Was Starkregenereignisse für Hattersheim bedeuten

Bürgerversammlung: Was tut die Stadt und wie kann man sich und sein Anwesen schützen?

mpk

Im Rahmen der Bürgerversammlung am Donnerstag, 3. April, im der Hattersheimer Stadthalle wurde nicht nur die Deichrückverlegung in Eddersheim thematisiert (wir berichteten), sondern auch das Thema Starkregenereignisse.

Peter Dengel, Referatsleiter von den Stadtwerken, erläuterte die Problematik aus Hattersheimer Sicht. Starkregen definiert der Deutsche Wetterdienst in drei Stufen, jeweils im Verhältnis Niederschlagsmenge zu einer Zeiteinheit. Eine Wetterwarnung wird bei Regenmengen von bis zu 25 Litern pro Quadratmeter und Stunde ausgerufen, eine Unwetterwarnung bei 40 Litern, und darüber ist von einem extremen Unwetter die Rede.

Das große Problem bei einem Startregenereignis: Die Kanalisation ist dann nicht mehr in der Lage, die niedergehenden Regenmengen abzutransportieren. Ein globales Problem laut Dengel: "Weder in Hattersheim noch in Frankfurt oder in New York gibt es ein Kanalsystem, das solche Regenmengen bei einem Starkregenereignis komplett abtransportiert."

Ein normales (Sommer-)Regenereignis überfordert das Kanalsystem noch nicht. Die Regenmengen können dabei vom Boden aufgenommen werden, der das Wasser unter der Erde ins Grundwasser abführt. Auf das Dach prasselnder Regen wird über die Regenrinne ind die Entwässerungsleitungen abgeführt, um schlussendlich im Hauptsammler in der Straßenkante zu landen.

Bei einem Starkregenereignis hingegen gehen in kürzester Zeit Regenmengen nieder, die den Boden, die Regenrinnen und das Kanalsystem überfordern. Verstärkt wird das Problem potenziell bei großer Sommerhitze, wenn der Boden extrem ausgetrocknet und hart ist, was die Aufnahme von Regenwasser erheblich erschwert. Das Regenwasser läuft dann in Senken oder tiefere Ebenen ab, wo sich kleine "Seenlandschaften" bilden.

Effektiv mehr Niederschlagswasser verarbeiten könnte das Kanalsystem nur dann, wenn man es vollständig vergrößert. Sprich: Die Durchmesser von Abflüssen, Hausentwässerung, Zuläufen in das Kanalsystem und der Sammler in der Straße müssten allesam vergrößert werden - erweitert man nur einen Abschnitt, verschiebt man lediglich den "Flaschenhals". Eine Hochdimensionierung aller Durchmesser sei technisch nicht möglich und auch von der Kostenseite her nicht darstellbar, so Dengel.

In Hattersheim, wie in der restlichen Bundesrepublik, wurde das Kanalsystem in der Nachkriegszeit aufgebaut, überwiegend in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Mit der Kommune Hattersheim ist auch das hiesige Kanalsystem gewachsen, auf eine Länge von heutzutage circa 100 Kilometer Länge. Die Dimensionierung der Rohrdurchmesser erfolgt auf Basis von statistischen Niederschlagsmengen des Deutschen Wetterdienstes. Diese Regenmengen dürfen das Kanalsystem nur in bestimmten Zeitintervallen übersteigen, hierfür gibt es ein hochkomplexes Rechensystem. Ingenieure und externe Fachfirmen legen dann bei Sanierungs- und Neubaumaßnahmen die notwendige Rohrdimensionierung fest.

Was kann getan werden?

Starkregenereignisse lassen sich nicht verhindern, aber es gibt durchaus Maßnahmen, die man ergreifen kann, um die Auswirkungen solcher Ereignisse abzumildern, so Dengel. Dazu zählen bauliche Maßnahmen im Kanalsystem, wie der Einbau von Stauraumkanälen. Ein solcher Kanal hat ein erheblich größeres Volumen und kann lokal Regenwasser zwischenspeichern, um es dann zeitversetzt in das restliche Kanalsystem abzugeben. Im Stadtgebiet von Hattersheim hat man derzeit sechs Anlagen dieser Art.

Bei allen Sanierungen und Neubaumaßnahmen wird der Einbau von weiteren Stauraumkanälen geprüft. Ein derartiger Einbau kostet natürlich auch Geld, und das nicht zu knapp: Ein Stauraumkanal kostet derzeit etwa 1.300 Euro pro Kubikmeter Stauraumvolumen. Ein jüngst an der Taunuseisenbahn installierter Stauraumkanal hat ein Volumen von 130 Kubikmetern, ergo schlug dieser mit etwa 170.000 Euro zu Buche.

Dann gibt es noch die Möglichkeit generell bei Sanierungs- oder Neubaumaßnahmen den Rohrdurchmesser der Kanäle zu vergrößern. So konnte aktuell in der Sindlinger Straße teilweise der Rohrdurchmesser um bis zu 20 Zentimeter vergrößert werden. Doch die Möglichkeiten der Durchführung solcher Maßnahmen sind begrenzt; es bestehen technische und räumliche Einschränkungen. Neben dem Kanal sind dort unter anderem auch Gas-, Wasser- und Glasfaserkabel verlegt, und zuweilen wird, wie jezt auch in der Sindlinger Straße, vorausschauend ein Korridor für künftige Kabelverlegungen freigelassen.

Ebenso wird die Möglichkeit praktiziert, Bauherren verbindliche Vorgaben für die Zurückhaltung von Regenwasser zu machen. So läuft es gerade in Sachen neue Grundschule am Südring: Der Main-Taunus-Kreis als Bauherr muss dafür sorgen, dass das komplette Regenwasser nicht in der Hattersheimer Kanalnetz eingeleitet sondern in irgendeiner Form auf dem Grundstück gespeichert oder zurückgehalten wird.

Bereits 2019 hat Hattersheim als eine der ersten Kommunen in Hessen eine Starkregenrisikokarte umgesetzt. Ziel dieser Karten war ursprünglich, dass die städtischen Planungsingenieure eine Grundlage für die Berechnung der Rohrdimensionierung haben und um festzustellen: Wo sind die neuralgischen Punkte im Überschwemmungsgebiet? Dabei wurde die Topographie der Oberflächen der Stadtgebiete aufgenommen um festzustellen, wo sich Senken befinden, in denen sich potenziell bei Starkregen das Wasser sammeln kann.

Diese Karten sind für jedermann nutzbar und auf der städtischen Homepage als .pdf-Datei hinterlegt.

Wer sein eigenes Haus in einem gefährderten Bereich auf dieser Karte wiederfindet, ist besonders gut beraten, gewisse Maßnahmen zu ergreifen um das eigene Anwesen vor Hochwasserschäden zu schützen.

Da wäre zum einen eine sogenannte Rückstauklappe. Dabei handelt es sich um ein mechanisches Teil, das am Ende einer Hausinstallation im Keller eingebaut wird und das Anwesen schützt, wenn es einen Rückstau aus dem Kanalsystem gibt.

Dann gibt es die Möglichkeit, sich wasserdichte Kellerfenster einzubauen. Wenn hier das Wasser einmal 30 oder 40 Zentimeter hoch steht, dann läuft sofort der Lichtschacht von einem Kellerfenster voll. Und wenn das passiert, dauert es bei (meist einfach verglasten) Kellerfenstern nicht lange, bis der Wasserdruck das Fenster zerstört und das Wasser in den Keller strömt.

Und auch die gute, alte Regentonne kann helfen: "Auch Kleinvieh macht Mist", erklärte Peter Dengel.

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