Dies ist mein erster Leserbrief in 43 Jahren. Das Thema Kinderbetreuung ist mir jedoch eine solche Herzensangelegenheit, dass ich mich gezwungen fühlte, auf den Artikel im Hattersheimer Stadtanzeiger reagieren zu müssen. Zunächst muss ich folgendes konstatieren: Es geht um unsere Kinder.
Kinder sind unser aller Zukunft und das Potenzial dieses noch so schönen Landes. Insoweit mit Abstand das Wichtigste, das wir haben. Dies vorausgeschickt gestatten Sie mir bitte die Frage, warum sich auf dem Fachkräftemangel ausgeruht und dies immer wieder an verschiedenen Stellen als universelle Ausrede genutzt wird.
Warum nicht neue, attraktive und innovative Lösungen und Angebote entwickeln, um die Situation endlich unter Kontrolle zu bringen? „Trotz intensivem Bemühen…“ heißt es. Was soll das bedeuten? Ein Arbeitszeugnis mit solcher Aussage ist bestenfalls Note 4. Reicht ihnen das? Wollen wir im Zusammenhang mit unseren Kindern nicht besser Note 1 erreichen? Es kann und darf doch nicht passieren, dass Kinder einer mangelhaften Betreuung ausgesetzt sind, nur weil es an Personal fehlt. Es kann auch nicht sein, dass die Lücken mit unqualifiziertem Personal gestopft werden, nur um die Statistik zu schönen. Es muss mit absoluter Priorität nach Lösungen gesucht und konkrete Pläne erarbeitet werden, die nachhaltig und insbesondere qualitativ hochwertig sind. Das erwarte ich als Vater, Steuerzahler und Wähler.
Das Angebot regelt die Nachfrage. Dies hat man früh In der Geschichte der Menschheit erkannt. Die freien Stellen sind ja bekanntlich da. Aber nur weil fünf Fernseher im Regal stehen, muss ich ja nicht zwingend einen davon kaufen. Ich werde den kaufen, der mir Mehrwerte bietet. Das verhält sich auch ganz ähnlich bei der Berufswahl. Die Attraktivität des (Stellen-)Angebotes liegt also in ihren Händen. Think out of the box!
Bitte, lieber Magistrat, investieren sie Zeit, Kreativität und am Ende vielleicht auch ein wenig mehr Geld in das Wohl der Kinder. Unser Land ist auf dem Weg zum Mittelmaß und dies muss unterbrochen und umgekehrt werden. Fachkräftemangel darf nicht dazu führen, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil!
Was der Großteil der derzeit vorhandenen Erzieherinnen und Erzieher leistet ist sagenhaft. Eine seit Jahren bewusst in Kauf genommene Überbelastung hat sicherlich zu der erbärmlichen Situation beigetragen. Krankheit, Burnout etc. sind vorhersehbare Ergebnisse dieses Vorgehens. Auch hier sind sie als Arbeitgeber in der Verantwortung. Die wenigen, die noch da und vielleicht auch noch motiviert sind, müssen sie schützen. Und auch hier gilt: Das Angebot muss stimmen. Rahmenbedingungen, Akzeptanz und Wertschätzung.
Ich möchte aber auch die Eltern nicht aus der Verantwortung entlassen. Ich bin selbst Vater von drei Kindern. Kinder in die Kindertagesstätte zu bringen, wenn sie offensichtlich krank sind und eigentlich die Betreuung der Eltern zu Hause benötigen, ist unverantwortlich. Hier sollten sie endlich beginnen, als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Hattersheim und auch als Führungskräfte den Rücken gerade zu machen und die vor Ort tätigen Erzieherinnen und Erzieher stärken. Es muss generell klare und einfach verständliche Regeln geben, an die sich ausnahmslos alle Eltern zu halten haben (bspw. im Krankheitsfall bleibt ein Kind immer zu Hause, keine Süßigkeiten mitbringen, Kinder pünktlich bringen und abholen, etc.). Egal welcher Herkunft, Sprache oder Kultur. Wer sich nicht daran hält, muss das Kind eben abholen oder privat betreuen. Das geht doch so nicht weiter! Wo ist die gegenseitige Rücksichtnahme hin? Wo ist die Menschlichkeit hin, wenn jeder nur an sich denkt.
Zugegeben werden sie wahrscheinlich den ein oder anderen Wähler dadurch verlieren. Aber ich bin fest davon überzeugt, wenn einer geht werden dadurch zwei neue hinzukommen. Das sind dann die Eltern und Menschen, die verstehen, dass eine hervorragende Betreuung für Kinder unabdingbar ist.
Die Kinder sind die Leidtragenden dieser Situation. Und bitte verstehen sie mich nicht falsch. Es ist sicher nicht die alleinige Schuld des Magistrats oder der Eltern oder eines Fachkräftemangels.
Es wird aber Zeit jetzt etwas zu ändern. Sofort, unmittelbar.