Ortsvereinsvorsitzender Ralf Meik konnte zahlreiche Gäste nicht nur aus der eigenen Partei, sondern auch Vertreter von CDU, FDP und den Grünen, der Kirchen, von Vereinen und Bürgerinitiativen begrüßen.
Als Vertreter des SPD-Unterbezirkes Main-Taunus entschuldigte dessen stellvertretender Vorsitzender Karl Thumser die Unterbezirksvorsitzende Nancy Faeser. In einem kurzen Rückblick auf das Jahr 2012 sprach er davon, wie schmerzlich es gewesen sei, in diesem Jahr das erste Mal von der Schieflage der kommunalen Finanzen zu erfahren. Zwar ginge es im Main-Taunus-Kreis vielen Gemeinden noch verhältnismäßig gut, aber es seien doch überall Defizite spürbar. „Da wurde so viel am kommunalen Finanzausgleich herumgefummelt, dass sogar ein Rettungsschirm notwendig wurde“, bedauerte er. Im Main-Taunus-Kreis sei zwar nur Hattersheim in der misslichen Lage, diesen beanspruchen zu müssen, aber im Allgemeinen hätten eben die Kommunen als kleinste Verwaltungseinheit das Nachsehen, wenn gespart werden müsse. Für das Jahr 2013 machte er darauf aufmerksam, dass sowohl Bundestags- als auch Landtagswahlen anstehen und im Main-Taunus-Kreis mindestens drei Bürgermeister (unter anderem in Hofheim und Eschborn) gewählt werden. Für alle diese Wahlen sicherte er den Gemeinden und Städten die volle Unterstützung zu.
Auch die Hattersheimer Bürgermeisterin Antje Köster sprach zu den Gästen des Neujahrsempfangs der SPD. Sie hob dabei hervor, dass vor allem eine „Neubestimmung“ des Jahres 2012 in Hattersheim das Neue Jahr 2013 prägen werde: die Inanspruchnahme des Kommunalen Schutzschirmes des Landes Hessen. „Nicht etwa weil alles falsch war, was wir zuvor entschieden hatten, sondern weil die allgemeine Wirtschafts- und Finanzkrise auch ihre Auswirkungen in Hattersheim fand und weil die schlechte Finanzausstattung der hessischen Kommunen auch vor Hattersheim nicht halt gemacht hat“ sei dies notwendig gewesen, sagte die Bürgermeisterin. „Auch wir in Hattersheim haben nicht etwa in Saus und Braus gelebt, sondern uns um die Daseinsvorsorge für unsere Bürger gekümmert – wir haben Aufgaben übernommen, die Bund und Land bestellt haben, ohne dafür zu bezahlen“, führte sie aus.
Dabei sei ein Vergleich zwischen den Kommunen nur bedingt möglich, da in Hattersheim etwa die soziale Verantwortung besonders im Fokus stehe, was man daran erkennen könne, dass es 1.700 Sozialbauwohnungen in der Stadt gibt, die Bildung der Kinder besonders gefördert, sich um Benachteiligte gekümmert und das Projekt Soziale Stadt fortgeführt werde. „Das kostet alles unser Geld, aber das geben wir gerne aus für den sozialen Frieden in unserer Stadt“, erklärte Antje Köster unter Beifall. Ihre Bemerkung, dass die Sozialdemokraten nun schon seit 60 Jahren die Regierungsverantwortung in Hattersheim haben und dass dies auch gut so sei, verursachte nur bei ihren Parteikollegen strahlende Gesichter, Vertreter der Opposition enthielten sich an der Stelle mit Beifallsbekundungen.
„Wir sehen den Schutzschirm als einen Schirm, der uns beschützt und dabei hilft, den Menschen Hattersheim als eine lebens- und liebenswerte Stadt zu erhalten, dafür werden wir einstehen und streiten – wir hoffen dabei auf Unterstützung, nur so sind wir stark“, nahm Antje Köster abschließend die Gelegenheit wahr, an alle Hattersheimer Parteien zu appellieren.
Die prominente Gastrednerin des Neujahrsempfangs der Hattersheimer SPD brauchte Gastgeber Ralf Meik eigentlich gar nicht vorzustellen: „Heidemarie Wieczorek-Zeul ist ja als ,rote Heidi' nicht nur in der SPD bekannt wie ein bunter Hund, nicht nur wegen ihrer roten Haare“, leitete er seine Begrüßung ein und wurde schon gleich lachend von der Politikerin unterbrochen: „Wie ein roter Hund!“. Das freimütige „Eingeständnis“ von Heidemarie Wieczorek-Zeul, sie sei gerade 70 Jahre alt geworden, löste spontanen Beifall bei den Gästen aus. „Daran kann man es sehen“, fand Ralf Meik, „ als Politiker bleibt man jung!“ Heidemarie Wieczorek-Zeul, die seit 1965 Mitglied der SPD und seit 1984 im Parteivorstand ist, begann 1968 als Stadtverordnete in Rüsselsheim, war Mitglied des Kreistages, des EU-Parlamentes und ist noch Mitglied des Bundestages. Von 1998 bis 2009 war sie Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Mit ihrer Rede führte Heidemarie Wieczorek-Zeul die Gäste des Neujahrsempfangs in Hattersheim schließlich zum 150. „Geburtstag“ der Partei zurück zu den Grundeinstellungen und in die Geschichte der SPD.
„Gerade in solch einer schnelllebigen Zeit wie heute, braucht es Orientierung. Die SPD steht nun seit 150 Jahren für Freiheit und Demokratie, Solidarität, Gerechtigkeit, Zusammenhalt, Frieden und Verlässlichkeit“, führte sie aus. Dabei hob sie besonders den Kampf der SPD für das allgemeine, freie und gleiche Wahlrecht und später für das Frauenwahlrecht hervor. Letzteres wurde schon 1863 von der SPD gefordert, 1919 aber erst verwirklicht. „Wenn man daran denkt, wie für das Wahlrecht einst gekämpft worden ist, dann kann man nur jeden dazu auffordern, davon auch heute Gebrauch zu machen“, sagte sie unter Beifall, „es gibt auch heute noch Regionen auf der Welt, in denen dafür das Leben eingesetzt wird.“ Besonders zu würdigen sei es auch, dass die SPD 1933 gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt habe.
Dass heute die Länder Europas im EU-Parlament manchmal so vehement streiten und sich dort auseinandersetzen, sieht sie als Argument für das Weiterbestehen der Europäischen Union: „Es ist doch besser, dass diese Länder ihre Konflikte nun in Redeschlachten austragen als in Schützengräben“, erklärte sie unter großer Zustimmung aller Gäste. Ein weiterer Grund dafür, stolz auf die SPD zu sein, sieht Heidemarie Wieczorek-Zeul darin, dass ihre Partei einst zusammen mit den Gewerkschaften den Sozialstaat erkämpft habe. „Heute gilt es, in der globalen Welt soziale Regeln zu verankern“, ist ihre Ansicht, „und zwar nicht dadurch, dass die Demokratie marktkonform wird, sondern die Märkte müssen demokratiekonform werden!“ Die Verschärfung der Ungleichheit weltweit und in der Gesellschaft liegt nach der Meinung der ehemaligen Ministerin vor allem darin begründet, dass die Globalisierung zu lange unter dem Diktat des Marktradikalismus, in dem „übermächtige Finanzinstitute“ die weltweite Finanzkrise verursachten, verwirklicht werden sollte.
Die meisten Anwesenden des SPD-Neujahrsempfangs stimmten den Ausführungen der Gastrednerin zu und zollten ihr dementsprechend Beifall; gleichwohl führten ihre Worte auch zu manch lebhafter Diskussion.