Vom 29. bis 31. Juli fand in Würzburg der Internationale Trainerkongress des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) statt. Von den gut 1.100 Teilnehmern kamen knapp 100 Trainer aus Hessen, angeführt vom Vorsitzenden der Verbandsgruppe, Reinhard Jung (Okriftel), und seinem Stellvertreter Folker Liebe (Eddersheim).
Größte mediale Aufmerksamkeit erlangte der Auftritt von Jürgen Klopp, bis Juni noch Manager beim FC Liverpool. Im Vorfeld bat dieser darum, auf Interviews, Selfies und Autogrammwünsche zu verzichten, da er sich für ein Jahr so gut als möglich aus der Öffentlichkeit zurückziehen wolle. Dass er sich dennoch zu einem Interview beim Trainerkongress bereit erklärte, war Ehrenpräsident Lutz Hangartner zu verdanken, der Klopp einst als Trainer der Studenten-Nationalmannschaft coachte. Das Interview mit der Überschrift „From Doubters to Believers“ führte Michael Leopold, der bekannte Sportreporter bei Sky. Im Vorfeld des Gesprächs mit Klopp verriet Leopold dem Vorsitzenden Reinhard Jung, dass „harmonische“ Interviews mit Klopp gerade in den Anfangsjahren wegen dessen Emotionalität nicht immer möglich waren.
Momentan genieße er seine Freiheit, begann Klopp. Sein 15-monatiges Enkelkind bestimme den Tagesablauf, er spiele oft Padel-Tennis und ein Personal Trainer helfe ihm dabei, fit zu bleiben. Es sei ihm gelungen, die Menschen in Mainz, Dortmund und Liverpool für sich zu gewinnen, weil er immer versucht habe, auf möglichst viele Mitarbeiter persönlich einzugehen. Zu Beginn seiner Trainerkarriere hatte er das Glück, 2001 den Klassenerhalt mit Mainz zu schaffen, womit nur wenige gerechnet hatten. Sein Erfolg habe sich fortgesetzt, indem er trotz allem Ehrgeiz und Fleiß das Glück hatte, im richtigen Moment die richtigen Leute zu treffen. Auch sei er an seinen Aufgaben gewachsen, denn bevor die großen Erfolge kamen (u.a. Bundesliga-Aufstieg mit Mainz, Deutscher Meister und Pokalsieger mit Dortmund, Englischer Meister und Champions League-Sieger mit Liverpool) musste er erst lernen, mit Niederlagen umzugehen (u.a. Bundesliga-Aufstieg mit Mainz verpasst, Finalniederlagen in der Champions-League mit Dortmund und Liverpool). Er habe sein Trainer-Dasein nie als Stress empfunden, da ihm bei der intensiven Arbeit immer ein positiver Antrieb geleitet habe. Sein sportliches Erfolgsrezept beschreibt er mit dem täglichen Trainieren des Gegenpressings bei Ballverlust der eigenen Mannschaft.
Nach momentanem Empfinden könne er sich eine Rückkehr auf den Fußballplatz nicht vorstellen. Sicher sei, dass er in dieser Saison kein Land und keinen Verein trainiere. Das bedeute jedoch nicht, dass er das Fußballgeschehen nicht mit größter Aufmerksamkeit verfolge. So beobachte er die Arbeit Pep Guardiolas, den er als besten Trainer der Welt bezeichnet, lobte Bundestrainer Nagelsmann aufs Höchste und war sehr glücklich über die deutschen Auftritte bei der EM. Unverständlich sei für ihn nach wie vor der nicht gegebene Handelfmeter im Viertelfinale gegen Spanien, was ihm bei den Trainerkollegen eine breite Zustimmung einbrachte. Interessant wäre in diesem Moment die Erklärung von Deutschlands Regelexperten Nummer 1, Lutz Wagner (Kriftel), der diese knifflige Szene im Gespräch mit Jung als Kann-Entscheidung bezeichnete.
Unter großen Applaus der Zuhörer beendete Moderator Leopold das Interview – und schon war Klopp in den Katakomben des Messegeländes verschwunden.