Das Thema Kommunale Wärmeplanung ist zurzeit in aller Munde. „Es gibt jede Menge Fragen und Unsicherheiten in der Bevölkerung zu den neuen Regelungen zum Beispiel bezüglich der Themen Heizen, Gaspreise oder Wärmepumpen“, so Bürgermeister Seitz. Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) legt in Paragraph 8 fest, dass zur „Unterrichtung der Bürger über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde“ regelmäßig Bürgerversammlung abgehalten werden sollen. So lud der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Alexander Feist am Mittwoch, 13. November, zu einer Bürgerversammlung in die Kleine Schwarzbachhalle ein. Das Thema: „Kommunale Wärmeplanung - und was nun?“ Für Gemeinden mit 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern oder weniger muss der Wärmeplan bis zum 30. Juni 2028 erstellt werden.
Der Gemeindevorstand nutzte die Versammlung um zusammen mit Vertretern der regionalen Energieversorger Mainova AG und Süwag Energie AG sowie mit einem im Klimaschutz engagierten Bürger über die Zusammenhänge des Wärmeplanungsgesetzes und des Gebäudeenergiegesetzes, die sogenannte kommunale Wärmeplanung (KWP), die Herausforderungen der Kommunen und deren Bürgerinnen und Bürger in der Umsetzung der Gesetze zu informieren sowie Beispiele aus der Praxis vorzustellen. Das Interesse am Thema Kommunale Wärmeplanung war groß: Knapp 150 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung der Gemeinde gefolgt.
100.000 Euro sind eingeplant
Bürgermeister Christian Seitz und der Erste Beigeordnete Martin Mohr gingen nach der Begrüßung durch Alexander Feist kurz darauf ein, welche Herausforderungen künftig auf Kommunen, Versorger sowie die Bürgerinnen und Bürger zukommen werden. Für den Wärmeplan hat die Gemeinde rund 100.000 Euro kalkuliert, knapp 80.000 Euro Förderung zahlt der Bund dazu. Zuständig sein für die Erarbeitung der kommunalen Wärmeplanung werden in der Verwaltung der Gemeinde Kriftel die Mitarbeitenden des neuen Fachbereichs 6 „Bauen, Planen und Umwelt“.
Vertreter der regionalen Energieversorger - Florian Bienias (Syna) und Kevin Bornath (Mainova) - gaben dann einen Einblick in die Herausforderungen der aktuellen Gesetzeslage. Markus Frieske aus Kelkheim berichtete zum Abschluss anschaulich und detailliert über seine persönlichen Erfahrungen mit dem Einbau einer Wärmepumpe am Beispiel zweier Häuser aus den Baujahren 1926 und 1999. Er hatte zudem hilfreiche Fakten rund um die Wärmepumpen zusammengetragen und klärte über Mythen auf.
„Vor zwei Jahren hat die Debatte über das sogenannte Heizungsgesetz mit der Pflicht zum Einbau klimafreundlicher Heizungen für Angst und Panik gesorgt,“ so Florian Bienias, Kommunalmanager bei der Syna. Er versuchte, die Anwesenden zu beruhigen: „Es kommt niemand, der Ihnen die Heizung rausreißt.“ Die Regelung lautet seit 1. Januar 2024: Jede neu eingebaute Heizung muss zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, und das gilt zunächst für Neubauten. Für bestehende Gebäude gibt es längere Übergangsfristen.
Der Fachmann der Syna stellte vor, welche Schritte bei der kommunalen Wärmeplanung zu berücksichtigen sind: Zunächst erfolgt eine Bestandsanalyse, bei der die Gebäudestruktur der Kommune analysiert und der aktuelle Wärmebedarf ermittelt wird. Das Alter der Gebäude ist dabei entscheidend. Energiepotenziale werden als nächstes eruiert: So könnten Rechenzentren oder Klärwerke im Ortsgebiet wichtig sein und die Frage, ob deren Abwärme genutzt werden kann. Auch die Möglichkeit, ein Fernwärmenetz zu errichten, oder die Nutzung von Geothermie müsse überprüft werden. „So wäre ein Nahwärmenetz vielleicht im verdichteten Bereich rund um den Lindenplatz möglich“, nannte Bienias ein Beispiel, das im Zuge der KWP überprüft werden könnte.
Individuallösung oder Nahwärmenetz?
Als Ergebnis der Wärmeplanung werde sich am Ende zeigen, ob sich für Bereiche der Kommune ein Energiekonzept für Neubau- oder Bestandsquartiere anbieten würde. Daraus leite sich ab: Müssen die Bürger sich selbst kümmern oder können sie sich einem Nahwärmenetz anschließen? Daher sei das Vorhaben, bereits jetzt eine neue Heizung anzuschaffen, besser noch etwas aufzuschieben. Nach der Bestandsanalyse folge die Erstellung von Energiekonzepten und schließlich der Umsetzungsplan. „Auf jeden Fall ist es wichtig, die Menschen dabei mitzunehmen und nicht von oben Verfügungen zu erlassen“, ist er überzeugt. Die Gemeinde geht davon aus, dass mit Ergebnissen der kommunalen Wärmeplanung Mitte 2026 zu rechnen ist.
„Gas wird noch in den kommenden zehn Jahren ein wichtiger Bestandteil der Wärmeversorgung bleiben“, zeigte sich Kevin Bonath von dem Energieversorger Mainova überzeugt. Denn das Stromnetz sei längst nicht ausreichend ausgebaut. Deshalb riet er den Zuhörenden in der Schwarzbachhalle zu hybriden Systemen, die „das Beste aus beiden Welten“ vereinen. Auf die Frage, was zu tun sei, wenn die Gasheizung kaputtgehe, riet er zunächst zur Reparatur. Er zeigte sich zudem überzeugt, dass Wasserstoff zwar für die Energiewende unverzichtbar sei, jedoch nicht für den Privathaushalt verfügbar sein werde.
Bedenken abbauen
Der Kelkheimer Markus Frieske möchte helfen, die Welt zu verändern, das Klima zu schützen. Mit seinen Vorträgen und Erfahrungsberichten will er vor allem Bedenken bei den Menschen abbauen. Er ist vom Einbau einer Wärmepumpe überzeugt und konnte berichten, wie er eine solche für sein Privathaus, aber auch in einem Mehrfamilienhaus mit Mieter/innen effizient nutzt. Dabei stellte er Kosten und Verbrauchsdaten detailliert vor. Nach zwei Stunden mit vielen nützlichen Informationen konnten noch Fragen gestellt werden. Diese Möglichkeit wurde rege genutzt.
Alle Vorträge stehen auf der Webseite der Gemeinde zur Einsicht bzw. zum Download bereit unter folgendem Link:
https://www.kriftel.de/leben-umwelt/umwelt-klima/kommunale-waermeplanung/