Das gegenseitige Vertrauen ist gewachsen

Wie erwartet entscheiden CDU- und GALF-Fraktion sich für Zweierbündnis in der Stadtverordnetenversammlung

Inhaltliche Vorgaben will sich die künftige Koalition nicht zu viele machen. Dass die Frage der Zukunft des Herrnberg-Areals aktuell das größte Ärgerpotenzial bietet und viel Diskussion erfordert, scheint aber absehbar.

So, wie es sich in den ersten beiden Sitzungsrunden angedeutet hatte, machten es CDU und GALF kurz vor der zweiten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nun fix: Die beiden Fraktionen werden im Flörsheimer Parlament mit ihren zusammen 20 der 37 Sitze die Mehrheit für die kommenden fünf Jahre stellen. In einer festen Koalition und unter Ausschluss der Freien Bürger (dfb), die bisher dritter Partner des regierenden Bündnisses waren. Dies verkündeten nun die Fraktionschefs Marcus K. Reif (CDU) und Frank Laurent (GALF) in einem Pressegespräch.

Andere Konstellationen waren denkbar, selbstverständlich auch welche an der CDU mit ihren 13 Stimmen vorbei, hatten aber in den vergangenen Wochen vermutlich keine reelle Chance zum Zuge zu kommen. Reif sieht die Entscheidung als Ausdruck des Willens der Wählerinnen und Wähler, die am 14. März bei der Kommunalwahl ihre Stimme abgaben. „GALF, CDU und dfb haben hinzugewonnen, SPD und FDP dagegen eingebüßt“, betonte er.

Dass die Freien Bürger dennoch nicht mehr dabei sind, hat nicht nur damit zu tun, dass sie rechnerisch nicht mehr gebraucht werden. Schließlich war es auch 2016 kein Muss, ein Viererbündnis mit 26 Sitzen und der SPD als einziger Oppositionsfraktion zu bilden.

Damals hatte vor allem Reif dieses Modell einer breiten Zusammenarbeit als zukunftsweisend für die kommunale Politik verkauft, auf halbem Weg ging die FDP dann allerdings verloren. Und nun dürfen die Freien Bürger auch nicht mehr mitmachen. Das hätte laut Frank Laurent aus seiner Sicht unter Umständen auch anders ausgehen können, „aber die dfb haben sich personell am stärksten verändert und sortieren sich gerade neu“, erläutert der GALF-Chef. Er habe die Gespräche so erlebt, dass die Freien Bürger letztlich gar nicht das Ziel verfolgten, weiter der Mehrheit anzugehören, „das mögen sie anders erlebt haben“.

Gesprochen hatte seit der Wahl Jeder mit Jedem, und das nach der Wahrnehmung der künftigen Koalitionäre auch in einem in jeder Konstellation offenen und verständigen Klima, auch mit der SPD. Was in der vergangenen Sitzungsperiode passierte und die Idee der breiten Zusammenarbeit von 2016 ad absurdum führte, wird nach Einschätzung von Reif nicht wieder vorkommen. Er hatte zuletzt schon wiederholt bekannt, in den Auseinandersetzungen verbal selbst manchmal über das Ziel hinausgeschossen zu sein.

„Das Ziel ist es, andere Töne anzuschlagen“, betonen die beiden Fraktionschefs daher und setzen nicht zuletzt darauf, dass es mit der Wahl vom März bei den meisten Fraktionen einen größeren Personalaustausch in der Stadtverordnetenversammlung gegeben hat. „Bei SPD und FDP ist auch keiner auf Krawall gebürstet, das Verhältnis zur SPD hatte sich aber schon nach der Amtszeit von Bürgermeister Michael Antenbrink verbessert“, betont Laurent. Sein großer Traum: dass sich nach den Gremiensitzungen fraktionsübergreifend alle noch zu einem Getränk treffen und gute Gespräche führen.

Zusammen Flörsheim regieren, die drei anderen Fraktionen aber vornehmlich über eine offene Informationspolitik ebenso einbinden, das soll der Weg sein, den CDU und GALF im Parlament fahren wollen. Zur Vorbereitung der Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung solle sich daher neben dem Koalitionsausschuss auch eine Runde treffen, in der die Oppositionsfraktionen über die Pläne der Mehrheit Kenntnis bekommen und schon vorweg ihre Haltung zu den geplanten Anträgen einbringen können.

Die Opposition einzubinden, das klingt erst einmal nach einer wohlfeilen Ankündigung, zu der die dazugehörige Praxis sich nicht unbedingt etablieren muss. Doch CDU und GALF verweisen darauf, das mit Jens Valenteijn (dfb, Sozial- und Kulturausschuss) und Philipp Moritz (SPD, Haupt- und Finanzausschuss) zwei der drei Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung von Oppositionsmitgliedern geleitet werden, mit Unterstützung der künftigen Koalition gewählt. Eine Einbindung ist das zweifellos, auf Mehrheiten haben Ausschussvorsitzende freilich keinen besonderen Einfluss.

Ihre Ziele wollen CDU und GALF natürlich in den kommenden fünf Jahren umsetzen, aber auch da ist es eine eher gute Nachricht für die drei anderen Fraktionen, dass die Vorstellungen der Mehrheit über ein „gut zusammenzuarbeiten, um Flörsheim weiter voranzubringen“ hinaus, wie Reif es formuliert, wenig fassbar sind. Es gibt keinen Themenkatalog zum Durchstimmen und Abhaken, die die Koalitionäre niedergeschrieben und mit ihren Unterschriften besiegelt hätten.

Ein Fünf-Jahres-Plan ist nicht entstanden, „kein 31 Seiten dicker Koalitionsvertrag“, sagt Laurent. Aber auf welcher Basis haben die beiden Fraktionen dann entschieden, dass sie so gut zusammenpassen werden? „Wir haben die Wahlprogramme übereinandergelegt und gesehen, dass wir sehr viele Gemeinsamkeiten haben“, sagt der stellvertretende GALF-Fraktionschef Peter Kluin dazu.

Aber mindestens genauso entscheidend war es wohl, dass beide Fraktionen, in diesem Fall muss man wohl eher sagen beide Parteien, in den vergangenen Jahren auch in Flörsheim die erstaunliche Annäherung vollzogen haben, die inzwischen in vielen Kommunalparlamenten alles andere als selten anzutreffen ist, sich nicht zuletzt auch auf Landesebene längst etabliert hat.

Das in den vergangenen beiden Jahren, durch die Zusammenarbeit an der Stadtspitze mit Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) und der Ersten Stadträtin Renate Mohr (GALF) entstandene persönliche Vertrauen dürfte viel stärker als inhaltliche Übereinstimmungen der Grund für die Fokussierung auf das Zweierbündnis sein. „Wir haben gute Gesprächen mit der GALF geführt, weil wir in den vergangenen Jahren so vertrauensvoll und stabil zusammengearbeitet haben“, sagt Reif. Für die CDU sei die Prämisse einen Partner zu wählen, „dem wir nicht jede Woche Politik neu erklären müssen“.

Auch Laurent verweist auf den Faktor Vertrauen. „Die CDU haben wir als zuverlässigen Partner erlebt, die Absprachen wurden eingehalten, sie hat uns aber auch ehrlich gesagt, wenn mit ihr etwas nicht geht.“ An eine Aufgabenteilung für die verschiedenen Politikfelder ist in den kommenden fünf Jahren nicht gedacht. Die GALF für die Ökothemen und die CDU für das Geld - das Klischee wollen die Koalitionäre nicht erfüllen, auch wenn sie sehr wohl unterschiedliche Schwerpunkte einbringen werden, die dieser Zuteilung entsprechen.

Im Koalitionsausschuss sollen beide Seiten ihre anstehenden Themen oder Anträge zur Diskussion stellen, in den Gremien gibt dann eine gefundene Einigung die gemeinsame Linie vor. An die müssen sich beide schon halten. „Wenn der Koalitionspartner einen Antrag nicht gut findet, ist es nicht hilfreich, sich andere Mehrheiten zu suchen“, stellt Laurent klar. Fremdgehen gilt nicht. Das sollte allerdings kein Thema werden. „Bei wichtigen Punkten werden wir eine gemeinsame Linie finden, dafür kennen wir uns gut genug“, ist Kluin überzeugt.

Natürlich gibt es Themen, von denen die Koalitionäre erwarten, dass sie in den kommenden Jahre die Politik in Flörsheim und seinen Stadtteilen bestimmen und bei denen CDU und GALF zu einer Linie finden müssen. Das Herrnberg-Areal und die Frage, ob die Stadt sich um einen Erwerb bemühen soll, um die Umgestaltung des Stadtentrees vorteilhafter zu gestalten, stellt Reif sich als besonders schwieriges Thema vor. „Ob der Einstieg eines Investors nötig wird oder die Stadt es selbst machen soll, werden wir mit der Rathausspitze diskutieren“, erläutert der CDU-Fraktionschef und bekennt, nicht sicher zu sein „dass die Stadt in der Lage wäre, es mit der richtigen Liquidität zu stemmen“.

Die Entwicklung der Altstadt und Gestaltung des Mainufers bieten bisher nicht so viel Zündstoff. Die Zukunft der Weilbacher Kiesgrubenlandschaft nach der Aufgabe der geplanten neuen Förderfläche, die Wickerer Deponienachsorge, die Flächen für Neubaugebiete in einer Fluglärmzone zu finden und zu entwickeln, die anstehenden Schulerweiterungen – das sind die Themen, die zwar zu Beginn der neuen Amtszeit der Stadtverordnetenversammlung auf der Tagesordnung zu stehen scheinen und zu denen sich die Koalition entsprechende Positionen erarbeiten muss. Sich da von vorneherein auf eine Linie festzulegen, vermeiden CDU und GALF jedoch bewusst. Reif verweist darauf, dass die vergangenen fünf Jahre von Themen geprägt gewesen seien, von denen zu Beginn der vorigen Amtszeit des Parlaments noch nicht die Rede gewesen sei.

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