Höchst beeindruckt zeigte sich Bürgermeister Klaus Schindling am Dienstagabend angesichts des erstaunlich großen Interesses der Eddersheimer Bürgerschaft an der Informationsveranstaltung zum Bebauungsplan Nr. N121 bezüglich der "Mittleren Bahnhofstraße". Der ursprünglich angedachte Sitzplan im Begegnungshaus musste spontan über den Haufen geworfen werden angesichts des enormen Andrangs, kurzerhand wurden die Tische mit den ausgelegten Plänen nach vorne verlegt und somit Platz für mehr Stühle im hinteren Bereich des Saals geschaffen, die auch allesamt gefüllt wurden, so dass manch ein Bürger und manch eine Bürgerin der Veranstaltung sogar stehend folgen musste, was diejenigen aber nicht zu stören schien.
Bürgermeister Schindling erläuterte zunächst das Ansinnen, das hinter dieser Einladung an die Bürgerinnen und Bürger stand: Neben der Offenlage der Bebauungspläne, die im Hattersheimer Stadtanzeiger bekanntgemacht wurde, wollte man diesmal im Herzen von Eddersheim die Bürgerschaft direkt einladen und unmittelbar in den Dialog gehen. Man wollte damit die Gelegenheit schaffen Fragen zu stellen und Vorschläge zu machen, in der Hoffnung, so mehr Menschen zu erreichen als mit der normalen Offenlage im Rathaus, zu der über vier Wochen hinweg immer wieder mal Einzelpersonen oder Kleingruppen vorbeischauen. Dieser Plan fiel offenbar auf höchst fruchtbaren Boden: Schindling nannte das Ausmaß des an diesem Abend gezeigten Interesses "überwältigend" und fasste die hohe Besucherzahl als Zeichen dafür auf, dass man mit dieser Einladung wohl auf dem richtigen Weg sei.
Bevor Stefan Wernersbach vom städtischen Referat für Bauen, Planen und Klima in einem kurzen Vortrag auf die fachlichen und organisatorischen Feinheiten des Bebauungsplans einging, erläuterte der Bürgermeister das Ansinnen, das die Verwaltung mit diesem Bebauungsplan verfolgt. So gab es für das zentral gelegene Areal in Eddersheim bislang keinen speziellen Bebauungsplan. Das bedeutet, dass bislang die Bebauung nach Paragraph 34 des Baugesetzbuches erfolgte. Das bedeutet: Eine Bebauung war dann zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß, der Bauweise und der überbauten Grundstücksfläche in die umliegende Bebauung einfügte, also in das Umfeld passte. Natürlich stellt sich nun die Frage, warum man daran nach Jahrzehnten nicht weiter festhalten will.
Zunächst verhängte die Verwaltung zum Plangebiet eine Veränderungssperre, so dass niemand mehr Bauanträge nach Paragraph 34 Baugesetzbuch stellen konnte. Der Grund für diesen Schritt: Man habe festgestellt, dass vereinzelt in diesem Gebiet Bauideen entstanden sind, die in hohem Maße abweichend von der Bebauung in der Umgebung waren, berichtete Schindling.
Erlaubtes und Geschütztes
Fasst man einen Bebauungsplan, dann legt dieser nicht nur fest, was man nicht darf, sondern er trägt auch eine Schutzfunktion in sich, betonte der Bürgermeister und nannte hierfür ein Beispiel: Man habe ein Gebiet, in dem die zweite Reihe in den Innenflächen noch nicht bebaut ist, eine sogenannte "Grüne Lunge". Möchte man den eigenen Garten gerne als solchen nutzen, wäre es aus leicht nachvollziehbaren Gründen nicht so schön, wenn auf den angrenzenden Grundstücken links und rechts plötzlich sechsstöckige Mehrfamilienhäuser entstehen und man fortan nur noch in deren Schatten lebt. Ebenso denkbar ist der Fall, dass alle Grundbesitzer gerne so hoch bauen wollen. Deshalb müssen Regelungen gefasst werden, die gleichermaßen Bauen ermöglichen, jedoch auch Schutz bieten vor dem, was andere gerne so machen wollen. Fälle, die in Paragraph 34 nicht geregelt werden, müssen von Mal zu Mal diskutiert werden. Und wird eine Art von Bauen auf diesem Wege einmal erlaubt, bekommt diese sofort Präzedenzfallcharakter für die dortige Umgebung. Nicht selten geht es in diesem Zusammenhang dann früher oder später vor Gericht.
Deshalb sei es Schindling zufolge gerade in Altstädten üblich, dass man sich überlegt, wie ein solches Gebiet über einen Bebauungsplan einen passenden und verbindlichen Quartierscharakter bekommt. Einen Plan, der sicherstellt, dass nicht irgendwann neben einem Bungalow ein Hochhaus steht, dass kein mittiges Grundstück von den Nachbarn komplett verschattet wird und dass es auch bezüglich der Bauform eine gewisse Homogenität gibt.
Und an diesem Punkt müsse man natürlich mit den Menschen sprechen, so der Bürgermeister, und ihnen die Gelegenheit geben mitzuteilen, was sie davon halten.
Bestandsschutz gilt
Stefan Wernersbach erläuterte daraufhin die Details des Bebauungsplans und zählte zentrale Eckdaten auf, wie die Entscheidung, dass im gesamten Gebiet künftig nur Neubauten mit maximal zwei Vollgeschossen zugelassen werden sollen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch der Bestandsschutz: Bestehende Bauten, die dem neuen Bebauungsplan zufolge künftig so nicht mehr gebaut werden dürften, dürfen natürlich in ihrer bisherigen Form bestehen bleiben. Auch bereits rechtmäßig errichtete Garagen dürfen auch in Zukunft an gleicher Stelle neu errichtet werden.
Auch in Bezug auf den Dachbau gibt es dem Bebauungsplan zufolge künftig neue verbindliche Regelungen. So wird festgelegt, dass Gebäude mit Flachdach tiefer sein müssen als Gebäude mit Satteldach: Weil ein Flachdach in gleicher Höhe viel wuchtiger wirkt als ein Gebäude mit Satteldach und somit den "giebelständigen Hauptcharakter" des Gebiets in Frage stellen würde, so Schindling.
In der anschließenden offenen Fragerunde erkundigte sich eine Bürgerin unter anderem nach den neuen Vorgaben vor dem Hintergrund der von Starkregenereignissen ausgehenden Gefahren. Stefan Wernersbach erläuterte daraufhin die Planung, dass künftig der Bauherr eines neuen Gebäudes für Rückhaltung und Versickerung sorgen muss. Man habe eine Einleitbeschränkung von zwei Litern pro Sekunde pro Hektar festgelegt. Nach Aussage der Stadtwerke sei das der Wert, der für die hiesige Kanalisation noch zu bewältigen ist.
Update zur Quartiersentwicklung
Wie es bei derartigen Veranstaltungen üblich ist, werden seitens des Publikums auch unter den Nägeln brennende Fragen gestellt, die mit dem eigentlichen Thema des Abends wenig zu tun haben. So ging es auch um die Quartiersentwicklung am östlichen Ortseingang von Eddersheim, zwischen Posten-19-Weg und Kelsterbacher Straße.
Bürgermeister Schindling führte zunächst aus, dass es in Eddersheim kein großes, neues Wohnbaugebiet geben werde, das habe er schon seit 2016 stets so gesagt. Ein solcher Schritt würden seiner Meinung nach den dörflichen Charakter von Eddersheim zerstören.
Am Posten-19-Weg hingegen wird es die Quartiersentwicklung geben, hierzu soll demnächst auch eine öffentliche Veranstaltung im größeren Rahmen stattfinden, kündigte der Bürgermeister an. Mittlerweile habe man über die Hessische Landgesellschaft die dortigen Grundstücke insoweit aufgekauft, dass man das Plangebiet nun realisieren könne. Man habe von der Firma Buch die klare Zusage, das man dort einen Edeka-Markt auf 1.300 Quadratmetern Geschäftsfläche betreiben will. Zudem will man dort auch eine Sporthalle bauen, und um vom Regierungspräsidium die notwendige Genehmigung zu erhalten, will man der Forderung nach einem Quartierscharakter mit neuer Wohnfläche nachkommen, indem man dort seniorengerechtes und barrierefreies Wohnen ermöglichen will.
Schindling stellte auf Anfrage in Aussicht, dass womöglich schon 2027 mit dem dortigen Bau begonnen werden kann - aber wohlgemerkt nur dann, wenn wirklich alles optimal läuft und es zu keinen unvorhersehbaren Verzögerungen kommt, beispielsweise durch archäologische Funde oder besondere Fälle vor dem Hintergrund des Artenschutzes.
Offenlage bis 26. September
Der Entwurf des Bebauungsplans und die dazugehörigen Planunterlagen werden seit dem 25. August bis einschließlich zum 26. September im Rathaus im Nassauer Hof, Im Nassauer Hof 1 - 3, 65795 Hattersheim am Main, während der allgemeinen Dienststunden (Montag, Dienstag, Donnerstag von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr, Mittwoch von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Freitag von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr) öffentlich ausgelegt.
Innerhalb dieser Frist können Anregungen und Bedenken durch die Öffentlichkeit geäußert werden. Diese können schriftlich an den Magistrat der Stadt Hattersheim am Main gerichtet werden (Im Nassauer Hof 1-3, 65795 Hattersheim am Main) oder an bauleitplanung[at]hattersheim[dot]de
Kommentare