Zukunftsthemen wie die regionale und internationale Digitalisierung sowie die nachhaltige Stärkung der Zukunftsfähigkeit der Region FrankfurtRheinMain sind spätestens seit der Gründung des Vereins Taunus Innovation Campus e. V. im vergangenen Jahr in Hattersheim zu Hause, und dazu zählt unter anderem auch die unterstützende Zusammenarbeit der Stadt mit vielversprechenden Startup-Unternehmen. Zu dieser Kategorie gehört das Projekt "Temys Health Assistant" des Gründerteams Alexander Zeier und Olga Stepanova. Der Hattersheimer Stadtanzeiger wird den Werdegang des jungen Unternehmens im Rahmen einer neuen Serie "Vom Start-up zum Unicorn" eng mitverfolgen. Und wer weiß: Vielleicht entwickelt sich das Ganze tatsächlich zu einem sogenannten „Einhorn“, also zu einem Startup, das vor einem Börsengang bereits eine Marktbewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar erhält.
Das Gründerteam
Der gebürtige Hattersheimer Alexander Zeier ist 32 Jahre alt und hat seine Heimatstadt nur vorübergehend zum Maschinenbau-Studium in Braunschweig verlassen. Zudem studierte er Elektroinformationstechnik in Darmstadt. Temys ist nicht seine erste Firmengründung: Bereits mit Anfang 20 sammelte er in Sachen Startup erste Erfahrungen zur Hochzeit der Erneuerbaren Energien. Gesetzesänderungen im Bundestag machten jedoch die angedachten unternehmerischen Aktivitäten zunichte – das Geschäftsmodell war schlagartig nicht mehr geschäftsfähig. Nun unternimmt er mit Temys – und einiger Erfahrung mehr im Gepäck – einen neuen, vielversprechenden Startup-Anlauf.
Olga Stepanova ist ebenfalls 32 Jahre alt. Die gebürtige Russin ist in Dortmund aufgewachsen, hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster studiert und ist seit fast fünf Jahren als Rechtsanwältin in einer Frankfurter Kanzlei tätig. Als Fachanwältin für IT-Recht und gewerblichen Rechtschutz fühlt sie sich im Digitalisierungsbereich heimisch, und dort zählt der Gesundheitsbereich zu ihren Schwerpunkten. Dieses Thema bereitet ihr besonders viel Spaß, da sie noch viel Fortschrittspotenzial sieht – und die Möglichkeit, selbst daran mitzuwirken. Nicht nur die Corona-Pandemie hat ihrer Ansicht nach gezeigt, dass es hier einerseits noch viel Bedarf gibt und andererseits auch viele junge, engagierte Menschen, die Lust darauf haben diesen Bedarf zu befriedigen.
Alexander Zeier und Olga Stepanova kennen sich seit gut zwei Jahren, und beide verstehen sich nicht nur als Mitgründer, sondern auch als gute Freunde.
Die Idee
Zu Jahresbeginn saßen Zeier und Stepanova in deren Kanzlei in Frankfurt zusammen. Gemeinsam regte man sich ein wenig über dies und das auf und fing an, darüber nachzudenken, was man denn selbst tun könnte um die Situation der medizinischen und pflegerischen Versorgung zu verbessern. Die damalige Lebensgefährtin von Alexander Zeier, eine Ärztin in einem Frankfurter Klinikum, schilderte immer wieder weit verbreitete Probleme aus dem Krankenhausalltag: Patienten mit allzu kleinen „Wehwehchen“ kommen viel zu häufig – und ohne tatsächliche Not - in die Notaufnahme.
So entstand die ursprüngliche Idee eines KI-Assistenten (KI = Künstliche Intelligenz), der es den Patienten ermöglicht über Formulare und mit elektronischer Zuschaltung eines Arztes selbst herauszufinden, ob sie die Notaufnahme wirklich aufsuchen sollten oder nicht und gegebenenfalls direkt einen Termin beim kassenärztlichen Notdienst zu vereinbaren.
Mit dieser Idee beschäftigten sich die beiden noch eine Weile, aber aufgrund gesetzlicher Regelungen, gerade in Hinblick auf Haftungsfragen, wollte man sich den „Schuh“ der KI-gesteuerten Diagnostik nicht anziehen.
Im Mai 2021 kam der Großvater von Alexander Zeier in ein Pflegeheim. Dort hat Zeier beobachten können, dass die Arbeit des Pflegepersonals häufig arg ineffizient anmutet – ein Umstand, der die Problematik der ohnehin schon recht dünnen Personaldecke im Pflegebereich noch zusätzlich verstärkt. Ein Patient drückt den Notrufknopf, eine Pflegerin oder ein Pfleger eilt daraufhin in dessen Zimmer, hört sich erst einmal das jeweilige Bedürfnis an, um dann gegebenenfalls einen weiteren langen Weg auf sich zu nehmen und beispielsweise die gewünschte Flasche Wasser zu holen. Natürlich vergeht dabei unnötig viel Zeit – und so kamen die beiden Gründer auf die Idee, dass ein Smart Speaker im Stile von Amazons Alexa für derartige Fälle ein enorme Hilfe im Pflegealltag darstellen könnte.
Alexander Zeier tauschte sich daraufhin mit Pflegediensten und Hausärzten aus, und nachdem das Feedback aus dieser Richtung durchweg positiv ausfiel, fasste er gemeinsam mit Olga Stepanova den Entschluss, diese Idee weiter zu verfolgen. Also gründete man hierfür eine Firma. Mit diversen Unternehmen aus dem Gesundheits- und Pflegebereich hat man daraufhin Gespräche geführt. Das Interesse an der Mitwirkung war groß, und wenn alles nach Plan läuft und vor allem die Pandemie nicht zu Verzögerungen führt, wird man im Januar oder Februar 2022 in die Testphase gehen. Schon Mitte Dezember ging die Webseite www.temys.de online.
Schindling begrüßt das Engagement
Bürgermeister Klaus Schindling freut sich über das Engagement aus den eigenen Reihen: „Es ist immer spannend zu sehen, wenn neue Geschäftsideen erfolgreich entwickelt werden. Noch schöner ist es natürlich, wenn die Unternehmerinnen und Unternehmer aus der eigenen Stadt oder Region kommen. Ich wünsche den Entwicklern von Temys Medical Solutions UG auf ihrem Weg stets die passenden Lösungen für Herausforderungen, eine Menge Geduld und die richtige Perspektive im Unternehmeralltag. Ich bin stolz darauf, dass die Idee für eine ‚deutsche Alexa‘ in Hattersheim geboren wurde und habe vollstes Vertrauen darauf, dass sie mit dem richtigen Fingerspitzengefühl ganz groß werden kann. Die Stadt Hattersheim unterstützt Start-Ups unter anderem mit Beratungsleistungen aus der Wirtschaftsförderung, damit auch unerfahrene Unternehmer den richtigen Weg einschlagen können.“