Eine Menschengeneration wird grob überschlagen mit 30 Jahren berechnet. So gesehen, erreicht die Kita am Mainturm in diesem Jahr genau das Alter, in dem die ersten Kinder von Eltern in die Einrichtung gebracht werden, die selbst schon Erinnerungen an den Besuch genau dieses „Kindergartens“ haben, wie die Kitas damals hießen. Tatsächlich bezog sich die Einrichtung am Samstag bei ihrer großen Geburtstagsparty ganz bewusst auf solch einen Generationensprung.
Allerdings musste man ein paar Jahre draufpacken, um das Motto „Jubiläumskerb“ zu verstehen, das sich Leiterin Stefanie Velten-Haas und ihr "Jubiteam" für den Nachmittag ausgedacht hatten. Denn damals, im September 1993, tobte während der Eröffnung der neu erbauten Einrichtung in Flörsheim gerade die Kerb. Und so begrüßten der damalige Kerbevadder Daniel Schleidt und seine Mitstreiter vom Kerbejahrgang die Besucher des Einweihungsfestes – und wiederholten diese Geste nun drei Jahrzehnte später beim runden Geburtstag der Einrichtung.
Einige der Ex-Kerbeborschen waren sogar in die Vorbereitung des enorm aufwändig gestalteten Festes eingebunden. Eigentlich hätten die Kita-Einweihung und die Kerb 1993 nicht am selben Wochenende stattfinden sollen, denn die Einrichtung nahm schon im März den Betrieb auf. Aber – das kommt besonders den Weilbachern aktuell sehr bekannt vor – die Kita wurde nicht rechtzeitig fertiggestellt. Das halbe Jahr Verzögerung verbrachten Erzieherinnen und Kinder im Galluszentrum, was nun wiederum aktuell nicht mehr als Notlösung in Frage käme.
Velten-Haas überblickt fast die gesamte Geschichte der Einrichtung, in der heute in drei Gruppen bis zu 75 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren betreut werden. Nach drei Jahren übergab nämlich die „Gründungsleiterin“ Anita Denz die Führung an Velten-Haas. Den kompletten Überblick über die 30 Jahre hat vom Personal Anne Elsenheimer, die seinerzeit als Betreuungskraft in der neuen Kita tätig war und bis heute auf Basis eines Minijobs einmal in der Woche in der Einrichtung arbeitet.
Velten-Haas dankte bei ihrer Begrüßung der Gäste von der überspannten Bühne am Kitagebäude explizit auch dem damaligen Hauptamtsleiter Hans-Dieter Darmstadt, der sie seinerzeit eingestellt hatte – offenbar nicht die schlechteste Wahl des heutigen Stadtarchivars. Denn solch eine Konstanz im Personal, nicht nur in der Leitung, sondern auch bei den weiteren Bediensteten, ist längst nicht überall gegeben. Auch Bürgermeister Bernd Blisch verwies bei seinem Grußwort auf die Parallelität zwischen seiner eigenen und der Geschichte der Einrichtung, wechselte er doch im Jahr 1993 von seinem Job an der Mainzer Uni zurück in seine Heimatstadt.
„Hier wird nicht nur die Arbeit gemacht, die gemacht werden muss, sondern viel darüber hinaus“, lobte Renate Mohr die Arbeit des Teams um Velten-Haas, die zusammen mit der Ersten Stadträtin und dem Bürgermeister die Geburtstagstorte anschnitt und auf Tellern verteilte.
Mit „Zum Jubiläum laden wir euch ein“, nach der Melodie des Klassikers „Let Your Love Flow“ (oder für Liebhaber schlüpfriger Interpretationen „Ein Bett im Kornfeld“) begrüßten Velten-Haas und ihr Erzieherinnenteam die zahlreichen Kinder, Eltern und sonstigen Besucher des Jubiläumsfestes. Die Angebote auf dem Kitagelände und darüber hinaus waren in der Tat eine Einladung, den Nachmittag komplett auf der auf rund fünf Stunden ausgelegten Jubiläumsparty zu verbringen.
Die Kita nutzte ihren Lagevorteil aus, nicht an einer Straße, sondern an der Dr. Georg-von-Opel-Anlage zu liegen, um die Stände zu platzieren, die dem Motto gerecht werdend eine Kerbeplatz-Atmosphäre schufen. Sie boten die von der Kerb bekannten Attraktionen aus Spaß und Spiel wie Dosenwerfen, Enten angeln und sogar ein kleines Kinderkarussell. Aber auch die typischen kulinarischen Angebote wie Popcorn, Zuckerwatte, Waffeln und Donuts fehlten nicht, zudem gab es Pommes, Bratwürstchen und Brezeln.
Auf der Bühne ging es nach den Begrüßungen mit einem vielseitigen Programm an Präsentationen weiter, moderiert live und aus dem Off von Olaf Wagner. Die Kinder hatten in ihren Gruppen eine rasante Abfolge an Bühnendarbietungen erarbeitet, das dadurch, wie Daniel Schleidt anmerkte, eher an einen Zirkus denn an die Kerb erinnerte. Das war genau so beabsichtigt, denn der „Wanderzirkus“ der Theater-AG brachte sein Können unter Anleitung des „Jubiteams“ zur Aufführung. „Unser Wochenprogramm mit den Kindern ist sehr vielfältig und spiegelt sich in dem Bühnenprogramm wider“, erläuterte Velten-Haas. So begegneten den Zuschauern Clowns, Akrobaten, Zauberer, eine Schlangenbeschwörerin und Pferde in der „Little Horses“-Show. Geturnt wurde auch – am Ende hatten alle Kinder ihre Rolle ausgefüllt.
Nach einer längeren Pause ging es mit den nächsten Vorführungen auf der Bühne weiter, die Gruppen der Tanz-AG zeigten ihr Können. Als weiteres Highlight war die Versteigerung eines von einem Baumarkt gespendeten Riesen-Pools vorgesehen. Velten-Haas verweist darauf, dass einige Flörsheimer Geschäfte und Restaurants Gutscheine oder Sachpreise für die Tombola spendeten.
Ein erstaunlich großer Aufwand war es, den die Kita mit ihren Bediensteten, den Kindern, Eltern und sonstigen Unterstützern für einen einzigen Nachmittag betrieben – aber das geht schon mal, wenn eine Gemeinschaft funktioniert. Dass dies in der Kita am Mainturm der Fall ist, war an Samstag unzweifelhaft zu erkennen.
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