgerinnen und Bürger notwendig. Mit der Ablehnung des SPD-Antrags zur Senkung der Grundsteuer B durch die Koalitionsparteien habe man nun "die Chance verpasst, die Hattersheimer Einwohner in dieser schwierigen Phase zu entlasten", so Meyer.

Bezüglich der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sehen die Sozialdemokraten nach wie vor einen dringenden Handlungsbedarf: "Eine Verdrängung von Einwohnern mit mittleren und niedrigen Einkommen dürfen wir nicht länger zulassen", stellte Meyer fest. Es sei falsch, Hattersheim zu einer "Premiumstadt nur für Wohlhabende" zu machen. Und gerade in Zeiten eines sehr angespannten Mietwohnungsmarktes sei es nach Ansicht der SPD wichtig in öffentlich geförderten Wohnraum zu investieren. Auch der Antrag der SPD, demzufolge Zuschüsse für private Bauherren zur Verfügung gestellt werden sollten, wurde von der Koalition abgelehnt. So werde aktuell in Hattersheim zu wenig für bezahlbaren Wohnraum getan.

Grüne fordern mehr Klimaschutzmaßnahmen

Nathalie Ferko, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, stimmte Bürgermeister Schindling in dessen Haushaltsrede zwar zu, dass es gelungen sei, den Weg der Haushaltskonsolidierung konsequent fortzusetzen. Aber eben jene Konsolidierung habe nicht erst unter der aktuellen Stadtregierung begonnen, sondern nahm schon unter der rot-grünen Vorgängerregierung ihren Anfang. "Von der damals in der Not erhöhten Grundsteuer B profitieren die jetzige Regierung und der Bürgermeister noch heute", so Ferko.

Im Rahmen der eigenen Haushaltsanträge habe man keine Projekte zur Streichung vorgeschlagen, jedoch bestimmte Inhalte vermisst. Da wäre zum einen die Forderung nach einer schrittweisen Senkung der Grundsteuer B. Auch einen Ausbau der Klimaschutzmaßnahmen in der Stadt halten die Grünen für notwendig, ebenso wie die gezielte Schaffung von preiswertem Wohnraum insbesondere für systemrelevante Berufe wie zum Beispiel Pflegekräfte oder Erzieherinnen und Erzieher. Und schließlich würde man gerne auch die Familien in Krisenzeiten entlasten und die Gebühren für die Kinderbetreuung für U3 und Ü3 um zehn Prozent senken.

Muth legt Mandat nieder

Im Rahmen seiner Haushaltsrede als FDP-Fraktionsvorsitzender kündigte Dietrich Muth an, dass er sein Mandat zum 15. Dezember 2022 nach 45 Jahren kommunalpolitischen Engagements niederlegt. Muth bedankte sich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit in den letzten Jahrzehnten.

Muth wies darauf hin, dass man sich gerade in einer beispiellosen Zeit der sich aneinanderreihenden Krise befindet. "Eine Krise jagt die andere", von der Corona-Pandemie über den Klimawandel, die Energiekrise bis hin zur Inflation. Unter Berücksichtigung all dieser Situationen und einer anhaltenden Unsicherheit in Hinblick auf die nahe Zukunft musste nun der Haushalt 2023 aufgestellt werden, und der Kämmerei könne man deshalb nur ein großes Lob aussprechen, dass es unter diesen Umständen gelungen sei einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.

Wenig Verständnis konnte Muth für die eingereichten Anträge der Opposition aufbringen, die in Summe ein Volumen von etwa zwei Millionen Euro ergaben - und gleichzeitig keine Finanzierungsvorschläge enthielten.

Klimaschutz vor 2016?

In Hinblick auf die Kritik der Opposition, die mangelnden Tatendrang der Koalition beim Klimaschutz wittert, wies Oliver Wiendl (FW) darauf hin, dass der Klimawandel bereits 1975 festgestellt worden sei, und darauf aufbauend liege die Frage nahe: Was wurde in Hattersheim vor 2016 dafür getan, also in den vielen Jahren einer rot-grünen Regierung?

Vom vorliegenden Haushaltsplan zeigte sich der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler überzeugt. Der Ergebnishaushalt weise im Ergebnis eine Summe von knapp 87 Millionen Euro auf. "Das ist natürlich ein Riesending", so Wiendl, und dies zeige, dass in Hattersheim wieder Ziele umgesetzt und neue Stellen geschaffen werden können, die angesichts steigender Belastungen und neuer Gesetze und Verordnungen auch nötig seien.

Dem vorgelegten Entwurf der Haushaltssatzung, des Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2023, des Investitionsprogramms und des Finanzplanes für die Jahre 2023 bis 2026 stimmten schließlich die Koalitionsparteien CDU, FDP und FW zu, bei Gegenstimmen von SPD und Grünen.

Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)


X