Zurück in der "Gud Stubb": Am Donnerstag, 9. Februar, fand die Sitzung der Krifteler Gemeindevertretung erstmals wieder in Saal 1 im Rat- und Bürgerhaus statt. Der angestammte Standort für die Sitzungen dieses Gremiums wurde in der Hochphase der Corona-Pandemie vernünftigerweise als zu klein erachtet: An eine Sitzanordnung, die ausreichend Abstand zwischen den Plätzen ermöglicht, ist dort nicht zu denken. Und nach diversen Terminen in der Kleinen Schwarzbachhalle mutet der Saal nun gleich noch etwas gemütlicher an als zuvor.
Der wichtigste Punkt auf der Tagesordnung war diesmal die Entscheidung über den Haushaltsplanentwurf 2023 und den Entwurf für das Investitionsprogramm für die Haushaltsjahre 2022 bis 2026. Beides hatte Kämmerer und Bürgermeister Christian Seitz am 8. Dezember 2022 vorgelegt, Haushaltssatzung und -plan wurden daraufhin in der Sitzung der Gemeindevertretung am 15. Dezember 2022 eingebracht.
Bürgermeister Christian Seitz (CDU) hatte als Kämmerer trotz der gestiegenen Energiekosten einen genehmigungsfähigen und beinahe ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Der Haushaltsentwurf weist nun ein leichtes Defizit von etwa 140.000 Euro aus, saldiert mit einem positiven Ergebnis im außerordentlichen Ergebnis verbleibt noch ein Fehlbetrag von circa 70.000 Euro, der durch Rücklagen aus den Vorjahren ausgeglichen werden kann. 2023 soll es keine Neuverschuldung, jedoch auch keine neuen Investitionen geben.
Seit Mitte Dezember hatten sich nun alle vier Fraktionen im Krifteler Parlament mit diesen Entwürfen eingehend beschäftigt und insgesamt 22 Anträge zum Haushaltsplanentwurf eingereicht, die in den Ausschüssen konstruktiv diskutiert wurden. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Der Haushaltsplanentwurf 2023 fand in der Sitzung der Gemeindevertretung fraktionsübergreifend Zustimmung und wurde einstimmig verabschiedet. Die Haushaltsreden aller Fraktionsvorsitzenden an diesem Abend machten aber auch deutlich, dass dies keineswegs bedeutet, dass alle Parteien wunschlos glücklich sind mit dem Ist-Zustand und der absehbaren Perspektive der Gemeinde.
Die Frage nach "echten" Radwegen
So äußerten sich die Grünen beispielsweise kritisch zum größten Punkt im Haushaltsplan 2023: Dem Radwegebau. 1,5 Millionen Euro sollen hier investiert werden, man will so den Ruf Kriftels als besonders fahrradfreundliche Gemeinde erhalten und weiter ausbauen. Geplant ist, dass der erste Bauabschnitt von der Straße „In den Gartenwiesen“ bis zur Holzbrücke am Freizeitpark umgesetzt werden soll. Außerdem ist eine Erneuerung der Fahrradabstellanlage am Bahnhof vorgesehen.
Regina Vischer, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Krifteler Parlament, bemängelte, dass der Ausbau der Radwege und des öffentliche Nahverkehrs in der Gemeinde nur schleppend vorangehe. "Das, was an Maßnahmen vorgesehen ist und mit beachtlichem finanziellen Einsatz realisiert werden soll, schafft nach unserer Meinung keinen einzigen Radweg im Sinne der Richtlinien für Radwege", stellte Vischer fest. Nirgends auf diesen Wegen sind Radfahrerinnen und Radfahrer unter sich und können so wirklich zügig vorankommen, stets müsse man auf andere Verkehrsnutzende Rücksicht nehmen. Zudem würden die Grünen es gerne sehen, dass die Wiesbadener Straße durch eine Sperrung der Bahnunterführung mit Pollern verkehrstechnisch beruhigt wird, um diese als zukünftige Fahrradstraße sicherer zu machen. Ein willkommener Nebeneffekt für die Anwohnerinnen und Anwohner wäre sicher die damit einhergehende Entlastung vom Durchgangsverkehr.
Förderung des Klimaschutzes
Die Gemeinde will dem neuen Haushaltsplan zufolge auch das Thema Klimaschutz verstärkt angehen. Ein Klimaschutzmanager soll eingestellt, die Klimaschutz-AG wieder eingesetzt werden. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dr. Frank Fichert, wies darauf hin, dass seine Fraktion im Herbst vergangenen Jahres einen Antrag zur Schaffung einer neuen Stelle für eben jenes Klimaschutzmanagement gestellt hat, aus dem heraus sich dann ein interfraktioneller Antrag entwickelte. Den Stellenplan müsse man heute schon entsprechend erweitern, um im Laufe des Jahres 2023 auch handlungsfähig zu sein, so Dr. Fichert. Weitere Entscheidungen zum Thema Klimaschutz sollen dann folgen, wie zum Beispiel bezüglich eines Klimaschutzkonzepts. Erst müsse man jedoch in Erfahrung bringen, welche Fördermaßnahmen man hier in Anspruch nehmen könne und an welche Voraussetzungen diese gebunden sind. "Als CDU-Fraktion wünschen wir uns auf der Stelle für das Klimaschutzmanagement eine Expertin oder einen Experten mit besonderer Kompetenz in Bau- und Planungsfragen. Zudem sollten die Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel ergriffen werden, keine Symbolpolitik darstellen, sondern die Maßnahmen müssen sowohl wirksam als auch wirtschaftlich sein", beschrieb Dr. Fichert die Position seiner Partei in dieser Sache.
Dorothea Barth, die Fraktionsvorsitzende der Krifteler SPD, äußerte in diesem Zusammenhang die Hoffnung, dass es vielleicht auch noch einmal zur Prüfung des Antrags ihrer Partei aus dem Vorjahr kommen könnte, demzufolge Kriftel im Rahmen des Hessischen Klimaschutz-Konzeptes zur Klimaschutz-Gemeinde werden soll.
Ebenso halten es die Sozialdemokraten für sinnvoll, als Basis für die weitere Klimaschutzpolitik in der Gemeinde eine CO2-Bilanz zu erstellen. "Im Aussschuss war allerdings die Mehrheit der Auffassung, dass die Erstellung der CO2-Bilanz eine Aufgabe und nicht eine Voraussetzung für den neuen Klimaschutzbeauftragten ist. Insofern hatte sich der Antrag erledigt", berichtete Dorothea Barth. Strittig war also nicht, ob eine solche Bilanz erstellt werden soll - sondern nur wann und von wem.
Opposition wittert Ziellosigkeit und Maßnahmenstau
Alle drei Oppositionsfraktionen bemängelten, dass sich Kriftel zu langsam und ohne echte Vision, ohne erkennbares Konzept entwickele. Schon in der Vergangenheit habe man seitens der Sozialdemokraten immer wieder angemerkt, dass in Kriftel "mit besonders ruhiger Hand" regiert werde und dass manche Dinge einfach nicht vorankämen, stellte Dorothea Barth fest und verwies exemplarisch auf den Zustand der hiesigen Straßen, "die vorhandenen Schlaglöcher, die Risse und Setzungen im Bereich von Versorgungsleitungen und die immer wieder geflickten Straßenschäden." Angesichts dieser Zustände dränge sich die Frage auf, ob "die Infrastruktur nicht kaputt gespart" werde. Und auch in Sachen Ortsentwicklung seien Barth zufolge leider keine Fortschritte erkennbar, seit 2020 werde dies mit pandemiebedingten Verzögerungen erklärt.
Auch Regina Vischer stellte fest, dass die Grünen in Kriftel einen "Maßnahmenstau" erkennen, an dem nicht nur die allgemeine Lage, sondern auch Personalmangel bei der Gemeinde schuld sei. "Viele anstehende Maßnahmen konnten nicht wie geplant ausgeführt werden. Im Haushalt 2023 sind in der vorgelegten Version nur Maßnahmen enthalten, die bereits seit einiger Zeit anstehen. Auch wurden beschlossene Maßnahmen auf Folgejahre geschoben. Viele Prüfanträge aus den letzten Jahren sind auch noch in der Pipeline", fasste die Fraktionsvorsitzende der Grünen zusammen.
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Florian Conrad, pflichtete Vischer hier bei: Es fehle ein Ziel für Kriftel. Ohne ein solches konkretes Ziel vor Augen werde man von den diversen Krisen immer nur hin- und hergeworfen. Ebenso kritisierte er den Stillstand in Sachen Ortsentwicklungskonzept.
Doch all diese geäußerte Kritik änderte nichts daran, dass die Fraktionen trotzdem mit dem Haushaltsentwurf einverstanden waren und diesem folglich ihre Zustimmung gaben. Gerade auch der Umstand, dass für die Krifteler Bürgerinnen und Bürger die Gebühren stabil bleiben, wurde von allen Seiten gelobt. Und auch die Förderung der Jugendbeteiligung in der Kommunalpolitik findet von allen Seiten Unterstützung. Es soll nun geprüft werden, ob dem Wunsch der Jugendwerkstatt nach einem eigenen Budget haushaltsrechtlich entsprochen werden kann.
Weitere Projekte 2023
- Ein wichtiges Projekt wurde zu Beginn des Jahres umgesetzt: Die Abfallsammelstelle hat öfter und länger geöffnet, und zwar montags von 9 bis 12 Uhr, dienstags, donnerstags und freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 14 Uhr. Von Mai bis Oktober werden die Zeitfenster noch ausgedehnt.
- Die öffentlichen Papiercontainer wurden Ende 2022 im Ortsgebiet abgebaut. Die Erstbestellung einer Blauen Tonne für Zuhause ist kostenfrei. Die Papiertonnen werden jetzt zweiwöchentlich geleert.
- Für die neue Skateranlage sind weitere Gelder veranschlagt. Mit Mitteln aus dem vorangegangenen Jahr stehen für das Vorhaben nun 200.000 Euro zur Verfügung. 150.000 Euro wurden bereits im Etat 2022 für die Neugestaltung des Spielplatzes am Mühlbach vorgesehen.
- Die Planungen für den Neubau einer Kindertagesstätte in der Bleichstraße werden vorangetrieben. Der Neubau soll starten. Aktuell stehen dafür circa 4 Millionen Euro bereit. Die Kinder des Montessori Kinderhauses werden hier einziehen.
- Im Sinne der Versorgungssicherheit wird der Brunnen III neu gebohrt. Auch die beiden Hochbehälter werden saniert.
- 180.000 Euro sind unter anderem für die Sanierung des Dachs auf dem Haus der Vereine eingeplant.
- Das Wohnbauprojekt der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (Gewobau) an der Raiffeisenstraße mit 48 neuen öffentlich geförderten Sozialwohnungen wird umgesetzt. Anfang März werden die Holzmodule aufgestellt. Die Entwicklung des Gebietes am Krifteler Wäldchen steht vor der Umsetzung.
- Das Restaurant Schwarzbachhallen soll saniert und neu verpachtet werden.