Am 5. Mai gab der Verein der Akkordeonfreunde 1955 Flörsheim unter der Leitung von Wolfgang R. Wagner zusammen mit dem Gesangsverein Einigkeit 1898 Gustavsburg, geleitet von Sebastian Hernandez-Laverny, in der Flörsheimer Stadthalle ein großartiges Konzert unter dem Motto „Berliner Operette“. Außer den beiden Vereinen traten als Solisten Cordelia Hanus, Patrick Hörner und Kammersänger Jürgen Rust auf, der Chor wurde unterstützt durch den Extrachor des Staatstheaters Mainz.
Schon das erste Stück, welches die Akkordeonfreunde spielten, brachte die Stärken ihres Instrumentes gut zur Geltung – mal mit viel Schwung, mal melancholisch, mal aufbrausend bewegten die Musiker sich und ihr Publikum „Im Reich des Indra“. Als zum zweiten Lied, ebenfalls aus dieser Revue-Operette von Paul Lincke, der Chor beschwingt die Bühne betrat, wie auf einer Berliner Promenade flanierte und sich dort gegenseitig wohlgelaunt begrüßte, ahnten die Zuschauer schon, wie unterhaltsam und vielseitig dieser Konzertabend werden würde, durch welchen Moderator Eckhart Wagner sie leicht plaudernd und erklärend führte.
Hatte schon zu Beginn nicht jeder Zuhörer ein wippen und mitschwingen zur Musik unterdrücken können, waren nach dem stimmgewaltigen, wunderbar schmetternden Vortrag von Patrick Hörner von „Solang noch unter Linden“ mit der berühmten Zeile „Berlin bleibt doch Berlin“ die ersten Bravo-Rufe zu hören. Die weibliche Stimme im Konzert brachte Cordelia Hanus ein – und sie war ein ideales Pendant zur kräftigen Tenorstimme, klar und melodiös, mit viel Energie und Sensibilität, genau passend etwa für die Arie „Strahlender Mond“ von Eduard Künneke. Das Publikum honorierte ihren „strahlenden“ Vortrag mit ergriffenem, aber dennoch brausendem Applaus. Nicht nur im Duett „Traumschöne Perle der Südsee“ wurde deutlich, wie gut die Stimmen der Sängerin Cordelia Hanus und des Sängers Patrick Hörner, stimmgewaltiger Tenor und zarter Sopran, miteinander harmonieren, auch in den nachfolgenden Medleys konnten sie überzeugen.
Am meisten Spaß gebracht hat dem Publikum in diesem Konzert aber sicher Kammersänger Jürgen Rust, der als typische „Berliner Schnauze“ hemdsärmelig, ohne Schlips, mit Weste und mit „Schlägermütze“ auf den widerspenstigen grauen Haaren, den Zuhörern vom „Künstlerball bei Kroll“ und von „Zickenschulze“ halb gesungen, fast mehr gesprochen, parodistisch erzählte. Schon während des rasanten Vortrags, von Sebastian Laverny am Klavier begleitet, konnte mancher im Publikum sich kaum noch halten vor Lachen, am Ende folgte tosender Beifall. Von Jürgen Rust könnte so mancher moderne „Rapper“ sicher viel über Atemtechnik und Sprechgeschwindigkeit lernen – aber „richtig“ singen kann er natürlich auch, was er mit der Interpretation von „Seh’n Se, det is Berlin“ und dem Evergreen „Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin“ unter Beweis stellte.
„Das war ein ausgesprochen schön zusammengestelltes, anspruchsvolles Programm“, lobte Tenor Patrick Hörner, der nicht nur Gesang, sondern auch Geschichte, Germanistik und Politik studiert hat, die Veranstalter, „schade, dass nicht mehr Zuhörer da sind. Kein Wunder, dass es immer weniger Vereine gibt, die so was stemmen. Dabei ist das unsere Kultur, daran muss man immer wieder mal erinnern, die Kultur ist das, was unser Land wieder hat aufleben lassen – Wirtschaft und einzelne Menschen sind austauschbar!“
Immerhin etwa 200 Zuhörer und Zuhörerinnen waren in die Flörsheimer Stadthalle gekommen – mag sein, dass es mehr gewesen wären, hätte das gleiche Konzert nicht am nächsten Tag im Heimatort des Chores noch einmal stattgefunden. Vielleicht hat man dort sogar dann vom fulminanten Konzert in Flörsheim profitiert, weil der eine oder andere Lust bekommen hat, sich alles noch einmal anzuhören. So wunderbar war die Veranstaltung der Akkordeonfreunde in Flörsheim – das Publikum kann nur hoffen, dass die ganz offenbar sehr glückliche Symbiose von „Chor-Verein“ und „Akkordeon-Verein“ mit weiteren Konzertveranstaltungen fortgeführt wird.
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