Ein Mittel gegen Ausgrenzung

Arbeiterwohlfahrt Flörsheim-Hochheim fordert Sozialticket für Hartz-IV-Empfänger und Wohnungslose

Arbeiterwohlfahrt Flörsheim-Hochheim fordert Sozialticket für Hartz-IV-Empfänger und Wohnungslose

Die Sozialverbände in Deutschland fordern seit Jahren ein vergünstigtes Sozialticket für Hartz-IV-Empfänger und Wohnungslose. Jetzt hat der Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Flörsheim-Hochheim dieses Thema diskutiert. Der Ortsverein appelliert an Bund, Land, Kreis und Kommunen.

In der letzten Sitzung diskutierte der Vorstand der AWO Flörsheim-Hochheim das 365-Euro-Bahnticket für alle. Hintergrund: Schon seit Jahren fordern das Diakonische Werk, der Deutsche Caritasverband, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ein Sozialticket für Empfänger von Arbeitslosengeld II, Grundsicherung nach SGB XII sowie Menschen mit geringen Einkommen und in prekären Einkommensverhältnissen.

Vorbilder Wien und Paderborn

„Dabei gibt es schon viele vorbildliche Beispiele“, sagt der AWO-Chef Klaus Störch. Die Stadt Paderborn und das angrenzende Gebiet Hochstift bieten ein Fair-Ticket für jeweils 24,90 Euro beziehungsweise 36 Euro an. „Ein Schritt in die Richtung, da Beziehern von Arbeitslosengeld II im Monat lediglich 8,33 Prozent ihres Regelsatzes, also 35,99 Euro, für Mobilität zur Verfügung zu stehen“, meint er weiter.

Schüler und Studenten haben es, Rentner und Beamte haben es, warum nicht die Obdachlosen? Das vergünstigte Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist für verschiedene Gruppen der Gesellschaft bereits Wirklichkeit. Neben Schülern, Auszubildenden, Studenten und Senioren kommen mittlerweile auch sehr viele Arbeitnehmer in den Genuss. Private Unternehmen und die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes bieten ihren Beschäftigten attraktive Fahrpreismodelle, um den Umstieg vom Auto auf den Bus- und Schienenverkehr zu erleichtern. Auch die Umwelt profitiert von der Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2).

Im Unterschied zu Festbeziehern von Arbeitslosengeld I (ALG I) und Arbeitslosengeld II (ALG II) erhalten durchreisende Wohnungslose sogenannte "Tagessätze", die von den kreisfreien Städten und den Landkreisen ausgezahlt werden. Dieser Tagessatz (1/30 von 432 Euro für Alleinstehende) beträgt im Main-Taunus-Kreis derzeit 14,40 Euro. Davon muss der gesamte Lebensunterhalt bestritten werden. Gleichzeitig wird den Wohnungslosen ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität abverlangt. Denn: Auch die Fahrkarte zu den Übernachtungseinrichtungen und den Auszahlungsstellen muss davon bezahlt werden.

Ausgrenzung, Stigmatisierung und Kriminalisierung

Eine Tageskarte von Frankfurt am Main nach Hattersheim und zurück beispielsweise kostet 9,75 Euro. Nicht wenige Obdachlose fahren deshalb „schwarz“. Wer erwischt wird, muss das erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro entrichten. Bahnfahren ohne gültiges Ticket aufgrund von Geldnot führt die betroffenen Menschen in die Schuldenfalle und in die Straffälligkeit. Denn die Forderung der Bundesbahn oder des lokalen Verkehrsverbunds wird an Inkassofirmen verkauft, die dann das Geld einzutreiben versuchen. Schnell kommen dann ein vollstreckbarer Titel und rund 200 Euro Schulden heraus. Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt und so kommen viele Verstöße gegen das Beförderungsentgelt vor das Gericht. Die häufig verhängten Geldstrafen können dann wieder nicht bezahlt werden. Am Ende droht die Haft in einer Justizvollzugsanstalt. Das kostet zuletzt auch den Steuerzahlern eine Menge Geld.

Kommunen, Landkreise, Land und Bund sind gefordert

„Wenn Schüler, Studenten, Senioren und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst ein vergünstigtes Ticket für die Bahn bekommen können – und dies offensichtlich finanzierbar ist –, dann sollte man auch an die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die langzeitarbeitslosen und die wohnungslosen Menschen denken. Mobilität im ÖPNV für diesen Personenkreis schafft ein mehr an Teilhabegerechtigkeit. Ausgrenzung, Stigmatisierung, Verschuldung und Kriminalisierung kann durch die Einführung eines bezahlbaren Sozialtickets effektiv und effizient entgegengewirkt werden“, begründet Klaus Störch abschließend seine Forderung an die Städte, Kreise, Land und Bund. Natürlich müsse der ÖPNV außerdem noch attraktiver werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X