GINSHEIM-GUSTAVSBURG (ast) – Soll aus der 16.000 Einwohner starken Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg eine Stadt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich am vergangenen Donnerstag erstmals öffentlich der Haupt- und Finanzausschuss. Kontrovers diskutiert, stimmten zuletzt die Ausschussmitglieder mehrheitlich, bei zwei Gegenstimmen, für die Erlangung der Stadtrechte.
Die Bezeichnung „Stadt“ sei ein Prädikat, eine Auszeichnung, die im Rhein-Main-Gebiet einen Wettbewerbsvorteil bringe, begründete Bürgermeister Richard von Neumann den Antrag. Als Stadt sei es leichter neues Gewerbe anzusiedeln und zu halten, zeigt er sich überzeugt. Das in diesem Jahr gefeierte 1225-jährige Bestehen von Ginsheim sei ein guter Anlass, um beim Hessischen Innenministerium die Stadtrechte zu beantragen, warb er für die Sache. „Das wird ein schöner Abschluss des Jubiläums“, hofft der Bürgermeister.
„Wir erfahren eine Aufwertung und steigern unser Image“, zeigte sich auch Andreas Klopp, für die Wirtschaftsförderung der Gemeinde zuständig, von diesem Schritt überzeugt. Eine Anfrage beim Hessischen Innenministerium habe ergeben, dass Ginsheim-Gustavsburg viele der Kriterien erfülle, die für die Umwandlung in eine Stadt Voraussetzung seien. Mehr als 15 000 Einwohner, gute Verkehrsanbindung, ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, Gewerbegebiete und ein umfangreiches Kulturangebot gehörten dazu, zählte er auf.
Während sich im Finanzausschuss die SPD-Fraktion positiv zu der Beantragung der Bezeichnung Stadt stellte, zeigte sich die CDU gespalten. Vor allem solle alle Kraft darauf verwendet werden, dass Ginsheim und Gustavsburg endlich eine Einheit darstellten, betonte Lothar Nachtmann (CDU). „Für mich hat Ginsheim-Gustavsburg kein städtisches Gepräge“, lehnt Parteikollege Peter Guthmann die Beantragung ab. „Wir haben jetzt einen Sichtschutz nach Gustavsburg“, sieht der Ginsheimer Landwirt nicht nur den neu entstandenen Lärmschutzwall an der Weisenauer Brücke als trennendes Element der beiden Ortsteile. Die Meinung der Bürger sei zu erfragen, forderte er mit Nachdruck.
Der geschichtlich besonders bewanderte Rudolf Guthmann (CDU) erinnerte daran, dass Ginsheim und Gustavsburg von 1930 bis 1945 Stadtteile von Mainz waren. „Städtisches Gepräge zu erreichen und zu erhalten wird viel kosten“, sieht er die Gemeinde dennoch weit weg von einer städtischen Struktur. „Für mich stehen die Menschen im Vordergrund, nicht die Industrie“, erteilte der Ginsheimer dem Antrag auf Stadtrechte eine klare Absage.
Albrecht Marufke von den Freien Wählern warb dafür, die Bürger in einer Befragung darüber entscheiden zu lassen. Wenn es Ginsheim-Gustavsburg als Gemeinde nicht gelänge ihr Gewerbegebiet zu veräußern, dann werde sie es auch als Stadt nicht schaffen, vermutet er. „Der Vorteil für den Bürger ist uns nicht erkennbar“, stellte Marufke fest. Er plädierte dafür, den ländlichen Charakter zu erhalten und damit zu werben. „Wir wollen eine romantische und naturnahe Gemeinde bleiben“, sagte er besonders mit Blick auf Ginsheim.
Claus Rethorn von Bündnis 90/Die Grünen sprach sich vorbehaltlos für die Bezeichnung „Stadt“ aus. Wenn es der Wirtschaftsförderung diene, habe er nichts dagegen, äußerte der grüne Realpolitiker. Gustavsburg habe sowieso schon ein städtisches Gepräge und das ländlichere Ginsheim tendiere mit seinen Hochhäusern ebenfalls in diese Richtung. Außerdem halte die Regionalbahn der Linie 75 von Mainz nach Aschaffenburg dann möglicherweise endlich in Gustavsburg, so hofft Rethorn.
Besonders Lothar Nachtmann und Rudolf Guthmann machten sich Gedanken um Bischofsheim. Wenn Ginsheim-Gustavsburg eine Stadt sei, stehe dies der immer wieder versuchten Annäherung zur Nachbargemeinde im Wege, befürchten die beiden CDU-Politiker. „Nicht Bischofsheim links liegen lassen“, appellierte Guthmann an die anderen Gemeindevertreter.
Liane Wolmuth-Neliba (FDP) bedauerte, dass das Thema jetzt zerredet werde. Der Zeitpunkt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, sei zu früh gewählt. Zuerst hätte in internen Gesprächen ein Konsens gefunden werden müssen, den alle Fraktionen mittragen, betonte die FDP-Politikerin. Erst dann wäre der Antrag auf Stadtrechte reif dafür gewesen in den Ausschüssen behandelt zu werden.
Letztendlich stimmten die SPD, die Grünen und zwei CDU-Politiker für die Beantragung der Stadtrechte. Die Freien Wähler und CDU-Ausschussmitglied Peter Guthmann sprachen sich dagegen aus. Rudolf Guthmann, der nicht dem Haupt- und Finanzausschuss angehört, hatte zwar Rederecht, durfte sich aber an der Abstimmung nicht beteiligen.
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