Corona-Blues auch bei Einbrechern

MTK-Kriminalstatistik 2020 steht klar im Zeichen der Pandemie / Starker Anstieg bei häuslicher Gewalt

Die Aufklärungsquote im Kreis ist im vergangenen Jahr auf 60,7 Prozent gestiegen, die Zahl der Straftaten erstmals seit Jahren wieder unter 10.000 gesunken.

Die Corona-Pandemie hat enorme Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens - und damit auch auf die Kriminalität. Dies geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 für den Main-Taunus-Kreis klar hervor. Diese wurde am Montag im Rahmen einer Video-Pressekonferenz von Landrat Michael Cyriax, Kriminaldirektor Urban Egert und Andreas Beese, dem stellvertretenden Leiter der Regionalen Kriminalinspektion, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Egert erinnerte daran, dass man vor einem Jahr - also noch vor dem ersten Lockdown - die Kriminalitätsstatistik 2019 präsentiert hatte. Es war nur schon absehbar, dass Corona kommen würde - aber niemand konnte realistisch erahnen, wie sich das alles entwickeln würde. Nun habe man seit einem Jahr mit der Pandemie zu tun, und dieser Umstand sorgt auch im Bereich der Kriminalität für zahlreiche Besonderheiten. Auch in einigen Jahren werde man deshalb noch auf die Kriminalitätsstatistik 2020 zurückblickend und erklärend für die ungewöhnlichen "Ausreißer" angeben, dass es sich dabei ja um das "Corona-Jahr" handelte.

Dennoch: "Der Trend, den wir in den letzten Jahren eingeläutet haben, setzt sich fort", so Egert. Und dies sei nicht nur auf Corona zurückzuführen: Die Kriminalität und die Tatgelegenheiten hätten sich geändert, aber dennoch habe man 2020 mit 60,7 Prozent die höchste je im Main-Taunus-Kreis gemessene Aufklärungsquote erreicht. Im Jahre 2000 hatte diese beispielsweise lediglich 34,6 Prozent betragen. Dazu beigetragen haben aber auch zum Teil rückläufige Zahlen bei Eigentumsdelikten, die von Natur aus aufklärungsschwächer seien. So sind zum Beispiel im Bereich des Diebstahls unter erschwerenden Umständen - wie zum Beispiel dem Wohnungseinbruchdiebstahl - die Fallzahlen stark rückläufig. Dieser Trend ist bereits seit 2016 zu erkennen, doch im vergangenen Jahr gingen derartige Fälle noch einmal deutlich stärker um satte 21,6 Prozent auf nur noch 1.294 zurück. 2015 waren es mit 2.733 Fällen noch mehr als doppelt so viele. Im Main-Taunus-Kreis konnten im Jahr 2020 insgesamt 187 Diebstahlsdelikte unter erschwerenden Umständen aufgeklärt werden. Dies entspricht einer Aufklärungsquote von 14,5 Prozent.

33,1 Prozent mehr Fälle von Häuslicher Gewalt in Zeiten von Corona

Die Anzahl der angezeigten Fälle von Häuslicher Gewalt ist im Main-Taunus-Kreis im Jahr 2020 deutlich angestiegen. Kriminaldirektor Egert geht davon aus, dass diese Steigerung zum Großteil auch durch die besondere Pandemie-Situation zu erklären sei.

Insgesamt wurden 434 Fälle und damit 33,1 Prozent mehr Taten als im Jahr 2019 registriert. Fast drei Viertel davon (313 Fälle) beinhalteten den Tatbestand der Körperverletzung. Die Aufklärungsquote lag erneut bei 100 Prozent, wobei hier sicher auch natürliche Grenzen einer solchen Statistik nicht in Vergessenheit geraten dürfen: "Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik wird besonders dadurch eingeschränkt, dass der Polizei ein Teil der begangenen Straftaten nicht bekannt wird. Der Umfang dieses Dunkelfeldes hängt von der Art des Deliktes ab und kann sich unter dem Einfluss variabler Faktoren ändern. Es kann daher nicht von einer feststehenden Relation zwischen begangenen und statistisch erfassten Straftaten ausgegangen werden", heißt es zu Recht in den Vorbemerkungen neuesten Statistik der Polizeidirektion Main-Taunus.

Die 434 angezeigten Straftaten wurden durch 327 Tatverdächtige begangen. Daran lässt sich erkennen, dass sich unter den Tatverdächtigen auch Wiederholungstäter befinden. Charakteristisch für die Häusliche Gewalt sei, dass vorwiegend Männer Gewalt ausüben. 250 der Tatverdächtigen (76,5 Prozent) waren männlich, nur 77 (23,5 Prozent) weiblich.

Enkeltrick und falsche Polizisten

Auch der Kampf gegen Betrug war Andreas Beese von der Regionalen Kriminalinspektion im Main-Taunus-Kreis zufolge ein besonders herausforderndes Feld der Polizeiarbeit. Im vergangenen Jahr wurden 460 Anrufe bei Senioren registriert, bei denen so genannte Enkeltrick-Betrüger oder falsche Polizisten versucht hatten, an Geld heranzukommen. In vielen Fällen hätten die Seniorinnen und Senioren völlig richtig reagiert und direkt den Hörer aufgelegt. Aber sechs Opfer wurden auch nicht misstrauisch und übergaben ihre Wertsachen den Betrügern, wodurch Schaden im Gesamtwert von 350.000 Euro entstanden ist. Und auch in diesem Bereich wird eine deutlich höhere Dunkelziffer befürchtet.

Dass viele Senioren nicht auf derartige Betrugsmaschen hereinfallen, könne auch als ein Erfolg der Aufklärungskampagnen von Polizei und Präventionsrat gewertet werden. Auf das ehrenamtliche Engagement im Präventionsrat mit den Geschäftsführern Peter Nicolay und Jürgen Moog wies auch Landrat Michael Cyriax besonders hin: „Hier wird mit viel Herzblut für die Sicherheit im Kreis gearbeitet, etwa mit den vielen ehrenamtlichen Seniorenberatern.“ Als Beispiel nannte der Landrat eine aktuelle Aufklärungskampagne des Präventionsrats gegen Betrügereien im Fahrwasser der Corona-Pandemie.

Insgesamt deutlich weniger Straftaten

Weniger Fallzahlen und eine Rekord-Aufklärungsquote: Das sind nach Wertung von Landrat Michael Cyriax die wichtigsten Aussagen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 für den Main-Taunus-Kreis. "In der überwältigenden Mehrheit leben wir im Main-Taunus-Kreis sicher, und wir haben eine erstklassige Polizeiarbeit“, fasste Cyriax zusammen.

Kriminaldirektor Egert konnte berichten, dass die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr im Kreis unter die 10.000er-Marke gesunken und damit erneut deutlich zurückgegangen ist auf 9.625 Fälle; das sind 407 weniger als im Vorjahr und der niedrigste Wert seit mehreren Jahrzehnten. „Viele Menschen blieben wegen der Kontaktverbote zuhause, und Geschäfte waren wegen des Lockdowns lange geschlossen – da mangelte es einfach an Tatgelegenheiten für Kriminelle", so Egert.

Zudem sank die sogenannte Häufigkeitszahl, also die Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner, auf 4.035 Fälle. Diese Zahl liege erneut deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 5.446. Die am häufigsten verübte Straftat war die Sachbeschädigung, danach folgte die leichte Körperverletzung.

„Wer 2020 Opfer eines Verbrechens geworden ist, den werden persönlich diese Zahlen kaum beruhigen“, so Cyriax. „Aber wir sollten das in der Gesamtschau sehen: Im Großen und Ganzen lebt die Mehrheit im Main-Taunus-Kreis sicher. Und wir werden weiter gemeinsam mit der Polizei und dem Präventionsrat Main-Taunus alles unternehmen, damit es hier noch sicherer wird.“

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