Erwartungsgemäß war die Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstagabend in erster Linie geprägt von der Haushaltsdebatte - und ebenfalls erwartungsgemäß wurde der eingebrachte Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 mit den Stimmen der regierenden Koalition, bestehend aus CDU, FDP und FW, abgesegnet. CDU und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Minnert verteidigte zunächst den vorgelegten Entwurf. Auch bei einem Doppelhaushalt bleibe der der Grundsatz der Jährlichkeit bestehen, sprich: Alle Ansätze sind für jedes Jahr getrennt veranschlagt und Bewilligungen gelten nur für das jeweilige Haushaltsjahr. Mit Ablauf eines Jahres hören diese auf zu wirken, lediglich allgemeine Bestimmungen in der Haushaltssatzung, wie beispielsweise die Hebesätze der Realsteuern, besitzen für beide Jahre Gültigkeit.
Als Vorteile eines Doppelhaushaltes führte Minnert zum Beispiel die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und den Wegfall der vorläufigen Haushaltsführung im zweiten Jahr an. Es gebe eine verbesserte Planungssicherheit für Projekte, die über den Jahreswechsel hinausgehen, und das finanzielle Einsparungspotenzial falle erheblich aus.
Eine gewisse Planungsunsicherheit für das zweite Jahr wollte Minnert nicht verschweigen, dies könne jedoch, falls nötig, seiner Ansicht nach "sehr leicht" durch einen entsprechenden Nachtragshaushalt korrigiert werden.
Minnert verwies auch auf die vielfältigen Kostensteigerungen, die den neuen Haushalt insbesondere belasten. Da wären zum Beispiel die Personalkosten aufgrund der Tariflohnerhöhung. und Verdi streikt gerade wieder für erneute acht Prozent Lohnsteigerung. Die Kreisumlage ist gestiegen, ebenso die Betriebskostenzuschüsse beim Abwasserverband und bei der Main-Taunus-Verkehrsgesellschaft mbH (MTV).
Bei investiven Maßnahmen sei entscheidend, das "Präventive der Investitionen" zu sehen, so Minnert. Dies seien eben keine Konsumschulden, und fehlende Investitionen seien auch nicht generationengerecht, denn auch dies seien letztendlich Kosten, die man künftigen Generationen aufbürdet. Deshalb seien "sinnvolle Investitionen", sei es für die Ertüchtigung der Anlagen der hiesigen Sportvereine, für den Neu-, Aus- und Umbau von Kindertagesstätten, Umweltprogramme wie "100 wilde Bäche für Hessen" oder "1.000 Bäume für Hattersheim", die Einstellung eines Klimaschutzmanagers, die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes oder den Erhalt des Hattersheimer Schwimmbades und der Stadthalle sowohl vertretbar als auch keinesfalls gegen kommende Generationen gerichtet - ganz im Gegenteil: Sie nützen diesen sogar erheblich, so Minnert.
Die durch diese Investitionen entstehenden Herausforderungen sehe man in den Reihen der CDU ebenfalls sehr deutlich. Bürgermeister Schindling habe die dazugehörigen Gegenmaßnahmen bereits bei der Einbringung des Haushaltes umfangreich erläutert. Man werde die Stadthalle und das Stadtmuseum ausgliedern und insbesondere für die Stadthalle eine Konzeption fertigstellen, die sie zu einem "profitablen Asset" macht. Im Bereich der Kinderbetreuung werde bereits mit Hochdruck daran gearbeitet, strukturelle Maßnahmen umzusetzen, die bei Gewährleistung der hohen Betreuungsqualität finanzielle Einsparungen ermöglichen soll.
Zudem verfüge man über 33 Millionen Euro an Rücklagen, die in den vergangenen acht Jahren erwirtschaftet wurden. "Ein Novum in Hattersheim", betonte Minnert. Für "vordergründige Haushaltskosmetik" sollen diese nicht Verwendung finden.
SPD wittert Konzeptlosigkeit
Thomas Abicht, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, kritisierte den Haushaltsentwurf deutlich und machte dies an drei Punkten fest: An der Höhe der Ausgaben und des Defizits im ordentlichen Ergebnis, an der Effizienz der Ausgaben und schließlich anhand der ansteigenden Verschuldung.
Nach wie vor habe Hattersheim eine gute Einnahmesituation, die nach Ansicht der SPD eigentlich dafür ausreichen sollte, um die Grundsteuer nicht erhöhen zu müssen. "Wir wissen, Herr Bürgermeister, dass Sie gerne immer weiter an der Steuerschraube drehen wollen, weil sie nicht mit Geld umgehen können", formulierte Abicht provokant. Wenn es innerhalb der Koalition schon als Erfolg gelte, dass die Grundsteuer in einem Jahr mal nicht erhöht wird, dann sage das schon sehr viel aus.
Das Problem in Hattersheim seien viel mehr die Ausgaben, und schuld daran sei die Koalition aus CDU, FDP und Freien Wählern, die "seit einigen Jahren die städtischen Ausgaben in astronomische Höhen katapultiert", so Abicht. Noch 2016 lagen die jährlichen Aufwendungen im städtischen Haushalt deutlich unter 50 Millionen Euro. Mittlerweile habe die Koalition mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf die Schallmauer von 100 Millionen Euro deutlich durchbrochen. Im Jahr 2025 sollen die Aufwendungen bei 107 Millionen Euro liegen, im Jahr 2026 sogar bei 110 Millionen Euro. Ohne Grundstücksverkäufe läge das Defizit bei 7,7 Millionen für 2025 und gut 10 Millionen Euro für 2026. Dieses Defizit bereitet Thomas Abicht große Sorgen - und verwundert nimmt er zur Kenntnis, dass sich in den Reihen der Koalition niemand Sorgen über dieses hohe Defizit zu machen scheint. Denn die Möglichkeit der Grundstücksverkäufe sei nun mal endlich.
Zwar höre man vom Bürgermeister und aus den Reihen der Koalition immer wieder die Begriffe "Sparen" und "Konsolidieren" - aber wenn die Aufwendungen steigen und das Defizit im ordentlichen Haushalt immer größer wird, dann sei das weder das eine noch das andere.
Abicht verwies auf einen Antrag der SPD-Fraktion bezüglich der Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Haushaltskonsolidierung, über den an diesem Abend ebenfalls abgestimmt werden sollte. Die Sozialdemokraten boten der regierenden Koalition an bei einer echten Konsolidierung an einem Strang zu ziehen und in einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe nach echten Einsparpotenzialen zu suchen - der Antrag wurde später mit den Gegenstimmen von CDU, FDP und FW mehrheitlich abgelehnt, was sich bereits in der vorherigen Ausschussrunde abgezeichnet hatte.
Abicht warf der regierenden Koalition auch vor, dass diese weiterhin "mit vollen Händen Geld ausgegeben wird, ohne auf die Effizienz und Effektivität zu achten". Als Beispiel führte er die Sanierung der Stadthalle an, die nun weitere zwei Millionen Euro für den Einbau einer neuen, besseren Klimaanlage verschlingen soll. "Mit einer ordentlichen Planung am Anfang hätte günstiger saniert werden können", so Abicht.
Ebenso rutsche man beim Bau beziehungsweise der Sanierung von Kindertagesstätten "von einem Provisorium in das nächste". Im aktuellen Haushalt seien drei Millionen Euro für die Umsetzung von Containern von der Kita Dürerstraße in die Frankfurter Straße eingeplant. Seitens der SPD halte man dies für keine gute und dauerhafte Lösung: "Statt in ordentliche Gebäude zu investieren, hantieren sie mit Containern, und Ihnen laufen damit auch die Kosten davon." "Wir brauchen in Hattersheim wieder einen sparsamen Umgang mit Steuermitteln", forderte Abicht.
Zudem wachse der Schuldenberg der Stadt weiter: "Bis zum Jahr 2028 prognostizieren Sie einen Anstieg der Schulden auf 92 Millionen Euro", stellte Abicht fest. Zwar erkläre Bürgermeister Schindling regelmäßig, dass mit den sogenannten guten Schulden in Sachwerte investiert werde, die man vielleicht auch veräußern könnte. Dies stimme aber nur teilweise: "Erstens kann man ein Gebäude, dass man verkauft, nicht mehr nutzen, dann ist es weg. Und zweitens wird von der Stadt Hattersheim überwiegend in nicht marktgängige Immobilien investiert. Das ist übrigens ja auch nicht Sinn und Zweck der Investitionen von Städten. Kindergärten, Sportstätten, Stadthalle, Stadtmuseum sind aber dann auch keine Gebäude, die jederzeit mit Gewinn auf dem freien Markt verkauft werden können", so der SPD-Stadtverordnete. Deshalb bringe es auch wenig auf mögliche Gewinne aus Veräußerungen zu hoffen, mit der man die Schulden in Zukunft mal abtragen könnte. Und man sei als SPD auch sehr gespannt darauf, ob man 2026 dann bei der Vermarktung der Stadthalle sehen kann, dass man damit tatsächlich alle Kosten der Stadthalle tragen kann. Ähnliches gilt für die Ausgliederung des Stadtmuseums. Denn schließlich komme das ordentliche Defizit von 10 Millionen Euro im Jahr 2026 nur zustande, weil man die Aufwendungen für Stadthalle und Stadtmuseum auf Null gesetzt habe. "Klartext: Sie hoffen darauf, dass Sie durch eine Ausgliederung der beiden Immobilien keine Kosten mehr im städtischen Haushalt haben werden. Der Haken an der Geschichte: Es gibt weder ein Ausgliederungskonzept noch ein Vermarktungskonzept. Gleichzeitig haben sie festgestellt, dass die Stadtteile in ihrer jetzigen Form nach Sanierung und Nachbesserung immer noch nicht gut für eine Vermarktung geeignet ist. Deshalb wollen sie noch mal nach nachbessern. Also noch mal Steuergelder in ein Gebäude stecken, dass sie im nächsten Jahr ausgliedern wollen. Wenn Sie noch kein Konzept haben, wie können Sie dann davon ausgehen, dass die Stadthalle bereits im kommenden Jahr keinen Zuschuss Bedarf mehr benötigt?"
Die Hattersheimer Sozialdemokraten halten den vorgelegten Haushalt mit einem Defizit im ordentlichen Ergebnis von fast 18 Millionen Euro in den Jahren 2025 und 2026 für nicht verantwortbar, weshalb sie diesen auch ablehnen.
Grüne befürchten "Ausverkauf des Tafelsilbers"
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Nathalie Ferko, fühlte sich beim vorgelegten Haushaltsentwurf eher "an das Drehbuch einer Tragödie erinnert als an eine zukunftsfähige Finanzpolitik". Bis 2028 soll der Schuldenstand auf 92 Millionen Euro steigen, und gleichzeitig können Einnahmen auch immer aus unvorhersehbaren Gründen wegfallen.
Ferko kritisierte die fehlende Erkennbarkeit eines Willens zur Vorlage eines Planes, wie dieser "Berg" abgebaut werden soll. Stattdessen sollen Grundstücksverkäufe als kurzfristige Einnahmequelle zur Deckung der jährlichen Haushaltslöcher dienen. "Der Ausverkauf unseres Tafelsilbers ist in vollem Gang".
Gleichzeitig mahnte sie an, was eigentlich passiere, wenn einer der großen Gewerbesteuerzahler seinen Hauptsitz verlegt? Rechenzentren seien schließlich eine "schnelllebige Branche".
Ebenso würden die Personalausgaben nicht nur aufgrund von Tarifverhandlungen steigen. Im vergangenen Jahr wurden 14 neue Stellen geschaffen.
Bezüglich der allgemeinen Stadtentwicklung könne sie es kaum fassen, dass das von der Koalition beantragte Integrierte Stadtentwicklungskonzept erst jetzt ausgeschrieben wird, nachdem bereits zahlreiche Flächen versiegelt wurden und es kaum noch Raum für ein echtes Konzept gebe. "Die Auswirkungen sind unübersehbar: Eine massive Versiegelung durch mittlerweile 14 Rechenzentren, die wenig Lebensqualität für das schöne Hattersheim beitragen und große Flächen verschwenden, die für dringend benötigten Wohnraum und grüne Räume hätten genutzt werden können." Eine Stadtentwicklung, die ohne Weitblick und Rücksicht auf die Lebensqualität geplant werde, hinterlasse deutliche Spuren, die jetzt nicht mehr einfach korrigiert werden können, so Ferko. Verkehrstechnisch stehe Hattersheim zudem eine "Katastrophe" bevor, sowohl durch Stauaufkommen als auch durch die Parkplatzsituation. "Und anstatt endlich ein echtes Konzept zu präsentieren, dass die drängenden Herausforderungen berücksichtigt, wird weiterhin in Etappen und ohne klares Ziel gearbeitet."
FDP sieht nun klare Sparmaßnahmen
Alexandros Miliopoulos (FDP) erinnerte daran, dass seine Partei dem letzten Haushalt nicht zustimmen konnte, weil man klare Sparmaßnahmen vermisst hatte.
Heute sehe die Situation glücklicherweise anders aus und man werde diesem Doppelhaushalt zustimmen, weil zentrale Forderungen der FDP nun berücksichtigt wurden. "Wir begrüßen ausdrücklich, dass keine neuen Stellen geschaffen werden und freiwerdende Stellen nicht automatisch nachbesetzt werden. Dies ist ein entscheidender erster Schritt, um die steigende Personalkosten wieder in den Griff zu bekommen", so Miliopoulos.
Der vorliegende Haushalt sei der Anfang eines langfristigen Prozesses hin zu mehr Sparsamkeit und Effizienz. Auch auf Initiative der FDP wurde erfolgreich verhindert, dass 2026 die Grundsteuer erhöht wird. "Das war keine einfache Entscheidung, aber ein klares Signal unserer Glaubwürdigkeit. Steuererhöhungen dürfen nicht die erste Lösung sein."
Erst wenn alle Sparmöglichkeiten ausgeschöpft sind, könne man über weitere Maßnahmen sprechen. Ein Bereich, der besondere Aufmerksamkeit erfordert, sei die Kinderbetreuung. Es sei selbstverständlich wichtig, qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen. Angesichts eines hohen jährlichen Defizits müsse man jedoch vorhandene Sparpotenziale nutzen, ohne die Qualität wesentlich einzuschränken.
Die Stadthalle ist ein denkmalgeschütztes Gebäude und wurde technisch auf dem neuesten Stand gebracht. "Dieser Prozess ist einzigartig und bringt naturgemäß immer wieder Herausforderungen mit sich, die erst im Betrieb sichtbar werden, und das Konzept der externen Vermarktung, welches Einnahmen generieren soll, ist relativ neu. Daher halten wir diese Investition für gerechtfertigt und auch notwendig für die Stadtteile", führte der FDP-Stadtverordnete die Position seiner Fraktion aus.
Was die geplante Ausgliederung von Stadthalle und Museum betrifft, drängt die FDP auf eine zeitnahe Entscheidung zu treffen. Die Verwaltung habe hier proaktiv gehandelt und man sollte Verzögerungen, die in Abläufen auftreten können, konstruktiv überwinden, um schnell handlungsfähig zu bleiben.
Freie Wähler halten weitere Einsparungen für notwendig
Oliver Wiendl (Freie Wähler) verteidigte in Zeiten von Terrorismus und Extremismus, aber auch Klimawandel und zunehmenden Starkwetterereignissen die Investitionen in Feuerwehr, Umweltschutz und Stadtpolizei. Die Bürgerinnen und Bürger von Hattersheim sollen sich auch in den kommenden Jahren in ihrer Stadt sicher fühlen können. Und im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher können freie Stellen erst durch im Haushalt veranschlagte Mittel angemessen beworben werden - bundesweit ein wichtiges Thema angesichts des Fachkräftemangels.
In Sachen Stadthalle hatten die ausgewiesenen Summen im Investitionsplan die Freien Wähler "auch erstmal stutzig gemacht". Aber bei genauerer Betrachtung könne man die Investitionen nachvollziehen. Die restaurierte und mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnete Stadthalle werde durch die Investitionen und eine nun folgende professionelle Vermarktung nicht nur den Hattersheimer Bürgerinnen und Bürger ihre Stadthalle zurückbringen, sondern die Stadt kulturell auch bereichern.
Für 2025 konnten die Freien Wähler der Grundsteuererhöhung noch zustimmen. Für 2026 konnte sich die Koalition, auch aufgrund der nach 2024 erneut sehr harten Verhandlungen, auf den Verzicht auf eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B einigen.
Man sei sich bewusst, dass die Kommune hohe Einnahmen hat, aber auch hohe Ausgaben. Es wurden und werden Einsparungen gefordert. Diese wurden gesucht und auch gefunden. "Von einem reinen Ausgabeproblem zu sprechen ist politisch für eine Opposition sehr leicht, aber vollumfänglich nicht zutreffend", so Wiendl. Dass weitere Einsparungen notwendig sind, sei den Freien Wählern wie auch der Koalition bewusst und es gelte, diese auch weiterhin mit sehr hoher Priorität umzusetzen.
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