Als Heike Seibert zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstagabend die Gelegenheit erhielt, sich anlässlich ihrer Kandidatur für die Position der Ersten Stadträtin den stimmberechtigten Parlamentarierinnen und Parlamentariern vorzustellen, beendete sie ihre Rede mit dem Hinweis darauf, dass sie für 28.040 Menschen antrete, sprich: für alle Hattersheimerinnen und Hattersheimer, und deren Sorgen, Nöte und Befindlichkeiten verstehe sie als Antrieb für ihren Dienst. Um dies auch in die Tat umsetzen zu können, bat sie die Stadtverordneten in der Stadthalle um deren Vertrauen. Und das bekam sie dann auch: Nach geheimer Wahl erhielt sie 27 Ja-Stimmen, bei nur neun Gegenstimmen - weitere Kandidatinnen oder Kandidaten standen nicht zur Wahl. Heike Seibert ist damit die neue hauptamtliche Erste Stadträtin der Stadt Hattersheim am Main und die Nachfolgerin für den Ersten Stadtrat Karl Heinz Spengler, dessen Amtszeit am 31. März endet.
Seiberts sechsjährige Amtszeit wird am 1. Mai 2023 beginnen. Sie soll künftig unter anderem für die Fachgebiete Kinder, Jugend, Senioren und Soziales sowie Kultur verantwortlich sein. Über die genaue Zuteilung der Referate innerhalb des Dezernats der Ersten Stadträtin wird der Bürgermeister in den kommenden Wochen entscheiden.
Nach der Verkündung des Wahlergebnisses durch den Stadtverordnetenvorsteher Georg Reuter wurde die Ernennungsurkunde durch Bürgermeister Klaus Schindling verlesen und an Heike Seibert ausgehändigt. Reuter verlas darauf den Amtseid, den die künftige Erste Stadträtin mit der Formel "So wahr mir Gott helfe“ bekräftigte.
Jahrelange Erfahrung im Kreis und in Berlin
Heike Seibert arbeitet seit 2010 in der CDU-Kreisgeschäftsstelle und ist seit 2015 Geschäftsführerin der CDU-Kreispartei. Sie ist Fraktionsgeschäftsführerin der CDU Main-Taunus sowie Fraktionsgeschäftsführerin und stellvertretende CDU-Parteivorsitzende in Hattersheim am Main. Davor war sie Mitglied der Gemeindevertretung in Niedernhausen und wirkte dort als Vorsitzende des Bau-, Umwelt- und Sozialausschusses. Außerdem engagierte sie sich im dortigen CDU-Kreisverband als Beisitzerin. In Niedernhausen war Seibert ebenfalls stellvertretende Partei- und Fraktionschefin der CDU.
Seibert räumte in ihrer Vorstellungsrede ein, dass sie zwar das richtige Parteibuch habe, um als CDU-Kandidatin in Hattersheim derzeit auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewählt zu werden. Jedoch stellte sie auch klar, dass dies nicht der Grund für ihre Kandidatur sei. An ihren bisherigen beruflichen Stationen habe sie eines gelernt: "Ein guter demokratischer Prozess funktioniert nur im Dialog. Und so ist es mir ein grosses Anliegen, nicht in parteipolitischen Diskursen zu denken oder zu handeln, sondern in einem guten Miteinander." Seibert sieht in einem solchen Miteinander "gepaart mit einem Netzwerk in die unterschiedlichsten Gremien gerade im Verfahrensfragen oft eine gute Brücke." In ihrer Zeit als Büroleiterin des umweltpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion in Berlin habe sie nicht nur auf Bundesebene noch heute bestehende Freundschaften über alle Parteigrenzen hinweg knüpfen können. Äußerungen wie diese haben sicher dazu beigetragen, dass Seibert nicht nur von Stadtverordneten der regierenden Koalition gewählt wurde (diese verfügt über 23 Sitze im Parlament).
Zudem war ihre Tätigkeit in der Bundeshauptstadt schwerpunktmäßig im Bereich Umwelt und Klimaschutz verortet - ein weiterer potenzieller Türöffner über Parteigrenzen hinweg. Seibert plädiert für eine Politik mit "klarem Blick für eine gesunde Balance aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten". So sei die Verkehrsentlastung eine "unabdingbare Aufgabenstellung" für Hattersheim. Die Umsetzung des Nahmobilitätskonzepts sei hier ebenso wichtig wie die Schaffung von attraktiven Fuß- und Radwegeverbindungen.
Seibert fordert Seniorenbeirat
Auch den demografischen Wandel hat Heike Seibert auf dem Schirm. Sie berichtete, dass sie bereits als Schülerin und später auch noch einmal als Erwachsene für eine Weile in der Altenpflege tätig war, ebenso im Bereich Pflege in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. "Ich weiß um die Bedürfnisse derer, die mit der Pflege ihrer nächsten Angehörigen absehbar oder plötzlich konfrontiert werden", so Seibert. Neben den klassischen "großen" Problemstellungen in diesem Kontext, wie die Suche nach einem Pflegeplatz oder die Klärung des bürokratischen Prozederes rund um eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung, sind es oft auch kleine, alltägliche Dinge, die zu echten Hürden werden können: Ein nicht abgesenkter Bürgersteig zum Beispiel für Nutzer eines Rollators oder Menschen im Rollstuhl. Mit klarem Blick möchte die neue Erste Stadträtin auf derartige Bedürfnisse eingehen und im Dialog mit Betroffenen Lösungen schaffen.
Auch die Etablierung eines Seniorenbeirates hält Seibert für unabdingbar: "Ältere Menschen müssen gerade in Zeiten des demografischen Wandels eine starke Stimme in Hattersheim haben."
Kinderbetreuung und Jugendarbeit
Steigerungspotenzial in Hattersheim sieht Seibert auch in Sachen Betreuungseinrichtungen für den Nachwuchs. Als Mutter eines zwölfjährigen Sohnes wisse sie, was es bedeutet, gleichzeitig eine gute Mutter zu sein und den beruflichen Aufgaben mit vollem Einsatz zu begegnen. Der Fachkräftemangel treffe Seibert zufolge das Feld der frühkindlichen Kinderbetreuung in einer empfindlichen Zeit, nachdem die Corona-Pandemie seit fast drei Jahren besondere Herausforderungen geschaffen hat und seit dem russischen Überfall auf die Ukraine auch die Integration geflüchteter Kinder wieder eine besonders große Rolle einnimmt. Deshalb müsse man dem Defizit an Fachkräften begegnen, indem man Nachwuchskräfte gewinnt, erfahrene Kräfte bindet und in diesem Kontext neue Wege beschritten werden: "Die Monokultur des sogenannten Situationsansatzes des offenen pädagogischen Konzepts der in städtischer Trägerschaft stehenden Kindertagesstätten muss weitergedacht werden bis hin zu der Frage, ob ein Zulassen von konzeptioneller Vielfalt für neu zu schaffende Einrichtungen nicht unsere Zukunft sein kann - oder soll."
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist Heike Seibert auch die Erweiterung des Angebotes im Bereich der aufsuchenden Jugendarbeit. "Ich möchte noch stärker die Kinder und Jugendlichen mit Angeboten erreichen, die in dem breiten Angebot unserer Vereine keine Heimat finden." Es sei zwar schon lange her, dass sie selbst zu Jugend gehörte, aber sie könne sich gut daran erinnern, wie schwierig es sein kann, seinen Platz im Leben zu finden, Freundschaften aufzubauen, aus denen man Stärke schöpft und beruflich seinen Platz zu finden, so die neue Erste Stadträtin.
Heike Seibert hat ihren eigenen Ausführungen zufolge also die gesamte Bandbreite der Aufgabenstellungen und Problematiken rund um Hattersheim im Blick und Vorstellungen vor Augen, wie man diese jeweils am besten anpacken kann. Die kommenden sechs Jahre werden zeigen, ob sie in ihrer Funktion als Erste Stadträtin hier den Entwicklungen innerhalb der Stadt ihren Stempel aufdrücken kann.
Bürgermeister Klaus Schindling hegt daran keinen Zweifel: Der Rathauschef zeigte sich sehr erfreut über das überzeugende Wahlergebnis und die Aussicht auf Jahre der Zusammenarbeit. Seibert sei vor allen Dingen eine zielorientierte Person; pragmatisch, immer sachorientiert und nie nachtragend. "Eine Person, die unserer Stadt gut tun wird", so Schindling.
Und auch an den noch amtierenden Ersten Stadtrat Karl Heinz Spengler richtete der Bürgermeister Worte des Dankes: Zu seiner Verabschiedung werde es freilich noch eine gesonderte Veranstaltung geben, aber schon jetzt attestierte er Spengler, dass er stets ein guter, und treuer Mitstreiter im Dienste der Sache gewesen sei.
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