Hattersheim bekommt keine Zisternensatzung

Stadtverordnetenversammlung: Regierende Koalition stimmte gegen den Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen

Die Hattersheimer Grünen präsentierten zur jüngsten Sitzungsrunde einen Antrag bezüglich der Erstellung einer Zisternensatzung.

In ihrer Antragsbegründung verwiesen die Grünen auf die trockenen Sommer der letzten Jahre. Lebensnotwendiges Frischwasser sei nicht zuletzt dadurch zu einer immer kostbareren Ressource geworden, und auch vorübergehende Starkregen- und Regenphasen reichen nicht aus, um die Grundwasservorräte wieder aufzufüllen.

"Gemäß dem Statistischen Bundesamt verbrauchen wir pro Kopf circa 128 Liter Trinkwasser pro Tag. Die Anteile von Gartenbewässerung und vor allem Toilettenspülung summieren sich auf 33 Prozent", stellten die Grünen in ihrer Antragsbegründung weiter fest. Diese Anteile seien geeignet, mit Hilfe einer Zisterne durch Regenwasser ersetzt zu werden.

Angesichts der Erderwärmung sei es absehbar, dass es künftig immer häufiger Trockenphasen geben wird. Aus diesem Grund ist es aus Sicht der Grünen notwendig, an Stellen Vorsorge zu treffen, wo dies leicht möglich sei. Damit könne der Druck auf die Grundwasserentnahmen reduziert werden, um noch drastischere Einschränkungen zu vermeiden und um Frischwasser für unabdingbare Zwecke wie Trinken, Kochen oder Waschen immer zur Verfügung zu haben.

Insbesondere bei einem Neubau sei es günstig, so die Grünen, von Anfang an eine Regenwassernutzung einzuplanen und einzubauen. Denn: "Wenn die Hausinstallation neu erstellt wird, können die Rohre und Anschlüsse gleich die Regenwassernutzung berücksichtigen. Eine spätere Nachrüstung ist ungleich teurer." Und die besagte Satzung soll auch ausdrücklich nur Neubauten betreffen.

Aus all diesen Gründen würden die Grünen gerne den Magistrat damit beauftragen, eine Zisternensatzung zu erarbeiten, die im gesamten Stadtgebiet bei Neubauten mit mehr als 50 Quadratmetern Auffangfläche zum Bau einer Zisterne verpflichtet und deren Wasser beispielsweise zur Gartenbewässerung und Toilettenspülung genutzt werden soll. Grundlage hierfür soll die vom hessischen Umweltministerium gemeinsam mit dem hessischen Städte- und Gemeindebund erarbeitete und im August 2023 veröffentlichte Muster-Zisternensatzung sein.

Grüne: Eine Satzung ist kein Verbot

Bereits im Ausschuss Umwelt, Bauen und Verkehr fiel dieser Antrag mehrheitlich durch, und auch bei der Stadtverordnetenversammlung am 4. Juli stimmten letztendlich nur die Grünen selbst und die Hattersheimer Sozialdemokraten dafür, während die Koalitionsparteien CDU, FDP und FW ablehnend votierten. Spürbar frustriert nahm die Grünen-Fraktionsvorsitzende Nathalie Ferko bei ihrer Vorstellung des Antrags angesichts des Stimmverhaltens in der vorherigen Ausschusssitzung die Ablehnung seitens der Koalition bereits vorweg: "Die bezeichnen das als 'Verbot', ich bezeichne es als 'Zisternensatzung' - das sind halt zwei unterschiedliche Dinge für mich, für die Koalition nicht." Schließlich sei der Vorschlag zur Festsetzung von Zisternensatzungen ja auch vom hessischen Städte- und Gemeindebund in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium gekommen - dies sei also nichts, was sich die Hattersheimer Grünen nun neu ausgedacht hätten. Man würde sich nicht blindlings irgendwelche vermeintlichen Verbote ausdenken, weil man sonst nichts zu tun hätte, so Ferko.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende verwies ebenfalls auf Gegenargumente, denen zufolge lediglich große Städte oder Kommunen, in denen die Grünen regieren, eine solche Satzung einführen. Dabei handeln Ferko zufolge auch CDU-geführte Städte im Main-Taunus-Kreis so: Eppstein, Sulzbach, Königstein und Hofheim haben jeweils entweder eine Zisternensatzung oder fördern den Bau von Zisternen.

Und schließlich lautete Ferko zufolge ein weiteres Gegenargument, dass man in Einzelfällen Großinvestoren ja über die Bebauungspläne zum Bau von Zisternen verpflichten könnte. Ferko schaute sich daraufhin den Bebauungsplan zur Vorderen Voltastraße an und zitierte in der Stadtverordnetenversammlung daraus: "Eine Brauchwassernutzung des anfallenden Regenwassers in den allgemeinen Wohngebieten ist im derzeitigen Bebauungskonzept nicht vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen." Und weiter: "In den Baugebieten ist die Sammlung von Niederschlagswasser in Zisternen und Verwertung als Brauchwasser in allen Fällen zulässig." In dieser Erlaubniserteilung sieht die Grünen-Politikerin keine Aufforderung, geschweige denn eine Verpflichtung. Und wenn man als Stadt nicht mit Satzungen oder "Verboten" arbeiten sondern statt dessen Überzeugungsarbeit leisten will, dann müsse man stärker seiner Vorbildfunktion nachkommen und überzeugende Argumente auch tatsächlich liefern.

Koalition setzt auf individuelle Entscheidungen zum Wassersparen

Nachdem sich Nathalie Ferko bereits an den in der Ausschusssitzung vorgebrachten Gegenargumenten ausführlich abgearbeitet hatte, erläuterte der FDP-Fraktionsvorsitzende Norbert Reichert noch einmal aus Koalitionssicht die Gründe zur ablehnenden Haltung. Es sei unstrittig, dass Wasser kostbar ist - dies sei spätestens anhand der Entwicklung der Wasserpreise zu erkennen. Allerdings sei er als Liberaler entschieden dagegen, hier eine weitere bürokratische Regelung zu schaffen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen frei entscheiden können, mit welchen Maßnahmen sie zur Wassereinsparung beitragen wollen. Der steigende Wasserpreis biete alleine schon Anreiz genug - da brauche es allein schon aus ökonomischen Gründen keinen Zwang zum Einbau einer Zisterne, so Reichert. Manche werden eine Zisterne betreiben, manche lieber mit einer Regentonne arbeiten und wieder andere werden auf die Gartenbewässerung vollkommen verzichten. "Durch den Zwang zur Zisterne wird nach meiner Einschätzung kein großer Mehrwert erreicht werden", resümierte Reichert und fügte hinzu, dass auch noch der nicht unerhebliche bürokratische Aufwand zur Durchsetzung der ordnungsgemäßen Unterhaltung der Zisternen hinzukäme.

Reichert betonte noch einmal ausdrücklich, dass die Koalition die Notwendigkeit des Wassersparens sehr ernst nehme. Als effiziente und effektive Lösung sieht er beispielsweise den Einsatz von intelligenten Wasserzählern: Diese ermöglichen nicht nur ein leichteres Ablesen der Zählerstände, sondern auch ein "ausgefeiltes Wassermanagement": Echtzeitdaten ermöglichen eine höhere Transparenz, die Leckageerkennung erfolgt automatisch und Abrechnungen werden automatisiert. Zudem können saisonale Preisanpassungen dafür sorgen, dass dass man sein Verhalten in Sachen Wasserverbauch anpasst.

Erwartungsgemäß wurde der Antrag schließlich bei Zustimmung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie Nein-Stimmen von CDU, FDP und FW mehrheitlich abgelehnt.

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