Die Rechenzentren am Friedhof sollen erst der Anfang der weiteren Flächenversiegelung im Westen Hattersheims sein. Auf einer Sondersitzung am 10. September in der Stadthalle hat Bürgermeister Klaus Schindling (CDU) seine Wünsche zur weiteren Entwicklung Hattersheims, die er 2018/2019 beim Regionalverband Rhein-Main anmeldete, präsentieren lassen: Die Umwandlung von Grün- und Ackerland in Flächen für Gewerbe. Wegen zwei Feldern, die der Regionalverband als Flächen für Logistik vorsieht, hat Bürgermeister Schindling noch Gesprächsbedarf. Alles andere scheint seinen Vorstellungen zu entsprechen. Doch wollen die Hattersheimer Bürger diese um sich greifenden Umwandlungen denn auch? Und wie werden die Bürger über solche weitreichenden Vorhaben informiert? Auf diese Fragen machte Schindling deutlich, dass die Bürger bei der Wahl ihre Stimme abgegeben haben und sich mit ihren Anliegen bitte an die politischen Parteien wenden sollen. Ein Totschlagargument. Gehörte zum Wahlprogramm der regierenden Parteien denn auch der fortschreitende Flächenverbrauch und die zunehmende Dezimierung von Grünflächen (die mitunter mehr und mehr dem ausgewiesenen Regionalpark zu Leibe rücken) als eine Art „Anti-Klima-Projekt“? Haben die Bürger tatsächlich hierfür ihre Stimmen im Rahmen des Wahlvorgangs abgegeben oder im wahrsten Sinne des Wortes eher weggegeben? In jedem Fall lassen die regierenden Parteien weiterhin nicht den positiven Eindruck zu, die Bürger könnten sich vertrauensvoll oder gar mit Einflussmöglichkeiten an ihre politischen Vertreter wenden.
Um eventueller Kritik vorzubeugen, dass dort konkret Rechenzentren gebaut würden, berichtete Schindling, dass er bereits eine Anfrage eines Betreibers abgelehnt hätte. Natürlich holt er nicht die Konkurrenz von NTT nach Hattersheim. Schließlich ist er dem Unternehmen verpflichtet. Auf die Frage in der Infoveranstaltung am 19. März 2024, ob sich NTT noch weitere Rechenzentren in Hattersheim vorstellen könnte, antwortete Sprecher Günter Eggers, “dass man gerne über das Gewerbegebiet Nord hinaus bauen würde, aber das entscheidet die Politik.“
Angeblich ist alles „noch nicht in Stein gemeißelt“. Aber hier werden Grundlagen für ein Industrie- und Gewerbegebiet geschaffen und weitere Flächen versiegelt, die die Kernstadt Hattersheim weiter aufheizen werden. Klimaforscher sprechen hier von „Hitzeinseln“. Nach dem Kälteeinbruch vergangener Woche möchte man meinen „prima!“. Aber in den schwülheißen Sommern werden wir keine Erholung mehr finden und „unsere“ Hitzeinsel anders erleben. Braucht Hattersheim das?
Ein „Klaus-Schindling-Park“ als Erweiterung des Regionalparks auf der geplanten Fläche wäre uns lieber. Dieser würde aber außer Kühle und frischer Luft keine Gewerbesteuer bringen, die „für schöne Dinge“ (Zitat von Michael Minnert von der CDU zu den Gewerbesteuereinnahmen durch Rechenzentren) ausgegeben werden können. Wir hören schon den Einwand „Hattersheim wird die Welt nicht retten“. Also macht Hattersheim beim Flächenverbrauch fleißig mit. Aber es geht nicht um Weltrettung, sondern darum Hattersheims eigenes Klima und eigene Umwelt zu schützen.
Zum Abschluss der Sondersitzung gab es noch eine nachgeschobene Floskel von Bürgermeister Klaus Schindling mit auf den Weg: „Wie kriegen wir das auf ein rundes Ganzes, dass Ökonomie und Ökologie im Gleichschritt bei uns in Hattersheim Einzug halten? Daran arbeiten wir“. Leider geht es nur in eine Richtung: Flächenverbrauch. So hat uns das Sandmännchen selbigen wieder in die Augen gestreut. Gute Nacht Hattersheim.