Die Landungen (bei Ostwind über Flörsheim mit 275 m und bei Westwind in Frankfurt-Sachsenhausen und Niederrad mit 500 m) haben für die betroffenen Menschen ein bis dahin nicht vorstellbares Ausmaß angenommen. Begriffe wie Folter, Apokalypse und Terror stellen die menschenverachtenden Überflüge noch viel zu harmlos dar und diese Stufe des Flughafenausbaus ist gegenüber den Menschen der Region nicht vertretbar.
Der Schockzustand in der Bevölkerung ist riesig und führt zu einer Protestwelle, die sich Woche um Woche steigert. Die Menschen begreifen, dass hier großes Unrecht geschieht und der Widerstand wächst in allen Bevölkerungsgruppen: Kinder, Senioren, Reiche, Arme, Gewerkschaften, Kirchen, Parteien (selbst die, die für den Ausbau gestimmt hatten) fordern, dass Lebensqualität und Gesundheit nicht dem Größenwahn nach Profit preisgegeben werden dürfen. Das seinerzeit von Koch geforderte „Sonderopfer“ ist nicht vereinbar mit den Maßstäben eines Sozialstaates. Die Grenze des Zumutbaren ist für Alle erreicht, und dort wo es heute noch einigermaßen leise ist, kann das morgen schon ganz anders sein.
Viele, teils sehr kreative Banner und Protestschilder zeigen, wie die Betroffenen leiden und was sie denken. Eine Petition an den Hessischen Landtag mit 40.000 Unterschriften, die wöchentlichen Montags-Demos am Flughafen mit Tausenden Teilnehmern und unzählige weitere Protestaktionen in der gesamten Region haben dazu geführt, dass der Unmut inzwischen doch bei der Landesregierung angekommen ist. Auch in den Medien ist das Thema Fluglärm inzwischen ständig vertreten; hat es doch die Protestversion von „Stille Nacht“ mit dem Text „Macht die Landebahn zu“ bis in die Tagesschau geschafft!
Durch all diesen Druck beruft unser Ministerpräsident noch im Dezember 2011 einen Fluglärmgipfel (ohne Beteiligung der betroffenen Städte), im Januar lädt er die Bürgerinitiativen zum Gespräch ein -doch es kommt weder zu einem Dialog auf Augenhöhe noch zu einem Ergebnis, Bouffier redet die Dinge nur schön und ist weder bereit, die Revision gegen das erteilte Nachtflugverbot zurückzunehmen noch Themen wie Ausweitung der Nachtruhe von 22–6 Uhr, Deckelung der Anzahl von Flugbewegungen und die Forderung nach Schließung der neuen Bahn zu verhandeln.
Sein Innenminister Rhein, der Oberbürgermeister in Frankfurt werden möchte, zeigt sich in dieser neuen Rolle auf einmal wesentlich flexibler und spricht mit zwei Zungen, genau wie Wirtschaftsminister Posch. Beide wollen inzwischen ein Nachtflugverbot, obwohl sie als Landesregierung genau gegen das Urteil aus Kassel klagen. Die Revision zurück zu nehmen kommt für die Landesregierung nicht in Frage. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte die Grundlage dieser Posse als gutes Drehbuch einer Filmkomödie dienen ….
Das Fazit, das ich nach 100 Tagen Nordwestbahn ziehe ist, dass sich die Proteste nach wie vor ausweiten und immer mehr Menschen daran teilnehmen. Die Rufe „Die Bahn muss weg“ sind immer öfter zu hören und werden auch wieder laut durch das Terminal hallen. Lassen Sie uns alle gemeinsam weiter kämpfen, die Politiker sind angeschlagen, diesen Montag wurde erstmals lautstark gefordert „Bouffier muss weg!“ Bei Wahlen entscheidet der Souverän mit seiner Stimme, und dann werden wir sehen.
Da eine Lärmminderung beim Endanflug nicht machbar ist, bleibt als Ergebnis nur die Schließung der Bahn und das mutige Eingeständnis der Politiker, dass Planung und Ausbau Fehler waren, die zu korrigieren sind.
Abgerechnet wird zum Schluss – die Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft in der Region und in meiner Heimatstadt lebt!
Margit Dörrhöfer, Altkönigstraße 15, Flörsheim