Das Ortszentrum bereitet Sorgen

Ausschüsse beschäftigten sich mit Anträgen zur Belebung der Ortsmitte und zur Schaffung einer Einkaufsmöglichkeit

Der fehlende Supermarkt hinterlässt im Ortstzentrum eine spür- und sichtbare Lücke.

Im Rahmen der gemeinsamen Sitzung des Planungsausschusses und des Haupt- und Finanzausschusses am Montag vergangener Woche (30.1.) wurde noch einmal deutlich, dass derzeit das Krifteler Ortszentrum das Sorgenkind vieler Parlamentarierinnen und Parlamentarier darstellt.

Schon vor der Schließung des Rewe-Marktes am 3. Dezember letzten Jahres nahm diese Entwicklung ihren Verlauf. Auf das dort in der Frankfurter Straße ansässige Bauelemente-Unternehmen, direkt gegenüber der Galeriepassage, folgte nach einer Weile Leerstand ein Corona-Testzentrum, das es nun auch schon monatelang nicht mehr gibt. Direkt daneben hielt sich für ein Weilchen ein Fachgeschäft für Shisha-Waren - dies steht nun auch bereits locker anderthalb Jahre leer. Wenigstens prangt dort seit etwa einem Jahr ein monumentales "Barbershop"-Logo im Stile eines Banners, wie man es sonst von den Zäunen an den Fanblöcken in Fußballstadien hängend her kennt, über dem Eingang der offensichtlichen Baustelle im Ladeninneren.

Und in der Galeriepassage hat das kleine Klamottengeschäft geschlossen und machte Platz für einen Bowl-Imbiss, der im November seine Eröffnung feierte - und keine zwei Monate später schon wieder komplett verbarrikadiert wurde, mit dem Hinweis auf eine bis Mitte März andauernde (erneute?) Renovierung. Auch die Bar im ersten Geschoss, die noch vor ihrer Eröffnung eine vielbeachtete "Premiere" in der öffentlichen Wahrnehmung dank einer polizeilichen Großrazzia feierte, ist seit über drei Monaten wieder geschlossen. Und dann ist da natürlich noch der schwer vermisste Rewe-Markt, an dessen Stelle seit zwei Monaten ein großes, dunkles Loch klafft - und nach dessen Schließung die bürgerliche Frequentierung der Ortsmitte erwartungsgemäß erheblich nachgelassen hat.

Was sich aber erfreulicherweise im Zentrum der Gemeinde stabil hält, sind vor allem waschechte Restaurants und alles rund um die medizinische und gesundheitliche Versorgung, von diversen Ärzten und Therapeuten über ein Sanitätshaus bis hin zur Apotheke. Neben einer - derzeit dort leider nicht existenten - Möglichkeit zum Einkauf aller wichtigen Waren des täglichen Bedarfs ist die Anwesenheit dieser Versorgungsbranche in Laufreichweite gerade für die vielen Seniorinnen und Senioren in Kriftel von größter Bedeutung, und es ist natürlich sehr praktisch, dass dort vieles in direkter gegenseitiger Nachbarschaft liegt.

"Zukunft Innenstadt"

In den Ausschüssen beschäftigte man sich nun in der vergangenen Woche mit zwei Anträgen, die mal mehr, mal weniger direkt Bezug nahmen auf diese akute Problematik: Die Krifteler FDP legte einen Haushaltsantrag vor, demzufolge man seitens des Gemeindevorstandes Vorschläge zu einer Belebung des Ortszentrums entwickeln solle, um mit diesen dann am Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ teilzunehmen. Entsprechende Haushaltsansätze für die zur Teilnahme am Landesförderprogramm notwendigen Eigenmittel seien zu bilden.

Der Fraktionsvorsitzende Florian Conrad stellte den Antrag im Planungsausschuss vor und begründete den Vorstoß der FDP damit, dass sich nach der Schließung der "Rewe City"-Filiale die "Befürchtungen eines verödenden Ortszentrums mit der Schließung bzw. Nicht-Eröffnung weiterer Geschäfte und Restaurants leider in erschreckendem Ausmaß bewahrheitet" hätten. Die Teilnahme am besagten Landesprogramm biete "eine große Chance dem entgegenzuwirken": Unterschiedlichste Projekte und Initiativen für eine Belebung des Ortszentrums, von einer Strategieentwicklung bis hin zu konkreten Baumaßnahmen zur Gebäudemodernisierung oder Umgestaltung des öffentlichen Raums könnten so mit bis zu 300.000 Euro pro Kommune gefördert werden. Das Land Hessen übernehme davon mindestens 80 Prozent, meist aber sogar 90 Prozent. "So könnten zum Beispiel in Leerständen PopUp-Stores, eine Attraktivitätssteigerung des Lindenplatzes oder Smart City-Projekte umgesetzt werden", heißt es in der Antragsbegründung weiter.

Dr. Daniel Fries (CDU) schlug daraufhin vor, den Antrag zu einem Prüfantrag abzuwandeln, demzufolge der Gemeindevorstand erst einmal gründlich untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde Kriftel am Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ teilnehmen und davon womöglich auch profitieren könnte, bevor man bereits die Teilnahme selbst schon beschließt.

Florian Conrad zeigte sich mit diesem Vorschlag einverstanden, der entsprechend geänderte Prüfantrag wurde von den Ausschussmitgliedern einstimmig befürwortet.

Supermarkt im Rat- und Bürgerhaus?

Keine Mehrheit hingegen fand ein Antrag der SPD-Fraktion, der vor allem die Schaffung einer zuverlässigen, zentral gelegenen Einkaufsmöglichkeit im Visier hatte. Die kreative Idee: In den nächsten Jahren sei damit zu rechnen, dass die Neugestaltung des Rat- und Bürgerhauses in Fahrt komme. In diesem Zuge solle der Gemeindevorstand prüfen, ob auf dem erweiterten Gelände des Rat- und Bürgerhauses, neben den notwendigen neuen und barrierefreien Diensträumen, auch eine Tiefgarage sowie eine Verkaufsstelle zur Nahversorgung mit Lebensmitteln errichtet werden könnte.

Dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Clemens Schäfer schwebt dabei eine Ladenfläche von etwa 150 Quadratmetern vor, auf dem Gelände des Bauhofs, des ehemaligen LaEckFraRoss-Gebäudes, sowie des Hauses „Lynch“ - sofern dort gebaut werden kann. Zukunftsweisend könnte man das neue bzw. massiv umgestaltete und erweiterte Gebäude sogar mit einer Tiefgarage ausstatten und eben mit einer Fläche für einen derartigen Versorgungsmarkt, den die Gemeinde dann vermieten könnte.

Dr. Daniel Fries wies darauf hin, dass sich bezüglich der Erweiterung und Sanierung des Rat- und Bürgerhauses noch viele Punkte in der Diskussion befinden und dass man mitnichten schon die Ladenfläche des ehemaligen "Rewe City" dauerhaft als Standort für einen neuen Lebensmittelmarkt aufgeben solle. Aktuell wird dieser auf Immobilienplattformen im Internet zur Vermietung angeboten. Dass dort in absehbarer Zeit von einem anderen Anbieter wieder Waren des täglichen Bedarfs angeboten werden, erscheint alles andere als ausgeschlossen. Zudem seien die Kosten einer angedachten Tiefgarage aller Voraussicht nach viel zu hoch und für die Gemeinde kaum erschwinglich.

Florian Conrad wertete aus FDP-Sicht den Antrag zumindest in Teilen als "charmant", denn wäre die Gemeinde der Vermieter einer möglichen Ladenfläche, so hätte diese auch die "Hand drauf", dass so etwas wichtiges wie ein Lebensmittelgeschäft auch tatsächlich dort reinkäme.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank Fichert rechnet nicht damit, dass in den nächsten zehn Jahren rund um das Rat- und Bürgerhaus schon Bauarbeiter und Bagger aktiv werden könnten. Und in zehn Jahren habe sich hoffentlich das Thema bezüglich eines Lebensmittelmarktes im Ortszentrum längst schon wieder erledigt. Fichert sprach der SPD gegenüber die Empfehlung aus, erst einmal eine parlamentarische Vorlage zum Thema Rathauserweiterung in ein paar Jahren abzuwarten und dann in konkretem Bezug darauf diesen Antrag gegebenenfalls noch einmal zu stellen - jetzt wäre dies ein Beschluss "in den luftleeren Raum".

Regina Vischer, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Krifteler Gemeindevertretung, sieht es nicht als Aufgabe der Gemeinde an, für Einkaufsmöglichkeiten zu sorgen. Wirtschaftsförderung sei freilich wichtig. "Aber ich denke nicht, dass die Gemeinde hier Millionen ausgeben muss, um einen Lebensmittelmarkt im Rathaus oder in Rathausnähe zu realisieren", so Vischer.

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