In diesem Jahr fand der Internationale Trainerkongress der Fußball-Lehrer mit gut 1000 Teilnehmern unter dem Leitthema: „Aktuelle Perspektiven der Fußballentwicklung“ in Leipzig statt. Darunter befanden sich über 100 Trainerkollegen der Verbandsgruppe Hessen. Diese wird auch in den kommenden drei Jahren vom Vorsitzenden Reinhard Jung (Okriftel) geleitet, dessen Wahl in Wiesbaden im März von den Anwesenden einstimmig bestätigt wurde. Ihm zur Seite stehen die drei Stellvertreter Christian Hansetz (Höchst/Odenwald), Sebastian Haag (Mossautal) und der Eddersheimer Folker Liebe.
Im Anschluss an die Wahlen erfolgte eine Ehrung für Christian Streich, dem langjährigen Kulttrainer des SC Freiburg, der für seine Verdienste für den deutschen Fußball und für den Bund Deutscher Fußball-Lehrer mit der Verdiensturkunde des BDFL ausgezeichnet wurde. In seiner Dankesrede beantwortete er die am meisten gestellte Frage an seine Person, was er denn momentan mache. Er werde von verschiedenen Institutionen, auch außerhalb des Fußballsports, angesprochen, ob er für Referate Zeit habe. Dort stehe er Rede und Antwort zu Themen wie „Menschenführung“, „Verhalten unter Stresssituationen“ oder „Körperliche Fitness“. Zuletzt habe er über seine Lieblingslektüren in einer Literaturveranstaltung referiert. Dabei handelt es sich u.a. um „Moby Dick“ von Herman Melville. In einer Pause verriet er Reinhard Jung, dass er Monate gebraucht habe, um wieder ein „normales Leben“ nach seinen Trainerjahren führen zu können, und dabei habe er sogar psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, weil er „vollkommen leer“ gewesen sei.
Den unumstrittenen Höhepunkt des Kongresses stellte das Interview dar, welches der bekannte Sky-Reporter Michael Leopold mit Bundestrainer Julian Nagelsmann führte. In seiner sehr offenen und ehrlichen Art und Weise beantwortete dieser bereitwillig alle Fragen des Moderators und der Teilnehmer. So nannte er es einen Fehler, RB Leipzig in Richtung Bayern so früh verlassen zu haben, da er mit seiner Mission in Leipzig noch nicht am Ende gewesen sei. Auch erklärte er das enttäuschende Abschneiden beim Nations-Cup mit der großen Personalnot, aber auch qualitativer Defizite einiger Nachrücker. Auf die Frage, ob er seine Aussage von 2024 bereue, erklärte er abermals, die Zielsetzung sei nach wie vor, im nächsten Jahr Weltmeister werden zu wollen. Dies sei möglich, wenn seine Unterschiedsspieler topfit seien. Diese seien für ihn Musiala, Wirtz, Havertz, Kimmich und Rüdiger. Letzteren erklärte er, weil Rüdiger „Lust auf Verteidigen“ habe und eine defensivere Stabilität eine Voraussetzung für den Erfolg sei. Weiterhin seien Voraussetzungen, dass jeder Einzelne seine individuelle Rolle akzeptiere, die er ihm klar vermittele, und das Einbringen von Grundtugenden, wie Laufarbeit, Zweikampfverhalten und Rückwärtsbewegung von allen. Auf Leopolds Frage, ob wir denn weltklasse seien, antwortete der Bundestrainer, das sei nicht auf allen Positionen der Fall, aber mit der von ihm geforderten DNA könnten wir weltklasse werden. Nagelsmann ging ebenfalls auf die Sammerkritik ein, man solle im deutschen Lager keinen Durchschnitt als Klasseleistung verkaufen. Das sei nicht der Fall, man könne die gezeigten Leistungen richtig einordnen, aber man solle auch anerkennen, dass sich die Leistungen der Nationalmannschaft in den beiden letzten Jahren gesteigert hätten und ein Stimmungswandel in der Bevölkerung festzustellen sei. Deshalb sei er nach wie vor optimistisch bezüglich der im nächsten Jahr anstehenden Weltmeisterschaft.
Mit großem Applaus wurde Nagelsmann von den Teilnehmern verabschiedet. Hoch anzurechnen ist ihm, dass er sich die Zeit nahm, auf Foto- und Autogrammwünsche bereitwillig einzugehen. Das war in der Vergangenheit bei anderen Referenten keine Selbstverständlichkeit.
Kommentare