Die raren Bauflächen und die "Millionärsvilla"

"In der Krimling" in der Diskussion": Frühzeitige Beteiligung trotz Einwände von SPD und FDP beschlossen

Der Wiesenring (l.) soll mal Zugangsweg zum Baugebiet "In der Krimling" werden, das auf der Ackerfläche südlich der Weilbachhalle entstehen soll.

Eine erstaunlich ausführliche Debatte angesichts der vorangegangenen Diskussion im Fachausschuss widmete die Stadtverordnetenversammlung in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause der Diskussion um die Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit am Weilbacher Bebauungsplan „In der Krimling“. Zwar waren die Argumente, ob der Entwurf nun detaillierte Vorgaben an die Art der Bebauung, die Gestaltung der Wege und weitere Themen der Ausgestaltung enthalten soll, bereits im Bauausschuss hinlänglich ausgetauscht worden (die FZ berichtete).

Die SPD hatte zwischenzeitlich allerdings nachgelegt und einen kompletten Überblick über die Wünsche und Bedenken der Fraktion zum von der Verwaltung vorgelegten Entwurf eingereicht. Das Papier wurde nicht als Antrag behandelt, sondern als „Änderungshinweise“ in die Diskussion und zur Protokollierung beigefügt. An der Haltung der Mehrheit zum Thema Änderungsbeschlüsse zum Entwurf vor dessen Freigabe zur Öffentlichen Beteiligung hatte sich nichts geändert – CDU, GALF und die Freien Bürger wollten partout angesichts des noch langen Weges des B-Plans bis zur endgültigen Verabschiedung nicht in die Vorlage eingreifen.

SPD und die FDP, die es ebenso vorgezogen hätten, über Änderungen jetzt schon zu entscheiden, lehnten die Beschlussvorlage entsprechend ab. Das war auch eine Frage des Vertrauens der Opposition in die Beschwichtigungen, alle Möglichkeiten zu Veränderungen werden im Laufe des Verfahrens noch genutzt werden können. Philipp Moritz (SPD) fühlte seine Fraktion von CDU und GALF schon deshalb bei dem Thema „In der Krimling“ gezielt ausgegrenzt, weil aus der Koalition die Behauptung zu hören gewesen sei, die SPD habe „sich noch nie zum Krimling geäußert“. Das sei angesichts einer Eingabe an die Verwaltung vom Januar 2022 definitiv falsch, wiedergefunden habe seine Fraktion die Stellungnahme in dem nun vorliegenden Entwurf allerdings nicht.

Moritz vermutet, dass es in der Koalition sehr genaue Absprachen darüber gibt, was in dem Baugebiet gewollt ist und was nicht. Der Entwurf sieht durch den kurzen Weg der Fraktionen in die Verwaltung daher so aus, wie er aussieht, ist offenbar seine Schlussfolgerung – und das ist in einigen wichtigen Punkten nicht nach dem Geschmack der Sozialdemokraten. „Eine Zusammenarbeit mit der Regierungskoalition ist so nicht möglich“, schlussfolgerte Moritz und begründete das Papier seiner Fraktion damit, „dass uns in drei Jahren nicht vorgeworfen wird, wir hätten den Entwurf ja ablehnen können“.

Es gebe genügend Möglichkeiten, Änderungswünsche auf Basis einer Eingabe während der Öffentlichen Beteiligung vorzubringen, wiederholte Marcus Reif (CDU) die Position der Koalition. Dachformen, die Laternen oder Parkflächen seien aber Themen, „die in eine frühzeitige Beteiligung nicht reingehören“. Er sehe keinen Grund, diese üblichen Planungsschritte zu verbiegen. In einem Exposé zu möglichen Wohnformen habe er „von Millionären nichts gesehen“. Er sehe den Krimling vor allem als Angebot an Familien, „die sich das Geld dafür hart erarbeiten“. Wenn beim derzeitigen Grundstücks-Quadratmeterpreis zwischen 600.000 und 700.000 Euro für ein Reihenhaus anfielen, dann sei das eigentlich zu teuer. „Aber wo ist der Vorwurf an die Stadt – das ist der Markt“, betonte der CDU-Fraktionschef.

Auch Frank Laurent (GALF) betonte, dass in diesem Stadium über nicht mehr als einen Vorentwurf geredet werde, „das ist ein grober Plan, der gewisse Dinge vorgibt, aber am Ende des Tages sind wir es, die den Beschluss zu treffen haben – und es kann noch keiner sagen, wie die Vorlage aussehen wird“. Der Fraktionschef hielt der SPD-Kritik eines falschen Häusermixes mit zu vielen Einfamilienhäusern entgegen, dass in einem „Vor-Vor-Vorentwurf ausschließlich Einfamilienhäuser geplant waren, das ist jetzt anders“.

Sorgen macht Laurent sich, dass es angesichts der bisher fehlenden Zusagen von Eigentümern zum Verkauf ihrer nunmehr Baugrundstücke an die Stadt zu einem Zeitverlust für die Öffnung der Kita im Norden des Plangebietes kommen könnte. Auch der GALF-Fraktionschef kann sich nicht erinnern, dass SPD oder FDP reagiert hätten, als 2021 die Aufforderung der Verwaltung an die Fraktionen kam, ihre Vorstellungen zum Baugebiet einzureichen.

Dem widersprach für seine Fraktion Thorsten Press (FDP). „Wir haben uns kritisch geäußert, weil wir grundlegende Dinge sehen, die wir vorher geklärt haben wollen.“ Nämlich sich zu fragen „was wir wollen“. So erschließe sich ihm nicht, warum die Wegfortführung am Bach als wiesenähnliches Gelände statt als fester Weg vorgesehen sei. Von den Eingaben, die seine Fraktion gemacht haben, „wurden manche berücksichtigt, andere nicht“. So sei es ihm wichtig, dass die Weilbachhalle als Sport- und Veranstaltungshalle erhalten bleibe, „ebenso die tollen Spielmöglichkeiten“. Daher kommt Press mit der Busumfahrung südlich der Halle, zu einer Haltestelle, die an der östlichen Ecke des Hallengrundstück zur Schulstraße entstehen soll, gar nicht klar - da dies nicht ausgeräumt wurde, verweigerte auch die FDP ihre Zustimmung.

SPD-Fraktionschefin Melanie Ernst erläuterte, dass sie sich vor allem an den bis zu 600 Quadratmetern Grundstückfläche laut Planentwurf gestoßen habe. Zwar handele es sich um eine Vorplanung, „aber es soll ein Beschluss mit Rechtskraft entstehen“. Die Entwürfe seien „Signale, die gegeben werden müssen, denn hier geht es auch im Steuergelder“. Einfamilienhäuser mit großen Grundstücken „kann man sich heute einfach nicht mehr leisten“.

Für die Freien Bürger ist der vorliegende Entwurf unproblematisch. Der Hauptwunsch der Fraktion von Zafer Kurban ist kein Bestandteil einer Bauplanung, denn ihr geht es vor allem um den Verkauf der Grundstücke nach dem Einheimischenmodell, „damit sie nicht wie in der Keltenstraße zum Teil ungenutzt bleiben“. Mit dem Plan sei seine Fraktion bis auf Details einverstanden. Vor allem, dass die Kita mit eingeplant wird lobte Kurban, das genügte für die Zustimmung seiner Fraktion, auch wenn er "ungenutzte Potenziale" sehe.

Die Forderungen der SPD

Irgendwann werden die Fraktionen ganz konkret entscheiden müssen, welcher Wohnmix für „In den Krimling“ als passend angesehen wird. Das SPD-Papier kritisiert explizit, dass der Vorentwurf die Vorgabe des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) missachte. Der Begriff „Krimling“ kommt im Ende 2021 verabschiedeten ISEK allerdings genau einmal vor: bei der Auflistung der potenziellen neuen Wohngebiete in allen Stadtteilen. Das Weilbacher Projekt, das es im Abschlussbericht zum Leitprojekt brachte, widmet sich der Aufenthaltsqualität im alten Ortskerns.

Aber das ISEK benennt allgemein auf die gesamte Stadt bezogen bei der Stärken/Schwächen-Analyse für Flörsheim in der Tat als Schwäche den mangelnden Sozialen Wohnungsbau und den geringen Anteil an kleinen Wohnungen. Der „Wohnungsbestand ist nicht an der Nachfrage angepasst“, heißt es in dem Papier. Ein hohes Mietniveau und einen „sehr niedrigen Bestand an gefördertem Wohnraum“ hält das ISEK für die Stadt fest.

Nicht für Weilbach oder gar Im Krimling konzipiert, sondern allgemein gesprochen stellt das Dokument im Kapitel „Wohnen/Infrastruktur“ eine konventionelle und eine an der Verbesserung der vorgenannten Situation orientierte Planung eines Neubaugebiets gegenüber. Das im Unterkapitel „Nachhaltiges Wohnen – dicht, urban, grün“ aufgeführte Beispiel ähnelt in seinem Grundriss dem des Baugebiets „Im Krimling“ verdächtig, ist tatsächlich aber eine Ecke kleinflächiger. In ihm finden sich jedoch entscheidende Elemente im nun diskutierten Vorentwurf wieder, so die „Entwicklungsfläche“ im Nordosten – jetzt als Kitafläche ausgewiesen – und die Straßenführung. Nur ist es eben der konventionelle Entwurf, an dem sich der Planentwurf orientiert, nicht der vom ISEK empfohlene alternative Herangehensweise.

Die orientiert sich an der Maßgabe, dass die Zeiten der Bauprojekte zugunsten freistehender Einfamilienhäuser angesichts der Flächenknappheit vorbei sein sollte. In der vorgeschlagenen Aufteilung sind auf dem vergleichbaren Areal neben Reihenhäusern in mehreren getrennten Blöcken Mehrfamilienhäuser mit zehn bis 14 Wohneinheiten zu sehen. Der vorliegende Planentwurf reagiert allerdings sehr wohl auf den Vortrag im ISEK, als der dort gezeigte konventionelle Entwurf ausschließlich Einfamilien- und Doppelhäuser aufführt, diese Spezifikation fehlt im Plan.

Die SPD bezeichnet den Entwurf insgesamt als Planung von „Millionärsvillen“, er genüge zudem durch den verschwenderischen Umgang mit Flächen „nicht den Mindestanforderungen an einen zeitgemäßen Klimaschutz“. Die Stadt Flörsheim "hat viel Aufwand und Geld in die Erarbeitung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes investiert. Bei der vorgelegten Planung wird aber erneut bewiesen, dass sich die politische Mehrheit aus GALF und CDU bei ihren Entscheidungen von anderen Kriterien leiten lässt und sich regelmäßig über die Empfehlungen des von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Stadtentwicklungskonzeptes hinwegsetzt“, kritisiert Fraktionschefin Ernst.

An der Dichtevorgabe des Regionalplanes Südhessen orientiert (50 Wohneinheiten je Hektar), kommt die SPD für das Gebiet (1,83 Hektar) auf 92 Wohneinheiten, geplant sind 78. Die Zahl der Vollgeschosse sollte daher von „maximal zwei“ auf drei geändert werden. Gebaut werden sollen „Im Krimling“ ausschließlich Reihen- und Mehrfamilienhäuser, wie im ISEK-Alternativvorschlag.

Deutlich mehr an diesem denn am konventionellen Vorschlag orientieren sich auch die Vorstellungen zu den Erschließungsstraßen im Baugebiet, die als Mischverkehrsflächen ohne Gehwege zu planen seien. Die SPD will wie FDP auch die Busumfahrt der Weilbachhalle streichen, die Haltestelle soll auf der Südseite der Schulstraße in Höhe des Kabelhauses als Bucht entstehen.

Auch zur Wärmeversorgung des Gebietes verlangt die SPD eine Festlegung auf ein zentrales Blockheizkraftwerk. Und: „Mindestens 30 Prozent der Wohneinheiten sind als Maßnahmen des geförderten Wohnungsbaus zu realisieren.“ Das, was der Magistrat bisher vorgelegt hat, sei in letzter Konsequenz „so nicht beschlussfähig“ und sollte vom Magistrat „für eine grundlegende Überarbeitung zurückgezogen werden“. Die einzelnen Punkte werden im weiteren Verfahren sicherlich immer wieder auftauchen.

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