Die katholische Pfarrei St. Martinus und die evangelischen Kirchengemeinden hatten in diesem Jahr wieder in allen drei Stadtteilen zu den traditionellen Martinszügen eingeladen.
Los ging der bunte Laternenreigen am Freitag in Eddersheim, wo nach einer Andacht in der dortigen katholischen Kirche die fröhliche Prozession durch die Straßen der Eddersheimer Altstadt zum Mainufer verlief.
Manche nahmen die Einladung in die Kirche gerne an und füllten das dortige Innere, andere zogen es vor, direkt zum Umzug zu kommen und nur an diesem teilzunehmen. Pünktlich um 17.30 Uhr setzten sich die Menschenmassen in Bewegung. Wie gewohnt startete der Martinszug von der Kirche aus am Mainufer entlang, durch diverse Gassen des Stadtteils bis schließlich zum großen Feuer, das am Mainufer von der Feuerwehr vorbereitet worden war. Die zahlreichen Kinder mit ihren Eltern, Großeltern, Freunden und weiteren Verwandten wurden auf ihrem Weg zuverlässig begleitet von der Freiwilligen Feuerwehr und der Jugendfeuerwehr mit hell leuchtenden Fackeln. Und ein "echter" St. Martin war hoch zu Ross natürlich - wie in Okriftel und Hattersheim auch - dabei und wurde von den Kindern mit Spannung erwartet und andächtig bewundert.
Am Sonntag war Hattersheim an der Reihe, wo zunächst in der katholischen Kirche einen Andacht stattfand, gefolgt vom üblichen Martinszug zum Posthof.
Und weiter ging es tags darauf in Okriftel, wo die dortigen Kinder nach einer Andacht vor der evangelischen Kirche mit ihren Familien dem bekannten Reiter mit rotem Umhang auf seinem Pferd zur katholischen Kirche folgten. Pfarrerin Anne Möller und Diakon Jürgen Rottloff begrüßten in der Dämmerung um 17 Uhr die vielen Kinder und Familien auf dem Kirchenvorplatz, erzählten die Geschichte vom Heiligen Martin und forderten zum gemeinsamen Singen auf.
Viele der kleinsten Besucherinnen und Besucher hatten extra für den Tag des Martinsumzugs Laternen selbst gebastelt und trugen diese besonders stolz durch die abendlichen Stadtteile. Jahr für Jahr ein besonders schönes Bild.
Posaunenchöre und Blaskapellen stimmten während der atmosphärischen Prozessionen zum Feuer immer wieder altbekannte Weisen wie „Laterne, Laterne“ oder „Ich geh‘ mit meiner Laterne“ an und sorgten damit für die passende musikalische Untermalung, während die Lust am Mitsingen durchaus hätte größer ausfallen können.
Die vielen bunten Laternen leuchteten und brachten die strahlende Botschaft des Heiligen Martin in die Novemberdunkelheit. Jener Heilige Martin von Tours wurde im Jahre 316 in der römischen Provinz Pannonien (im heutigen Ungarn) geboren. Nach einer eher widerwillig eingeschlagenen Militärkarriere gründete er im Alter von 40 Jahren in Ligugé das erste abendländische Kloster überhaupt und wurde sechs Jahre später zum Bischof von Tours geweiht. Selbst in diesem hohen Kirchenamt zog er eine asketische Lebensweise vor, was ihn in der Bevölkerung ausgesprochen beliebt machte. Obwohl er nicht den Märtyrertod gestorben war, wurde er unmittelbar nach seinem Tod heilig gesprochen. Martin wurde damit beispielhaft für ein Erlangen der Heiligkeit durch das Vollbringen guter Taten, Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Die landläufigen Bräuche zum Martinstag entwickelten sich erst etwa anderthalb Jahrtausende später: Die ersten Laternenumzüge mit anschließender Nachstellung der Legende des Sankt Martin am wärmenden Martinsfeuer fanden im Rheinland des späten 19. Jahrhunderts statt.
Jenes mächtige Martinsfeuer, das eine enorme Wärme auf die staunenden Zuschauer ausstrahlt, ist natürlich der Höhepunkt eines jeden Martinsumzugs. Es war auch in diesem Jahr nicht zu übersehen, wie viel Freude und Begeisterung diese wunderbare Tradition bei den teilnehmenden Kindern hervorruft. Und auch die Erwachsenen konnten sich nostalgischen Erinnerungen nicht erwehren und dachten dabei an die Martinsumzüge in ihrer eigenen Kindheit.