Die Reihe Stadtteilbesuche im Rahmen seines Bürgermeister-Wahlkampfes hat SPD-Kandidat Michael Antenbrink am Dienstag mit dem Termin in der Stadtmitte abgeschlossen. Allerdings nicht in der Ausgestaltung, die eigentlich vorgesehen war. Der geplante Spaziergang durch die Wohnareale im Norden der Innenstadt fiel dem regnerischen Wetter zum Opfer.
Der als Startpunkt für die Erkundung vorgesehene Treff war mit dem Eiscafé an der Rheinallee allerdings gut gewählt, es wurde kurzerhand zum Sitzungsort der Gesprächsrunde ernannt. Eine Stadtteilbegehung im Sitzen sozusagen. Gäste aus dem Wohngebiet, die Antenbrink gerne bei der Gelegenheit von sich überzeugt hätte, tauchten bei dem Schmuddelwetter zwar nicht auf. Aber für den Gast des Tages, Staatssekretär Umut Sönmez, bot das Treffen mit den Flörsheimer Parteifreunden eine gute Gelegenheit, die Themen der Stadt aus erster Hand kennenzulernen.
Sönmez war 2009 anlässlich des Euopawahlkampfes erstmals in Flörsheim, wie er sich erinnert. Er steht zu Antenbrink aber aktuell vor allem durch dessen Funktion als Vorsitzender des SPD-Unterbezirks in Verbindung, auch Vorstandmitglied Franz Kroonstuiver kennt den gebürtigen Mittelhessen schon seit vielen Jahren. Im Januar wechselte Sönmez den Job, vom Opel-Aufsichts- und Betriebsrat in die Politik. In der neuen CDU/SPD-Landesregierung ist der Volkswirt als Staatssekretär des „Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum“ noch am Ankommen. Für die meisten Themen, die Antenbrink ansprechen wollte, kommt er genau aus dem richtigen Ressort.
Den dröhnenden Sound des Fluglärms über der Stadt wollte der Kandidat Sönmez eigentlich vorführen. Der Landeanflug im Minutentakt auf zwei Routen entfiel am Dienstag allerdings ebenso – Startverkehr über Flörsheim, nicht vergleichbar mit der Situation an der Mehrheit der Tage. Vor allem zu den allzu großzügig verteilten Ausnahmen gegen das Nachtflugverbot wollte Antenbrink den Gast aus Wiesbaden einspannen. Der Flugverkehr in Frankfurt sei „eines der ersten Themen“ gewesen, mit denen er sich befasst habe, berichtet Sönmez. Dabei sei ihm berichtet worden, dass der Anteil der Nachtflüge am Gesamtaufkommen nur zwischen ein bis zwei Prozent betrage.
Der die Ausnahmegenehmigungen vergebende Flughafenkoordinator gehe „sehr streng“ mit den Anträgen um, betonte der Staatssekretär. Bestrebungen, die Regelung während der Fußball-Europameisterschaft zu lockern, habe sein Ministerium sofort abgelehnt. „Wenn man solche Genehmigungen auf Vorrat vergäbe, würden sie auch ausgenutzt.“
Auf dem Boden schwebt Antenbrink vor, so hat er es in seinem Wahlprogramm festgehalten, bei der Weiterentwicklung und Umsetzung des städtischen Radverkehrskonzeptes „endlich voranzukommen“. Das betrifft neben der Planungen für einen Radweg neben der L3017 (Wicker-Massenheim) auch ein Projekt in der Nähe des Treffpunkts. Am nördlichen Bebauungsrand in Flörsheim-Nord soll zwischen Werner-von-Siemens-Straße und Weilbacher Straße eine neue Radwegeverbindung entstehen, um den Zweiradverkehr von der Rheinallee wegzuleiten.
„Man kann natürlich etwas auf die Fahrbahn malen, das hat mit Sicherheit aber nichts zu tun, sondern erhöht eher die Gefahren“, kritisierte Antenbrink den Weg, den die aktuelle Verwaltung eingeschlagen hatte. Ein Grünzug mit Radweg hinter den Häusern des Baugebiets ist für ihn mangels Platz für eine sichere Trennung auf den Straßen die beste Lösung. Als weiterführende Verbindung ins Stadtzentrum erscheint ihm zudem ein Radweg durch den Schütz-Park denkbar.
Wie es um mögliche Förderprogramme für solche kommunale Projekte aussehe, hätte Antenbrink gerne vom Staatssekretär erfahren. Das Erste, was seinem Haus auf den Tisch gelegt worden sei, war der Nachtragshaushalt für 2024, erläuterte Sönmez. Heißt, über einzelne Etatansätze sind ihm Auskünfte derzeit nicht möglich. Wohl aber betonte er davon auszugehen, dass es in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr und Wohnungsbau keine Abweichungen von den bisherigen Ansätzen geben werde. „Wie es für 2025 aussieht, muss man abwarten, aber in dem Bereich Radwege gibt es eine politische Priorität, weil der Bedarf zunimmt“, sagte der Staatssekretär – was über die möglichen Förderhöhen und -bedingungen für Projekte wie das Antenbrinksche wenig erklärt.
Bei der Weilbacher Umgehungsstraße „wird mir kommuniziert, dass es nicht vorangeht“, wanderte Antenbrink zum nächsten Verkehrsthema. Ist Hessen Mobil etwa das Problem, das das Projekt nicht vorankommen lässt? Die Landesbehörde sei nur für die operative Umsetzung der Projekte zuständig, „bei der Baurechtsplanung ist erst einmal die Kommune gefragt, die Voraussetzungen zu erfüllen“, erläuterte Sönmez. Etwa 400 bis 500 Projekte seien in Hessen im Umlauf. Damit es schnell geht, wenn es losgehen könnte, sei es immer gut, die Kommunikation mit der Behörde beständig zu führen, empfahl er.
Beim Thema geförderter Wohnungsbau, das ebenso im Bereich von Sönmez liegt, kritisiert Antenbrink einerseits die Ressentiments, die Bürgermeister Bernd Blisch bei der Podiumsdiskussion der Flörsheimer Zeitung zur Nachbarstadt Rüsselsheim zu schüren versucht habe, um solche Projekte als unerwünscht zu diskreditieren. Andererseits sieht Antenbrink im Neubau geförderter Wohnungen am nördlichen Ende der Riedstraße angesichts der Nachbarschaft zu bestehenden Blöcken mit Sozialwohnungen eine „Ghetto-Gefahr“. Nicht so einfach offenbar, das Richtige zu tun. Der Mangel in Flörsheim betreffe aber auch seniorengerechten Wohnraum.
Antenbrink erspäht an vielen Ecken der Stadt Themen, die schon zu seiner Amtszeit angegangen wurden und immer noch nicht abgeschlossen sind. So auch die neuen Leuchten für die Altstadt, deren Einbau vor einigen Wochen wieder angelaufen ist. Das ist für den SPD-Kandidaten nur halbwegs positiv zu sehen, schon weil er bei den aktuellen Aktivitäten der Syna einen Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl vermutet. „Dabei war sechs Jahre lang Zeit, die Bürger zur gewünschten Gestaltung zu befragen“, kritisiert Antenbrink, dass es keine Bemühungen der Verwaltung gegeben habe die Öffentlichkeit einzubeziehen in dieser emotionalen Frage. „Man muss für Diskussionen auch Angebote machen.“
Die wird es demnach verstärkt geben, wenn Antenbrink am 9. oder 23. Juni eine dritte Amtszeit aufgetragen bekommt. An der fehlenden Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung zu arbeiten, wäre dann eine Aufgabe, bei der die im Juli 2025 anstehende Neubesetzung des Postens der Ersten Stadträtin anstünde. „Eine spannende Frage“ werde es, ob sich dann dieselben wie aktuell oder neue Mehrheiten finden aber eben nur, wenn in diesem Jahr „der Amtsinhaber nicht wiedergewählt wird“.
Antenbrink spekuliert demnach mit dem Kurswechsel bei den auf Landesebene von der CDU ausgebooteten Grünen und ihrer Flörsheimer Fraktion GALF, die in der zu Ende gehenden Amtszeit des Stadtparlaments das sinkende Schiff verlassen könnte. Mit dem Wechsel der GALF zur Zusammenarbeit mit der CDU habe seinerzeit „der Kriegszug gegen den amtierenden Bürgermeister“ begonnen, hat sich Antenbrink durchaus gemerkt. SPD und GALF in neuer Zuneigung vereint würden freilich alleine keine neue Mehrheit bilden, das Modell könnte frühestens ein Jahr später mit der Kommunalwahl im Frühjahr 2026 tragfähig werden.