Wann wird wieder gemeinsam gesungen?

Hoffen auf niedrige Inzidenzwerte und Lockerungen: Die Hattersheimer Chöre stehen in den Startlöchern

Wo sonst ab dem Frühjahr die Bühne für viele Gesangsveranstaltungen steht, ist im Moment nur gähnende Leere festzustellen. Die Aktivitäten der Hattersheimer Vereine liegen trotz langsam steigender Temperaturen immer noch auf "Corona- Eis".

Gerade jetzt um die Pfingstzeit wirkt sich Corona auf die Seelen der Menschen noch einmal mehr aus: das Wetter bessert sich langsam, es sollte wärmer werden, Aktivitäten draußen – wie in Okriftel etwa das Wäldchesfest - oder auch das gemeinsame Zelebrieren des Vatertages fehlen wohl allen sehr. Das Gefühl von „alleine eingesperrt sein“ wird mit jedem Sonnenstrahl größer.

Wie schlimm dieses Gefühl werden kann, davon könnten sicher einige Mitglieder der Hattersheimer Chöre „ein Lied singen“ – wenn sie es denn dürften.

Fragt man bei den Chören des Stadtteils Hattersheim, dem Kirchenchor St. Martinus, der Chorgemeinschaft Hattersheim (CGH) und dem Frauenchor Cantabile, nach, bemerkt man, dass sie immer noch mit gemischten Gefühlen in die nahe Zukunft schauen. „Wir haben eine „Open-Air-Singstunde“ im Innenhof des Alten Posthofes abgehalten, so lange es die Temperaturen erlaubt haben“, erzählt etwa Karin Körting von der CGH, „und seither kommunizieren wir alle nur noch per WhatsApp.“ Als (keineswegs auch nur annähernd entsprechenden) „Ersatz“ für die jährliche Weihnachtsfeier wurden an alle Mitglieder die Noten für ein neues Lied – zusammen mit einer CD mit der dazugehörigen Stimme, aufgenommen von Dirigentin Hanna Serr - gepaart mit Keksen und einem Glühweinbecher an alle Mitglieder verteilt. „Online-Proben waren bei uns nicht möglich, nicht jeder hat die technischen Möglichkeiten dazu“, berichtet Karin Körting, „aber es ist auch frustrierend, allein zu üben - das Gemeinschaftsgefühl ist dadurch auch nicht zu ersetzen, und deswegen geht man ja in einen Chor. Natürlich sind wir alle traurig und vermissen das Singen.“ Da auch keine Jahreshauptversammlung stattfinden konnte, sind alle Vorstandsmitglieder weiter im Amt. Ob und - wenn ja - wie wieder „normal“ geprobt werden kann und wann endlich wieder Veranstaltungen ins Auge gefasst werden können, steht für die CGH noch ein bisschen in den Sternen. „Sobald es wieder erlaubt ist, werden wir Open-Air-Singstunden abhalten - und dann heißt es erst mal üben, üben, üben, bevor an Veranstaltungen und Auftritte zu denken ist“, meint Karin Körting in Übereinstimmung mit den beiden Vorsitzenden der CGH, Ruth Pfennig und Christine Jaspert.

Einseitige Online-Proben

Auch der – kleine aber feine - Hattersheimer Frauenchor Cantabile hatte im letzten Jahr ab Ende Mai im Freien im Posthof-Innenhof geprobt. „Und zwar bis in den Oktober, die letzte Probe hatten wir dann in Winterjacken, mit Regenschirm und zum Teil mit Stirnlampen bewaffnet“, erinnert sich Vorsitzende Alexandra Gutberlet schmunzelnd, „aber es hat trotzdem Spaß gemacht.“ Den Winter über haben sich die Damen von Cantabile dann in unregelmäßigen Abständen online getroffen. „Aber nur zum Reden“, erklärt Alexandra Gutberlet, „die technischen Herausforderungen für richtige Onlineproben sind für einige bei uns im Chor einfach zu hoch.“

Aktuell bereitet sich Cantabile wieder auf die Proben im Freien vor. „Dazu beginnen wir wieder mit jeder Stimme einzeln die alten Lieder aufzufrischen und die Stimmbänder wieder auf Betriebstemperatur zu bringen, aber eben mit 'einseitigen' Proben online“, schildert die Vorsitzende, „das heißt, wir alle hören den Dirigenten, sind aber beim Singen stummgeschaltet.“ Die Genehmigung für Freiluft-Proben im Posthof hat Cantabile vorsorglich schon beantragt. „Da hoffen wir jetzt schon auf eine schnelle Entscheidung, da die Corona-Zahlen das Singen draußen ja bald wieder zulassen dürften“, meint Alexandra Gutberlet zuversichtlich, „außerdem planen wir noch das ein oder andere, aber das ist noch geheim.“ Wichtig sei es für den Chor vor allem, dass nun endlich eine Jahreshauptversammlung abgehalten werden könne – satzungsgemäße Vorstandswahlen stehen beim Frauenchor Cantabile an.

Letzte Live-Probe vor 14 Monaten

„Wir sind immer noch da“, meint Petra Hodde, Vorstandsmitglied im Hattersheimer Kirchenchor St. Martinus, mit gedämpftem Strahlen, wenn sie auf „ihren Chor“ angesprochen wird. Ihre letzte Präsenzprobe hatten die fast 50 Sängerinnen und Sänger allerdings auch im März letzten Jahres. „Seit Mai 2020 proben über jetzt schon online über Zoom“, erzählt die passionierte Sängerin, die man auch als freundliche Mitarbeiterin im Pfarrbüro der katholischen Gemeinde in Hattersheim kennt, „immerhin etwa die Hälfte unseres Chores macht da immer mit.“ Chorleiter Jens-Uwe Schunck lädt zu den Online- Proben ein und schreibt vorab an alle, was er proben möchte, dazu lässt er sich auch mal spannende Sachen einfallen. „Bei den Proben werden dann zuerst die Stimmen in Gruppen eingeteilt, und nach etwa einer halben Stunde können dann alle 'zusammen singen' - allerdings sind die einzelnen Mikrofone dabei ausgestellt, sonst gäbe es zu viele Rückkopplungen“, beschreibt Petra Hodde, wie sich so eine Probe dann „anfühlt“, „da ist dann zwar die vom Dirigenten ausgewählte Musik im Hintergrund, eine jazzige Messe oder auch mal nur das Klavier, aber es ist eben nicht dasselbe: es ist schön, dass man zur Musik mitsingen kann - aber nicht annähernd so schön, als würde man nebeneinander stehen und zusammen singen.“ Ihr fehlt das Gemeinschaftsgefühl genauso wie die Möglichkeit, vom Dirigenten gleich eine „Rückmeldung“ zum Gesang bekommen zu können.

Beim Chor St. Martinus hofft man, spätestens im Herbst wieder mit Präsenzproben anfangen zu können. „Und wir haben natürlich die Hoffnung, dass wir dieses Jahr Weihnachten wieder in der Kirche für die Gemeinde singen können“, schaut Petra Hodde optimistisch in die nahe Zukunft.

Wie es den Chören in Okriftel und Eddersheim derzeit ergeht, werden wir in unserer nächsten Ausgabe schildern.

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