So bunt und vielfältig wie schon immer

Die Fastnachtskampagne in Flörsheim endete mit den lange vermissten Umzügen durch die Gassen

Aus Weilbach nahm eine ganze Reihe Gruppen teil, so auch die Gemütlichkeit mit einem eigenen Wagen.

Nun ist sie auch schon wieder Geschichte, die erste „normale“ Fastnachtskampagne seit dem Jahr 2020 in der Hochburg Flörsheim – und die Närrinnen und Narren haben die fünfte Jahreszeit wieder ausgiebig gefeiert. Sowohl seit Januar bei der Saalfastnacht, als auch bei den Straßenumzügen, mit denen die Fastnacht an vier intensiven Tagen zwischen dem vergangenen Wochenende und Dienstagabend ins Finale ging – und seit Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei.

Am Mittwochabend gab es einen kleinen Nachschlag in Form eines „Kateressens“ im „Joffche“, da werden die Verantwortlichen auch erste Bilanzgespräche geführt haben, wie sie denn nun so war, diese Kampagne 2023. Rein an den Zahlen gemessen noch lange nicht wieder so pralle wie vor der Corona-Unterbrechung, was sich aber schon lange abgezeichnet hatte. Es gab weniger Sitzungen als von den Vereinen ursprünglich geplant und es dem üblichen Umfang aus „alten“ Zeiten entsprochen hätte.

Pi mal Daumen gerechnet, war bei der Saalfastnacht ein Schwund eines stattlichen Viertels bis Drittels an verkauften Karten zu verzeichnen, was für die Vereine ein Problem ist, sollte sich das in den kommenden Jahren nicht wieder einpendeln, denn die Sitzungen mussten mit demselben Aufwand zusammengestellt und vorbereitet werden wie im gewohnten Rahmen. Aber auch der Flörsheimer Straßenfastnacht erging es nicht anders. Statt 130 nur 104 Zugnummern gab es am Sonntag beim großen Umzug zu sehen. Auch beim Publikumsandrang gerade, was die Zaungäste aus der Region angeht, gab es schon ganz anderes Gedränge am Straßenrand als diesmal.

Dass es 2023 kein Gesetz war, dass die Fastnachtsumzüge nicht so angenommen wurden wie gewohnt, erfuhr eine größere Abordnung des Flörsheimer Narren Clubs (FNC), Organisator des hiesigen Umzugs, bei seinem Rosenmontagsausflug nach Mainz. Dort schauten geschätzt 600.000 Besucherinnen und Besucher zu, deutlich mehr als bis 2020 gewohnt. „Out“ ist der Karneval also nicht per se. Die FNC-Repräsentanten in der Fastnachtshochburg hatten am Montag in einem nicht unentscheidenden Punkt freilich mehr Glück als am Tag zuvor bei der eigenen Veranstaltung: Während in Mainz Bilderbuchwetter mit blauem Himmel, Sonne und Temperaturen um 15 Grad – Frühlingsgefühle inklusive – herrschte, mussten die Flörsheimer Umzugfans auf den Dienstag warten, um ähnlich gute äußere Bedingungen zu erleben.

Das „Maskentreiben“ auf der Altstadtroute, der dritte und letzte Umzug, war von den Wetterbedingungen her gesehen der schönste. Es ist die traditionelle „kleine“ Ausgabe des Umzugs, ausschließlich, aber auch nicht mit allen Flörsheimer Gruppen vom Sonntag. Ein sonniges Konzentrat der Ideen und Botschaften mit 16 Nummern und gerade 20 Minuten Durchlaufzeit, während es am Sonntag handgestoppte 1:06 Stunde dauerte, bis sich die 104 Zugnummern von der Plattstraße bis zur Hochheimer Straße durchgeschlängelt hatten.

Kinderumzug am Samstag

Beim Kindermaskenumzug der Kitas und Grundschulen am Samstag wurden zwar auch schon milde Temperaturen geboten, aber der Himmel war grau und es nieselte immer wieder ein wenig. Das ist besonders, wenn Kinder den Hauptpart spielen, nicht nett, aber die Strecke war mit nur rund einem Kilometer überschaubar lang. Zwölf Laufgruppen, vornehmlich aus Flörsheimer Kitas und Grundschulen, hatten sich angemeldet, die sich mit Eltern und Betreuerinnen auf den Weg machten und dabei von Musikgruppen begleitet wurden.

Als günstig erwies es sich für die Kita Purzelbaum, sich das Motto „Unterwasserwelt“ ausgesucht zu haben, die Quallen wurden durch durchsichtige Regenschirme dargestellt, wenigstens einige der Mitlaufenden waren so bestens geschützt. Aber einigermaßen hielt das Wetter, wäre auch ein Jammer gewesen, wenn nicht: Die meisten Gruppen hatten keine Mühen und Kosten gescheut, die Fußgruppen einheitlich zu kleiden. Auch die roten Kostüme der „Minilöscher“, der Kinderabteilung der Freiwilligen Feuerwehren in der Stadt, waren eben solche, die Hydranten darstellen sollten und keine Arbeitskleidung.

Die Kita Mainturm hatte als Motto ausgegeben, sich als „Fabelwesen“ zu verkleiden, was jeder für sich umsetzten durfte. Die Kita wies auch auf ihr Jubiläum hin, denn sie besteht in diesem Jahr 30 Jahre lang. Am auffälligsten, weil zahlenmäßig sehr stark vertreten und zudem giftgrün leuchtend angezogen, war die Kita St. Michael unterwegs. Die Gruppe hatte bei dem Umzug ein Heimspiel, weil die Wegstrecke über die Grabenstraße an ihrer Einrichtung vorbeiführte. Aber ob große oder kleine Gruppe: Nach der Rückkehr auf den Gallusplatz hatten sich alle Beteiligten das angekündigte „Platzkonzert“ verdient.

Vorlauf an der Kulturscheune

Einen Tag später hatte der große Flörsheimer Fastnachtsumzug einen gewissen Vorlauf. Der fand vor der Kulturscheune statt, wo die FNC-Garden aufmarschierten und Bürgermeister Bernd Blisch den Schlüssel für die Rathaustüren übergeben ließen. Dabei hatten FNC-Chef Heinz Schäfer und der entmachtete Verwaltungschef gedichtete Erklärungen abzugeben, die dann bei aller unterschiedlicher Sichtweise über die Notwendigkeit des Machtwechsels auf Zeit doch klarstellten, dass die närrischen Gesetze und Gepflogenheiten von allen Seiten akzeptiert werden.

Auf dem Platz nahm Schäfer und sein Stab anschließend zusammen mit Gardekommandeur Björn Ewald, der beim FNC auch der Wächter und Bediener der Kanone ist, die Parade der Gardekorporationen ab. Aber auch der Bürgermeister darf sich dabei überzeugen, dass die grün-gelbe Übernahme an eine sich ordnungsgemäß marschierende und sich nach der zweiten Runde brav in vier Reihen aufstellende Korporation erfolgt ist.

Eine gute Dreiviertelstunde hatten der Generalstab und die anderen FNC-Gruppen nach der Zeremonie Zeit, sich entlang des Aufstellungsweges von der Eddersheimer Straße bis zur Plattstraße am vorgesehen Platz einzufinden. Die eine oder andere Lücke blieb noch bis kurz vor dem Startschuss für Polizeihauptkommissar Michael Schulz, der mit seinem Dienstwagen dem Zug vorausfuhr und dabei auf dem Armaturenbrett stolz die FNC-Orden der vergangenen Jahre präsentierte.

Die Gruppen überholten Zugnummer für Zugnummer die anderen wartenden Teilnehmer, ehe es an der Ecke Plattstraße/Maler-Schütz-Straße am Generalstabswagen vorbei ging und damit hinein in die wartenden Massen. Gut, dass die Sanierung der Straße dann doch rechtzeitig abgeschlossen wurde, durften die Närrinnen und Narren sich sagen. Nach gerade 300 Metern ging es allerdings in die Kloberstraße und dann direkt rein ins dickste Vergnügen. Denn in der breiten Bahnhofstraße und in der Erzbergerstraße, in die der Zug nach der Parade an der kleinen Sitztribüne vorbei einbog, war der Besucherandrang besonders groß.

Hier wurden die Zugnummern auch moderiert und vorgestellt, entsprechend warfen sich die Gruppen an diesem Abschnitt ins Zeug. Vergeben waren zwar 104 Nummern, die setzten sich aber aus 27 heimischen und 18 auswärtigen Vereinen zusammen, die teilweise mehrere Formationen mitgebracht hatten, dazu kamen Privatgruppen. Diese Mischung macht es aus: viel Lokalkolorit, aber eben auch einige, meist seit vielen Jahren bestens bekannte, befreundete Gruppen und Vereine aus der Region. Das Kelkheimer "Blasorchester Hornau" hatte die weiteste Anreise aus dem Kreisgebiet. Jedoch war mit der Mainzer Ritter-Gilde, die FNC-Chef Schäfer engagiert hatte und die den abschließenden Wagen und Garden des Veranstalters vorausging, auch eine Gruppe aus der anderen Fastnachtshochburg an den Main gereist.

Erst als der Zug schon eine ganze Weile lief, ließen die Wolken die ersten Regentropfen los, aber es nieselte bis auf wenige Momente dann doch mehr als dass es regnete – ein für die Teilnehmenden wie Zuschauenden verkraftbarer Störfaktor. Dennoch war es vor allem für die letzte Zugnummer nicht schön, dass die Gassen dann doch recht nass waren. Die „Saubermacher“, die Truppe vom Bauhof, die direkt nach den letzten Gruppen den gröbsten Schmutz von den Straßen einsammelt, hatten es durch den Wasserfilm auf der Fahrbahn deutlich schwerer, ihre Arbeit zu erledigen.

Zu bieten hatten die Gruppen jede Menge einfallsreiche Kostümierungen und thematische Vielfalt. Politisch wird es dabei in Flörsheim nicht gerade. Die Fußgruppe der Caritas-Sozialstation Flörsheim/Hochheim waren da mit ihrer Kostümierung als „eierlegende Wollmilchsau“ vorne dabei, denn so setzten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz der Behauptung „Wir können alles“ die Überforderung der Sozialsysteme in Szene. Für die Energiewende warb der Gesangverein Volksliederbund mit Solarpanelen auf den Rücken der Herren und Sonnengebilden auf den Köpfen der Damen. „Heizung her und Heizung hie, wir machen unsere eigene Energie“, setzte der Verein das Krisenthema des Winters in unserem Land auffällig um.

Ebenso auffällig die Gruppe „Los Egalos“ mit ihren Regenbogen auf dem Rücken, die dazu betonten: "Egal, ob vierfarbbunt oder Regenbogen – heut’ juckt es keinen Hund“. Andere nutzten den Umzug eher, um auf ihre Künste aufmerksam zu machen. So gab es beim Vorbeimarsch der DJK SC Schwarz-Weiß Flörsheim an der Tribüne von einer Turnerin einen Salto in luftiger Höhe zu sehen, viele Hände fingen das Mädchen ordnungsgemäß auf. Der Verein wollte nebenbei schon jetzt die Stadt und Welt darüber informieren, dass es im kommenden Jahr einen sehr runden Geburtstag des Vereins zu feiern gibt, der 2024 nämlich einhundert Jahre bestehen wird. Schon mal vormerken.

Einen eigenen, größeren Block bildeten jeweils die Gastgruppen aus Okriftel (CC Mainperle) und Raunheim (CCR und Prinzess Margret Garde) sowie die vielen Weilbacher Aktiven. Der Stadtteil war mit den „Dreamboys“ der Germania, dem Carneval Verein Weilbach, der Gemütlichkeit sowie den Kerbeborsch 6091 stark vertreten. Die Wickerer hatten dagegen keine eigenen Formationen entsandt.

Die größte Anzahl an Wagen, Gruppen und Aktiven stellte freilich der vor allem dank seiner Tanzgarden breit aufgestellte FNC selbst. Beim Wagenbau mitzuhalten ist für Vereine, die nicht die Finanzierungswege wie die Straßenfassnachter-Korporation haben, garantiert nicht einfach. Die „Raabekazze“ und der „Mooadel“ sind Beispiele dafür, dass man es dennoch schaffen kann, immer wieder große Wagen auf den Weg zu schicken.

Interne Schau am Dienstag

Beim Dienstags-Umzug waren neben der Polizei und der FNC-Garde einige der Flörsheimer Gruppen noch einmal auf der weitgehend identischen Wegstrecke vom Sonntag unterwegs, Start- und Endpunkt waren aber der Parkplatz am Konrad-Adenauer-Ufer. Der Musikverein war diesmal in individueller Verkleidung zu sehen, aber die Altstadtborzeler mit ihren „Phönix-aus-der-Asche“-Kostümen, die Wandaale, die „Soko Flörsheim“, die „Zugvögel“, der GV Volksliederbund, der Mooadel, die Los Egalos, der CV Weilbach, die Panzerotti-Gang, die Raabekazze und die Schmotzer zeigten noch einmal ihre Kreationen. Alles geht in dem kurzen Zug etwas entspannter ab, ein Schwätzchen am Straßenrand ist für die Aktiven schon mal möglich – in dem Sinne hat es seinen Sinn, dass sich die Vereine innerhalb von zwei Tagen zweimal auf den längeren Weg machten.

Der Gallusplatz war an allen drei Umzugstagen hinterher Anlaufpunkt für die Aktiven und ihre Zuschauerinnen und Zuschauer, um noch ein wenig weiterzufeiern. Das war am Dienstag, schon, weil es noch Nachmittag war, als sich der Zug auflöste, nicht das Problem, der Platz füllte sich nur langsam und gemäßigt. Das war am Sonntag ganz anders und bereitete im Laufe des Abends ernsthafte Probleme, die es gar in den Polizeibericht schafften (siehe Bericht). Obwohl die Umzüge selbst für den FNC gut liefen, muss am Konzept für die „After-Umzug-Party“ wohl noch einmal gearbeitet werden. Vor allem, wenn der Umzug sich bei seinen nächsten Ausgaben wieder etwas größer gestalten sollten.

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