"Wir haben es gemeinsam geschafft"

Hattersheimer Stadtmuseum im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum Internationalen Museumstag in Hessen feierlich eröffnet

Bürgermeister Klaus Schindling eröffnete am vergangenen Sonntag die Feierlichkeiten im neuen Stadtmuseum.

Alt-Bürgermeister Hans Franssen war sichtlich bewegt als am vergangenen Sonntag der Zeitpunkt der Eröffnung des Stadtmuseums Hattersheim endlich gekommen war. Franssen zählte zu der prominenten Riege an Rednerinnen und Rednern, die zu diesem Anlass im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum Internationalen Museumstag in Hessen das Wort ergreifen durften. Im Gegensatz zum sich jährlich wiederholenden Internationalen Museumstag, der in diesem Jahr bereits zum 46. Mal veranstaltet wurde, betonte Franssen die Einmaligkeit dieses Ereignisses für den Hattersheimer Geschichtsverein, für den er selbst als 1. Vorsitzender aktiv ist.

Hans Franssen verzichtete auf eine detaillierte Schilderung des langjährigen Prozesses, der nun endlich in ein fertiges Museum mündete: "Ich könnte Ihnen viel erzählen von den Freuden und Leiden während der letzten 22 Jahre", so der Alt-Bürgermeister. "Die wichtigste Botschaft heute ist aber: Das Hattersheimer Stadtmuseum wird eröffnet."

Und einen besonderen Umstand wollte er deutlich unterstreichen: "Das Stadtmuseum ist ein Museum für die Hattersheimer Bürgerinnen und Bürger von den Hattersheimer Bürgerinnen und Bürgern." Franssen verwies damit auf eine Tatsache, die zuvor bereits die Vorsitzende des Museumsverbandes Hessen e.V., Dr. Birgit Kümmel, lobend als "eine ganz grossartige Leistung" erwähnt hatte: Dass die zur Finanzierung des Museums notwendigen Komplementärmittel in der erforderlichen Höhe zu einhundert Prozent vom Hattersheimer Geschichtsverein bereitgestellt werden konnten. Ohne die großzügigen Spenden aus der Bürgerschaft und vom Förderverein hätte das Projekt nicht in Angriff genommen werden können, so Franssen. Und auch der eigentliche Kern eines jeden Museums, die zu besichtigende Ausstellung, beruht hier in hohem Maße auf der Mitwirkung der Stadtgemeinschaft: Viele Bürgerinnen und Bürger, Freunde des Museumsprojektes, haben wichtige Sammlungsstücke, Wissen und Erinnerungen dem Stadtmuseum zur Verfügung gestellt. "Wir haben es gemeinsam geschafft", brachte Hans Franssen sämtliche Bemühungen auf den Punkt, "auch dank der Unterstützung von Unternehmen und Stiftungen. Und letztlich nur durch die Förderung des Landes Hessen". Im Rahmen des Zuwendungsverfahrens vom Hessischen Ministerium für wissenschaftliche Kunst sind knapp 200.000 Euro an die Stadt Hattersheim als Trägerin des Museums geflossen, berichtete zuvor noch einmal Dr. Birgit Kümmel.

Die Eröffnung des Museums sei vollbracht - doch jetzt gehe es weiter: Franssen zufolge gilt es nun, das Interesse der Besucherinnen und Besucher auch über den Eröffnungszeitraum hinaus zu wecken. Ein Hauptaugenmerk werde man dabei auf die junge Generation, auf die hiesige Schülerschaft richten. Der Eröffnungsveranstaltung wohnten bereits einige Schülerinnen und Schüler der Heinrich-Böll-Schule bei.

Geschichte lernen und Lehren ziehen

Zu Beginn des Festaktes im neuen Museum hatte bereits Bürgermeister Klaus Schindlung festgestellt, dass man hier einen Ort geschaffen habe, "wo etwas lebendig werden kann", wo dokumentiert wird, was in Hattersheim geschehen ist und hier erschaffen wurde. Wo Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen die eigene Geschichte kennenlernen und daraus Lehren ziehen.

Dass ein Stadtmuseum keine "rentabilitätsversprechende Einrichtung" ist - daraus machte der Rathauschef keinen Hehl. Es zähle vielmehr zur "sozialen Kategorie", wie das Schwimmbad oder die Stadthalle: Zu den wichtigen Orten in der Stadt, die ein gutes Miteinander fördern.

Schon lange war man sich im Stadtparlament fraktionsübergreifend darüber einig, dass aus dem alten Sarotti-Werkstattgebäude ein Museum werden soll, berichtete der Bürgermeister. "Und ja: Jetzt ist es passiert, wir haben es geschafft", konnte er nun freudig vor den 150 geladenen Gästen verkünden, darunter unter anderem Staatsminister Axel Wintermeyer, der Kreisbeigeordnete Axel Fink (in Vertretung von Landrat Michael Cyriax), Stadtverordnetenvorsteher Georg Reuter, die Erste Stadträtin Heike Seibert, der ehemalige Erste Stadtrat Karl Heinz Spengler, die kulturpolitische Sprecherin und Mitglied des Landtages Mirjam Schmidt, der Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes Dr. David Rauber, die Vorsitzende des Museumsverbandes Hessen Dr. Birgit Kümmel, die Alt-Bürgermeister Hans Franssen und Alfred "Adi" Schubert, Kuratorin Ulrike Milas-Quirin, Investor Selim Balcioglu und Architekt Henning Schulze-Steinen.

Die lange, namhafte Gästeliste lag in der zweifachen Bedeutung dieser Eröffnungsfeier begründet: Zum einen diente sie natürlich der Museumseröffnung, zum anderen war sie aber auch die Auftaktveranstaltung zum Internationalen Museumstag 2023 in Hessen, das in diesem Jahr unter dem Motto "Museum, Sustainability and Wellbeing - Museen, Nachhaltigkeit und Wohlbefinden" stand.

Soziale Dimension von Nachhaltigkeit

Die Kulturpolitische Sprecherin Mirjam Schmidt griff in ihrer Rede das Motto des 46. Internationalen Museumstages auf und stellte fest, dass es bei Nachhaltigkeit nicht allein um Klimaschutz, Energieeinsparung und die Verringerung des CO2-Fußabdrucks gehe, sondern um wesentlich mehr: Um die soziale Dimension von Nachhaltigkeit. Und Museen leisten hier einen "wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden", so Schmidt. Durch ein Museum zu schlendern und sich dort in aller Ruhe die einzelnen "Inseln" anzuschauen mache glücklich, und zudem seinen Museen Orte, an denen gesellschaftliche Werte verhandelt werden. Insbesondere in Krisenzeiten sei dies von großer Bedeutung, denn sie bewahren nicht nur das kulturelle Erbe, sondern vermitteln auch Wissen und regen zu gesellschaftlichen Diskursen an, setzen kreative Impulse, die den Blick auf die Welt und die Gesellschaft verändern können.

Hierzu müssen Museen auch immer wieder ihren Blick nach außen richten und sich die Frage stellen: Was bewegt unsere Gesellschaft, wie verändert sie sich? Und wie kann man zu einer sozialeren und gerechteren Zukunft beitragen? Es gehe darum, "soziale Visionen in die Breite der Gesellschaft zu tragen": Durch Ausstellungen, durch Bildungsprogramme, durch Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und auch durch Forschung.

Aus all diesen Gründen seien Museen "wichtig für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft und deshalb wichtig für unser Wohlbefinden", resümierte Mirjam Schmidt.

Ein "Dritter Ort"

Dr. Birgit Kümmel, die Vorsitzende des Museumsverbandes Hessen, würdigte den 1985 gegründeten Hattersheimer Geschichtsverein als Initiator des Museumsprojektes. Sehr aktiv habe sich dieser über Jahrzehnte hinweg der Rettung von Gebäuden und Objekten, dem Aufbau einer Sammlung und der Erforschung der Hattersheimer Stadtgeschichte gewidmet. Das Ziel war seit jeher die Errichtung eines Museums für Hattersheim, das den Schwerpunkt auf die industrielle Entwicklung der Stadt legt - ein Ansatz, den der Museumsverband Hessen gerne begleiten wollte. so Dr. Kümmel.

Ein erster Versuch das Museumsprojekt zu starten erfolgte im Jahre 2011. Da Hattersheim jedoch seinerzeit zu den sogenannten Rettungsschirm-Kommunen zählte, musste das Projekt noch einmal für weitere fünf Jahre auf Eis gelegt werden.

Gleichzeitig wurde 2011 aber auch mit der Erschließung des neuen Stadtquartiers rund um das ehemalige Sarotti-Werkstattgebäude begonnen. Damals stand jenes Gebäude noch inmitten einer "riesigen Brachfläche" - wie sich dieses Areal bis heute entwickeln sollte, konnte man damals "nicht ansatzweise erahnen", erinnerte sich die Museumsverband-Vorsitzende.

Heute befindet sich das Museum nun in städtischer Hand, und das neue Stadtquartier ist mittlerweile voll entwickelt. Dr. Kümmel hob die Kindertagesstätte und das Seniorenheim in direkter Nachbarschaft zum Museum hervor - eine aus Sicht des Museumsverbands "ideale Lage" für den künftigen laufenden Betrieb, der viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit biete und so zu einem sogenannten "Dritten Ort" werden könne: Ein Ort, an dem sich die Bevölkerung trifft und sich austauscht, mit dem Museum als Hort für zukünftige Ideen.

Regelbetrieb ab 1. Juni

Die Kuratorin Ulrike Milas-Quirin führte schließlich in die in die Dauerausstellung ein, gefolgt von der Vorführung des Films "Auf den Spuren von Anton Flettner" - dem gebürtigen Eddersheimer Erfinder ist natürlich auch ein eigener Bereich im neuen Stadtmuseum gewidmet. Flettner war zeitlebens fasziniert von den physikalischen Gesetzen der Strömung, zu Wasser und in der Luft. Seine Erfindungen zur Hubschraubertechnik gelten heute als ebenso bahnbrechend wie sein Schiffsruder und sein Schiffsrotor. Jener Rotor erfreut sich gerade heute angesichts der Energiewende neuer Aufmerksamkeit.

Am Donnerstag, 1. Juni, wird das Hattersheimer Stadtmuseum nun seinen Regelbetrieb aufnehmen. Zunächst wird es donnerstags und sonntags, jeweils von 10 bis 17 Uhr, für Besucherinnen und Besucher geöffnet sein. Führungen können auf Anfrage beim Geschichtsverein gebucht werden, eine Erweiterung des pädagogischen Angebots ist für die kommenden Monate geplant, ebenso die Einrichtung eines kleinen Museums-Shops.

Alle Informationen zu Öffnungszeiten, Anfahrt und viele weitere hilfreiche Hinweise rund um den Besuch des Hattersheimer Stadtmuseums sind auf der Homepage der Stadt Hattersheim am Main (www.hattersheim.de/stadtmuseum-hattersheim) und natürlich auf der Seite des Hattersheimer Geschichtsvereins 1985 e. V. (www.hattersheimer-geschichtsverein.de) zu finden.

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