Großes Interesse an Podiumsdiskussion

Bürgermeisterkandidaten stellten sich den Fragen der Flörsheimer Zeitung und ihrer Leserschaft

Über 350 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten am Montagabend die Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in der Flörsheimer Stadthalle.

Es ist längst zur Tradition geworden, dass die Flörsheimer Zeitung im Vorfeld einer jeden Bürgermeisterwahl in ihrer Heimatstadt eine Podiumsdiskussion mit allen Kandidaten veranstaltet. Und nach wie vor stößt dieses Angebot auch auf ein großes Interesse innerhalb der Bevölkerung: Über 350 Bürgerinnen und Bürger wohnten der zweistündigen Veranstaltung am Montagabend in der Stadthalle bei und verschafften sich so ein genaueres Bild sowie eine fundiertere eigene Meinung in Bezug auf die vier Herren, die in den kommenden sechs Jahren gerne das Amt als Rathauschef ausüben wollen. Als da wären: Der amtierende Bürgermeister Dr. Bernd Blisch (CDU), der ehemalige Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD), Tobias Luger (dfb) sowie der parteilose Mimoun Houmami. Moderiert wurde die Diskussion von Guido Steinacker, Redakteur der Flörsheimer Zeitung.

Projekte und Ziele

Zunächst hatten die Kandidaten die Gelegenheit, sich dem Publikum vorzustellen sowie ihre Ziele und Motivationen zu formulieren, bevor tiefer in Sachthemen eingetaucht wurde.

Blisch sieht Flörsheim nach wie vor als "seine Stadt" an, und er möchte diverse in den vergangenen Jahren begonnene Projekte gerne selbst zum Abschluss bringen, wie beispielsweise die Weilbacher Umgehungsstraße, bei der es gerne gesehen hätte, "wenn das noch viel schneller gegangen wäre." Gegen den Strich geht ihm die Denke, wenn Flörsheim "fast wie ein Stadtteil von Rüsselsheim" angesehen wird. "Nein, das sind wir nicht", stellte Blisch deutlich fest. Man sei "was ganz anderes als dieses Rüsselheim da drüben", und der CDU-Kandidat will lieber Flörsheim als Gegenentwurf aufstellen: Als Stadt, die auch mit Einfamilienhäusern verdichtet werden kann, die nicht mehrere hundert Sozialwohnungen braucht und deren Stadtgesellschaft sich untereinander kennt und aktiv zusammenlebt, ohne die Anonymität einer Großstadt.

Als "große Erfolgsgeschichte" seiner Amtszeit sieht er vor allem die Entwicklung des ehemaligen Krankenhauses: Zum Zeitpunkt seines Amtsantritts 2018 war dieses geschlossen, eine Lösung schien nicht in Sicht, Vorschläge wie die dortige Schaffung von Sozialwohnungen wurden diskutiert. Letztendlich wollte man an gleicher Stelle wieder medizinische Versorgung anbieten, "das haben wir hinbekommen", so Blisch. Neben einigen seniorengerechten Wohnungen könne man dort heute vom MRT bis hin zur ambulanten Versorgung alles in diesem Gebäude finden. "Die medizinische Versorgung ist für lange Zeit sicher", resümierte der amtierende Bürgermeister.

Michael Antenbrink begründete seine erneute Kandidatur damit, dass Flörsheim mittlerweile zu seiner Heimat geworden ist und es ihn schmerzt, wenn er sieht, dass Themen und Projekte, die er in seiner zwölfjährigen Amtszeit aufgesetzt hat, in den vergangenen sechs Jahren nicht so fortgeführt wurden, wie er es sich gewünscht hätte. "Ich merke, dass einiges in dieser Stadt nicht so läuft, wie es laufen könnte. Vieles könnte schneller gehen", so Antenbrink, und nach 50 Jahren politischem Engagement würde er seine Erfahrung gerne nutzen, um Flörsheim weitere sechs Jahre lang voranzubringen und gleichzeitig die Identität der Stadt zu bewahren.

Wohnraum und Stadtentwicklung

Besonders am Herzen liegt Antenbrink das Thema Wohnungen. Seiner Ansicht nach wird in Flörsheim zu wenig getan für bezahlbaren und barrierefreien - und damit altersgerechten - Wohnraum; das Thema werde immer "wegdiskutiert". Antenbrink verweist hier auf das Baugebiet Krimling, wo man schon 2014 versucht habe, dies auf den Weg zu bringen. 2023 sollte die Offenlage für den Bebauungsplan geschehen, passiert sei bis heute nichts. "Man sieht, welchen Stellenwert man dem Thema Wohnungsbau und bezahlbarem Wohnraum einräumt", so der ehemalige Rathauschef. Ebenso kritisierte er, dass im Stadtentwicklungsplan als dringend notwendig erachtete Flächen, ebenso wie die Flächen für weitere Gewerbegebiete, nicht in der Fortschreibung des regionalen Flächennutzungsplan enthalten sind. Hier habe nach Ansicht von Antenbrink "die Stadt etwas versäumt oder nicht genug Druck ausgeübt", und diese Art von "nachlässigem Umgang" würde er als Bürgermeister auf jeden Fall ändern.

Wille und Wertschätzung als Triebfeder

Tobias Luger ist unzufrieden mit der aktuellen Situation in Flörsheim, insbesondere in Hinblick auf die Stadtentwicklung, die beispielsweise beim Herrnberg in eine unerwünschte Richtung gelaufen ist. Ein weiterer Kritikpunkt ist für ihn die Situation in den Kindertagesstätten: Die dortigen Erzieherinnen und Erzieher seien "absolut überfordert", und Luger sieht hier mehrere vielversprechende Lösungsansätze, die er - wie alles andere auch - mit besonderem Tatendrang anzugehen gedenkt: So hat er in der vergangenen Woche eine halbe Stunden lang am Telefon verbracht um in Erfahrung zu bringen, wen er denn alles für die unbesetzten Stellen im Erziehungsbereich rekrutieren könne. Das Ergebnis präsentierte er in der Stadthalle als Liste mit 20 Fachkräften, die sofort für ein Personalgespräch in einer Kita zur Verfügung stünden. Und damit nicht genug: Luger brachte drei Themen ins Spiel, mit denen er glaubt, das Thema Personalmangel in Kitas "sofort ad acta" legen zu können. Da wäre zum Beispiel die Ausbildung zur "Kinderpflegerin", die besonders Quereinsteiger ansprechen soll, als Vorstufe zum Erzieher zu sehen ist und nur elf Monate dauert.

Ebenso habe man in Flörsheim zwar 180 Erzieherinnen und Erzieher - aber das sei dennoch in den Augen von Luger zu wenig, da immer jemand ausfalle und man deshalb einen permanenten Überhang von "zehn Prozent locker" brauche. "Die Leute immer am Limit laufen zu lassen, kann auch nicht gesund sein", so der dfb-Kandidat.

Und dann gebe es noch das "Oma-Opa-Modell", in dessen Rahmen engagierte Seniorinnen und Senioren zum Beispiel an zwei Tagen in eine Kita gehen können, um den Kindern dort etwas vorzulesen: "Auch das bringt schon Entlastung für jemanden." Man könne das alles machen - aber man müsse es eben auch wollen.

Ebenso hat Luger kein Verständnis dafür, dass sich der Bau der Umgehungsstraße so lange hinzieht: Er würde hierfür, so wie er es auch bei sich in der Firma handhabt, ein Projektteam ins Leben rufen und dieses mit Leuten füllen, die in dieser Angelegenheit besonders motiviert sind, wie zum Beispiel Mitglieder der Bürgerinitiative "Weilbach wehrt sich". Man müsse Menschen mobilisieren, "die wirklich agieren möchten". Dies sei seiner Meinung nach der schnellste Weg, um solche Themen voranzutreiben.

Mimoun Houmami wirft vor allem seine berufliche Erfahrung in die Waagschale: Der Verwaltungsbeamte hat unter anderem 15 Jahre lang im Bereich Bürgerservice gearbeitet, und dabei war es ihm stets wichtig, dass die Anliegen der Menschen für diese zufriedenstellend bearbeitet und gelöst werden. Und genauso sollten die Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie die Gewerbetreibenden, auch zufrieden in ihrer Stadt leben können.

Deshalb würde er im Falle der Wahl zum Bürgermeister der Stadt Flörsheim auch zunächst das Thema Stadtverwaltung angehen. Beispielsweise möchte er einen schärferen Fokus auf Zeitmanagement legen: In Ausschreibungen will er fixieren, wann ein Projekt beendet sein muss. Hierfür bräuchte man qualifizierte Mitarbeiter, die man wertschätzt. Mit der richtigen Motivation könne man Houmami zufolge auch dafür sorgen, dass "man auch gerne samstags und sogar sonntags auf die Arbeit" komme. Mit einer gewissen Zufriedenheit und Wertschätzung würde man auch für seinen Arbeitgeber gerne "nicht nur 100 sondern 150 Prozent" geben.

Wahltermin: Sonntag, 9. Juni

So entwickelte sich eine informative und launige Podiumsrunde, bei der vor allem die Kandidaten von CDU und SPD auch kontrovers direkt miteinander diskutierten. Alle vier Wahloptionen hatten ausreichend Gelegenheit, sich und ihre Vorstellungen dem Publikum zu präsentieren, und zum Schluss formulierte Guido Steinacker noch den Appell, unbedingt am Sonntag, 9. Juni, wählen zu gehen und möglichst viele Menschen im eigenen Umfeld dazu aufzufordern, dies ebenfalls zu tun. Gegebenenfalls natürlich auch nochmal am Sonntag, 23. Juni, sofern eine Stichwahl notwendig werden sollte. Dieser Aufruf, wie auch die gesamte Veranstaltung, wurde von den Zuschauerinnen und Zuschauern mit großem Applaus quittiert.

Und auch unseren Leserinnen und Lesern können wir nur empfehlen: Machen Sie am 9. Juni von Ihrem Wahlrecht Gebrauch und helfen Sie mit, für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu sorgen!

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