GINSHEIM (gus) – Sie ist da, sie ist die erwartete, prachtvolle Attraktion, sie bewegt die Massen: Selten gelingt es einem kleinen Schiff, solche Menschenmengen an den Rhein zu bringen, wie es vergangene Woche bei der Ankunft der neuen Ginsheimer Rheinschiffsmühle geschah. Eine gut dreizehn Jahre alte Idee wurde am vergangenen Donnerstag durch die Ankunft des Schubverbandes aus Speyer zur Realität – und wohl weit über 1000 Menschen wollten unbedingt dabei sein, als Initiator Herbert Jack auf dem hölzernen Aufbau den Fluss hinuntergeschippert kam und die 27 Meter lange Mühle, von einem Schlepper dirigiert, vor den beiden Dalben Platz nahm.
Das große Festzelt für 400 Gäste war aufgebaut, alles war bereitet, als der Schubverband kurz nach 16 Uhr im Blickfeld der Wartenden auftauchte und das Schubschiff diese mit Blinklicht begrüßte. Am Mittag schon hatten bei Worms einige Ginsheimer ihre Neugier bereits stillen können, denn sie bestiegen in der Heimat ein Ausflugsschiff und fuhren der Schiffsmühle entgegen. Eine Begegnung, die natürlich ausgiebig gefeiert wurde.
Der Verein „Historische Rhein-Schiffsmühle Ginsheim“, der die seit 1998 bestehenden Planungen für die Wiederentstehung einer der einst zahlreich am Rheinufer zu sehenden Mühlenschiffe Anfang 2008 vom Heimat- und Verkehrsverein übernommen hatte, ist in einem unglaublichen Tempo zum Ziel gekommen, nachdem die Finanzierung des 500.000-Euro-Projektes erst einmal gesichert war.
Allerdings, zu sehen bekamen die Besuchergruppen , die seit Samstagnachmittag über den nagelneuen metallenen Steg das Schiffsinnere besichtigen können, vorerst nicht viel mehr als die äußere Hülle der schwimmenden Mühle, die in Ginsheim angekommen ist. Ziel des Vereins ist es jedoch, eine voll funktionsfähige Mühle als Museumsort anzubieten, an dem zu erleben ist, wie bis in die Zwanzigerjahre des zwanzigsten Jahrhunderts hinein am Rhein einst die Mehlproduktion funktionierte. Rekonstruiert wurde in der Speyrer Werft nach Originalplänen des Jahres 1928.
Dafür werden in den kommenden Monaten, vielleicht Jahren noch einige Investitionen und vor allem viel ehrenamtliche Arbeit notwendig sein. Zunächst einmal aber ist der Verein froh, die Schiffsmühle mit ihren großen Schaufeln an Back- wie Steuerbord für weithin sichtbar gemacht zu haben. Denn die neueste Attraktion der Mainspitze ist für die von Mainz kommenden Autofahrer bei einem Rechtsblick auch von der Weisenauer Brücke aus sichtbar – und natürlich auf Hunderten von Metern von der gegenüberliegenden Rheinseite. Mit ihrer ungewöhnlichen Hausform ist die Mühle zweifellos ein echter Hingucker. Das Ginsheimer Rheinufer ist fast genau auf Höhe des Rheinkilometerschildes 493 nun also um eine Attraktivität reicher, die der Gemeinde so manchen neugierigen Besucher bescheren wird, der ansonsten nicht an die Mainspitze gefunden hätte. Deshalb ist auch das Rathaus dem Verein für sein Projekt dankbar.
Beim Festakt am Samstag nahm Herbert Jack liebend gerne eine Anregung auf, die ihm in einem Gespräch nahe gelegt wurde. Denn „Nato-Rampe“ als Ortbezeichnung für den Liegeplatz sei ja nun nicht so toll, meint auch Jack. „Schiffsmühlen-Rampe“ würde doch als neue Bezeichnung besser passen, regte der Initiator an. Würde zwar nicht ganz hinhauen, weil die Schiffsmühle wohl niemals über diese Rampe fahren wird. Aber auch das Militär lässt sich ja zum Glück an der Einlassstelle nicht mehr blicken.
Aber ob offizielle Bezeichnung oder nicht: Es ist abzusehen, dass „an der Schiffsmühle“ im Sprachgebrauch bald zum Inbegriff für diese Ginsheimer Örtlichkeit wird.