"Statt Hattersheim Stadt Hattersheim" 50 Jahre Stadtrechte: Feierlicher Festakt im Vorfeld der jüngsten Stadtverordnetenversammlung

Bürgermeister Klaus Schindling trug während seiner Rede die Amtskette, die 1970 anlässlich der Stadterhebung neben dem Goldenen Buch der Stadt eingeführt wurde. Hergestellt wurde die Amtskette vom Juwelier Buchwald in Frankfurt-Höchst.

50 Jahre Stadtrechte: Feierlicher Festakt im Vorfeld der jüngsten Stadtverordnetenversammlung

Wenn eine Kommune seit 50 Jahren eine Stadt ist, dann ist das normalerweise ein guter Grund für große Feiern und Festakte anlässlich dieses besonderen Jubiläums. Nun ist 2020 bekanntermaßen "dank" der Coronavirus-Pandemie ein leider nicht minder besonderes Jahr, und deshalb ist man gut beraten, gesellige Ereignisse und Zusammenkünfte maximal auf Sparflamme durchzuführen. So verhält es sich in diesem Jahr auch in Hattersheim am Main, wo man das 50-jährige Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte momentan nicht so ausführlich begehen kann, wie man das gerne tun würde.

Und so kam es, dass - neben der Ausstellung "Hattersheim wird Stadt" in der Galerie des Alten Posthofs - nur ein kleiner Festakt im Vorfeld der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag veranstaltet werden konnte. Hierbei hielt zunächst Bürgermeister Klaus Schindling, dem Anlass angemessen seine Amtskette tragend, eine kurze Rede, in der er auch zunächst festhielt, wie er sich eigentlich einen gebührenden Rahmen für dieses Jubiläum vorgestellt hätte: Als respektvoller Festakt in fröhlicher und geselliger Stimmung, mit musikalischen Programmpunkten und eingeladenen Zeitzeugen wie den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der letzten Jahrzehnte sowie den ehemaligen Ersten Stadträtinnen und –räten. So hätte man dies in einem „guten und würdigen Rahmen begehen können“, skizzierte Schindling.

Die Corona-Pandemie habe auch dieses nicht möglich werden lassen. Deshalb habe man sich entschlossen, an diesem Tage keine Feier zu begehen. Man wollte das Ereignis aber auch nicht unerwähnt lassen – und zwar mit dem Versprechen, die Feierlichkeiten zu einem späteren Zeitpunkt in einem gebührenden Rahmen nachzuholen.

Bürgermeister Schindling warf die Frage auf: „Was ist denn der Unterschied zwischen einer Stadt und einer Gemeinde?“ Der Hessischen Gemeindeordnung zufolge kann die Landesregierung die Bezeichung „Stadt“ an Gemeinden verleihen, die nach „Einwohnerzahl, Siedlungsform und Wirtschaftsverhältnissen städtisches Gepräge tragen“. Früher waren Städte große zivilisatorische Gemeinschaften, mit Stadtmauern, wo auf den Marktplätzen reger Handel herrschte – etwas, das es so in Gemeinden und Dörfern nicht gab. Mittlerweile sei das nicht mehr so, stellte Schindling fest. Städte und Gemeinde unterscheiden sich eigentlich nur noch relativ marginal, aber dass man als Stadt eine zentralörtliche Bedeutung als Mittelzentrum hat, ist von großer Bedeutung. Unterzentren hätten bezüglich der Ansiedlung von Unternehmen gänzlich andere Voraussetzungen, und diese Einordnungen führen landespolitisch immer wieder zu intensiven Diskussionen.

Man ist in Hattersheim froh darüber, dass seinerzeit die handelnden Personen diesen Weg hin zur Stadterhebung eingeschlagen haben, so der Bürgermeister, und er beendete seine kurze Ansprache mit dem erneuten Versprechen, möglichst im kommenden Jahr, nach der dann hoffentlich bewältigten Corona-Krise, zu diesem bedeutsamen Anlass eine vollwertige Feierstunde in einem angemessenen Rahmen nachzuholen. Dennoch sei es wichtig gewesen, dieses Datum auch im tatsächlichen Jubiläumsjahr 2020 nicht unerwähnt zu lassen.

Von Heideresheim zu Hattersheim

Auch Stadtverordnetenvorsteher Günter Tannenberger würdigte den Tag mit einer kurzen Rede. "Wir begehen in besonderen Zeiten, besonderen Umständen und unter bestimmten Voraussetzungen eine kleine Gedenkfeier anlässlich 50 Jahre Stadterhebung Hattersheim", so Tannenberger. Unter anderen Bedingungen hätte an diesem Abend auch Altbürgermeister Norbert Winterstein, der die Stadterhebung seinerzeit maßgeblich initiiert und vorangetrieben hatte, am Pult gestanden. Tannenberger erinnerte zusätzlich an ein anderes Jubiläum, das in diesem Jahr nicht wie geplant begangen werden kann: 875 Jahre Eddersheim. Hier stand für die geplante Feier schon längst das gesamte Programm, aber angesichts der Pandemie musste alles abgesagt werden.

Der Stadtverordnetenvorsteher blickte zurück in die Hattersheimer Historie, bis ins Jahr 1132, als ein Ort namens "Heideresheim" erstmals urkundlich erwähnt wurde. Zum Ausgang des 19. Jahrhunderts war Hattersheim noch eine "kleine, beschauliche Gemeinde". Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte in Hattersheim ein Bevölkerungsanstieg ein, binnen weniger Jahre wuchs die Gemeinde einwohnermäßig stark an, bedingt durch Zuwanderer, Vertriebene und Geflüchtete, aber auch durch Ausgebombte aus den umliegenden Städten, die eine neue Heimat suchten - und fanden. Der Zuzug setzte sich weiter fort als sich in Hattersheim viele namhafte Unternehmen niederließen, wie zum Beispiel Sarotti. Es gab im Ort viele Arbeitsplätze, und das lockte natürlich immer mehr Menschen hierher. Wohnungen mussten gebaut werden, die Infrastruktur musste ebenfalls Schritt halten. Die Kanalisation wurde ausgebaut, ebenso die Straßenbeleuchtung. 1954 wurde das Schwimmbad errichtet, das über viele Jahre hinweg als das "Sarotti-Bad" bekannt war. 1959 wurde die heutige Robinson-Schule gebaut, 1963 das alte Rathaus umgebaut. Der konjunkturelle Aufschwung sorgte dafür, dass die Gemeinde Hattersheim 1970 bereits fast 10.000 Einwohner zählte, dazu kamen 95 Produktionsbetriebe, 73 Gewerbe- und Handelsbetriebe sowie 66 Einzelhandelsgeschäfte. Diese "wunderbare Entwicklung", so Tannenberger, habe den damaligen Bürgermeister Norbert Winterstein angetrieben und motiviert, die Stadtrechte für Hattersheim erlangen zu wollen. Und schließlich erinnerte Günter Tannenberger noch an einen markanten Spruch von Norbert Winterstein aus der damaligen Zeit, den der Altbürgermeister auch in seiner Begründung zur Stadterhebung dem zuständigen Ministerium gegenüber mit auf den Weg gab: "Statt Hattersheim Stadt Hattersheim" - und genau dies wurde tatsächlich wahr, als am 11. September 1970 um 21.01 Uhr vom Hessischen Innenminister Dr. Johannes Strelitz dem Hattersheimer Bürgermeister Norbert Winterstein die Stadterhebungsurkunde übergeben wurde.

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