Nach dem Ortsbeirat Wicker erhielt nun auch der Bau- und Umweltausschuss der Stadtverordnetenversammlung ein Update zum Projekt neue Feuerwache. Langeweile kam dennoch selbst bei den Wickerer Vertretern im Ausschuss nicht auf, denn statt der allgemein gehaltenen Ausführungen von Bauamtsleiterin Kirsten Thürmer präsentierte diesmal Marc Jacobs von der Königsteiner Planungsgesellschaft Jacobs den Sachstand, inklusive der bisher noch nie gehörten Kostenschätzung.
Der Wortteil „Schätzung“ könnte den einen oder anderen bereits wieder nervös machen, zumal die Erfahrung sich stets deutlich verteuernder Bauprojekte als Unsicherheitsfaktor sowieso über allem schwebt. Aber die Gremien wollten allmählich mal hören, in welche Richtung es bei dem Projekt gehen wird – da konnte Jacobs durchaus helfen.
Er legte seinen Bericht als Vergleichsstudie mit dem auch schon von seinem Büro betreuten Neubau der Weilbacher Feuerwache an. Die dortige Wehr verließ im Frühjahr 2019 das Feuerwehrhaus im Faulbrunnenweg, im Mai wurde in der Industriestraße das neue Gebäude eingeweiht. Kostenpunkt seinerzeit laut Jacobs: 7,505 Millionen Euro. Verzerrungen bei dem Vergleich ergeben sich zwangsweise über die seither angestiegenen rechtlichen Vorgaben. So werden in Wicker 1,5 statt 1,2 Quadratmeter pro Einsatzkraft an Platz im Umkleidebereich vorausgesetzt. Die Breite der Alarmwege eines Feuerwehrgebäudes sei auf 1,80 Meter statt 1,40 Meter angewachsen. „Hohe Anforderungen gibt es auch an den Wärmeschutz und bei der Be- und Entlüftung“, erläuterte Jacobs.
Anders als noch in Weilbach, sind in Wicker Computer-Arbeitsplätze eingeplant, sogenannter „Workspace“. Ein wichtiger Aspekt, um die Attraktivität eines Dienstes im Feuerwehrgebäude zu erhöhen. In Wicker wird der Bau zudem schon deshalb deutlich teurer werden, weil im kleineren Stadtteil deutlich mehr Aktive am Werk sind als in Weilbach – 58 gegenüber 33 laut Angaben der Wehren. Insgesamt stehen daher 3.329 Quadratmeter Baugrundstück in Weilbach 4.739 Quadratmetern in Wicker gegenüber, die Bruttogrundfläche liegt bei 1.510 statt 881 Quadratmetern.
Dann gibt es da noch ein kleines, unerwartetes Problem im Untergrund, denn die Baufläche ist ein Traum für Wünschelrutengänger. „Das Grundstück liegt über einem Flusspfad bei Starkregen“, erläuterte der Planer. Das bedeutet konkret: „Das Gebäude wird etwas angehoben.“
Das alles ist nichts gegen eine andere Entwicklung seit dem Projekt in Weilbach, denn die Baukostensteigerung seit damals beträgt satte 45,4 Prozent. Das machte über 3,407 Millionen Euro aus, würde in Wicker hinter dem DRK-Heim eine Kopie der neuen Weilbacher Wache entstehen.
Mit dem erklärten vergrößerten Rahmen kommt Jacobs derzeit auf 12,158 Millionen Euro brutto (also mit Mehrwertsteuer), wobei er die ersten anstehenden Schritte mit 742.000 Euro für alle bauvorbereitenden Maßnahmen und 703.000 Euro für die öffentliche Erschließung schon konkret benennen kann.
Wer jetzt denkt, das ist doch ein öffentliches Projekt für eine wichtige Institution, da muss es doch jede Menge Fördertöpfe für geben, dem musste Thürmer die bittere Wahrheit vermitteln. Die Stadt hat den Förderantrag natürlich fristgerecht zum 30. August gestellt und darf mit vollen 254.000 Euro aus dem Landeshaushalt rechnen, der bestehenden Obergrenze für Zuschüsse bei Neubauten von Feuerwehrgerätehäusern. Der Bescheid wird im Juni kommenden Jahres erwartet. „Es sind uns keine anderen Fördermittel bekannt“, stellte Thürmer klar, nicht davon auszugehend, dass sich da noch andere Möglichkeiten auftun.
Jacobs geht von der Einreichung des Bauantrags im November aus. Energetisch sei noch „alles in der Diskussion“, etwa ob eine Solaranlage ihren Beitrag leisten soll und wie geheizt wird. Wegen der riesigen Fahrzeughalle sind KfW-Standards in Feuerwehrgebäuden kein Thema. Zu klären ist noch, ob die Zufahrt über den Prälat-Müller-Weg erfolgen wird, also von der Ampelkreuzung einmal ganz hintenrum oder der beim Ausrücken kurze Weg zur B 40 genutzt werden kann.
Das Gebäude erfülle lediglich die gesetzlich vorgegebenen Standards, betonte Jacobs, alleine die Workspace-Plätze seien dazugekommen. Insgesamt wird das neue Haus nicht weniger als die vierfache Dimension der alten Wache am Kreisel erreichen, was Stadtbrandinspektor Peer-Eric Neugebauer und Ortsvorsteherin Luana Schnabel sogleich mit Schilderungen der untragbar engen Verhältnisse im jetzigen Gebäude beantworteten. In Weilbach hat das Projekt offenbar nicht die Dimensionen erreicht, die Neugebauer als Weilbacher Wehrführer auch heute noch für sinnvoll halten würde. „Uns wurde damals gesagt, ein Anhänger brauche keinen Platz“, erinnerte er sich. „Ich kann zeigen, dass er doch Platz braucht.“
Offenbar ist das Projekt in Wicker nicht so knauserig angelegt.