KfW-Fördermittelstopp bremst Bauprojekte im Main-Taunus-Kreis aus

Verzögerungen bei zwei Schulerweiterungen / Auch Wohnungsbauprojekte in Kriftel und Hofheim betroffen

Die Nachricht schlug zu Beginn der letzten Januarwoche ein wie eine Bombe: Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für energieeffiziente Gebäude wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit sofortiger Wirkung gestoppt. Dieser Schritt betrifft alle Förderprogramme der KfW für den energieeffizientes Bauen und Sanieren, mit Ausnahme von Einzelmaßnahmen zur Gebäudehülle, Anlagentechnik und Heizung. Diese werden weiterhin ohne Unterbrechung gefördert.

Durch diesen sofortigen Stopp werden Berechnungen des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW zufolge etwa 300.000 Wohnungen in Deutschland nicht wie geplant gebaut oder modernisiert werden können.

Das Wirtschaftsministerium und die KfW begründen den Stopp mit ausgeschöpften Fördermitteln und der Natur des Förderprogramms, das insbesondere "Mitnahmeeffekte" bediene. Das Programm für Energetische Sanierungen soll zügig fortgesetzt werden, in Sachen Neubauten ist die Perspektive jedoch fraglicher. Zweifellos sind das zunächst einmal schlechte Nachrichten für Häuslebauer und Handwerker gleichermaßen.

Folgen auch im MTK spürbar

Neben Privatpersonen können auch öffentliche Institutionen KfW-Fördermittel beantragen, und von dieser Möglichkeit wird auch rege Gebrauch gemacht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es auch im Main-Taunus-Kreis (MTK) öffentliche Bauprojekte gibt, die von dieser Entscheidung direkt betroffen sind.

So hat Landrat Michael Cyriax in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass angesichts des vom Bund angekündigten vorläufigen Stopps von Fördermitteln für zwei geplante Schulbauprojekte des Kreises vorerst nun doch keine Mittel frei sind: Zum einen für die Erweiterung der Albert-Einstein-Schule Schwalbach, zum anderen für einen Erweiterungsbau an der Heinrich-von-Kleist-Schule in Eschborn.

Für die Albert-Einstein-Schule hatte der Kreis einen Förderantrag in Höhe von 275.000 Euro eingereicht. Dort sollen sechs neue Klassenzimmer entstehen, die bisherigen 54 Räume bieten nicht mehr ausreichend Platz für die dortige Schülerschaft. Der MTK selbst investiert etwa drei Millionen Euro in dieses Projekt.

Bei der Heinrich-von-Kleist-Schule beträgt die fragliche Fördersumme sogar 303.000 Euro. Zusätzlich zu den sechs Klassenzimmern sollen dort zwei Gruppenräume hinzukommen. Auch hier stößt die Schule an ihre Kapazitätsgrenzen: Gymnasialzweig und Förderstufe werden sehr gut angenommen, und zusätzlich wächst der Anteil der Inklusionsschüler, was die Wichtigkeit von besonders geeigneten Räumen erhöht. Die Kosten für den Kreis betragen hier knapp 3,1 Millionen Euro.

Die bereits einkalkulierten Fördergelder liegen nun zunächst einmal auf Eis, stellt Landrat Cyriax fest und fügt an: „Unsere Projekte und letztlich unsere Schülerinnen und Schüler müssen an einer unübersichtlichen Mittelplanung des Bundes leiden."

Cyriax kritisiert die ohne Vorankündigung erfolgte Mitteilung des Förderstopps durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: „Dass die Förderung für bestimmte Kategorien von Vorhaben auslaufen würde, war schon länger bekannt. Die neue Bundesregierung hat es aber versäumt, eine praktikable Übergangsregelung auf die Beine zu stellen und war nicht bereit, zusätzliche Haushaltsmittel für die Förderung bereitzustellen“, so der Landrat. „Jetzt werden nicht nur private Bauherren von dem plötzlichen Förderstopp kalt erwischt. Für die öffentliche Hand kann das noch aufgefangen werden, für private Häuslebauer und Handwerker aber ist das ein No Go.“

Cyriax fordert, dass die Bundesregierung nun die angekündigte Reform der Förderung zügig angeht. „Mindestens muss eine Übergangsregelung her. Nicht nur private Bauherren, sondern auch wir als Schulträger haben keine Zeit zu warten.“

Kriftel: Projekt Raiffeisenstraße ist gestartet - jetzt fehlen 1,3 Mio. Euro

Auch der Krifteler Erste Beigeordnete Franz Jirasek zeigt sich angesichts des plötzlichen Förderstopps "sehr überrascht und verärgert". Die Nachricht habe die Verantwortlichen "kalt erwischt", so Jirasek, und grundsätzliche Fragen zur Verlässlichkeit würden sich angesichts dieser ohne Vorwarnung verkündeten Entscheidungen nun leider aufdrängen.

Akut betroffen ist in Kriftel das bislang größte Bauprojekt in der Geschichte der 1970 gegründeten Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Kriftel (Gewobau): Dem Projekt Raiffeisenstraße.

Mit dem Bauvorhaben soll im Bereich des geförderten Wohnungsbaus ein potenziell vorbildhaftes Projekt umgesetzt werden, heißt es im Bericht des Gemeindevorstandes über die wohnungswirtschaftlichen Tätigkeiten für das Jahr 2021: "Die Gewobau möchte in puncto Klimaschutz ihren Beitrag leisten und kann dies mit der gewählten Holzmodulbauweise in vorbildlicher Form umsetzen." Vier drei- bis vierstöckige Gebäude sollen entstehen, mit 48 barrierefreien Wohnungen auf etwa 3.500 Quadratmetern Wohnfläche. Der dort entstehende preisgebundene Wohnraum ist für Personen und Familien mit geringem bis mittlerem Einkommen gedacht, mit der Fertigstellung wird im zweiten Halbjahr 2023 gerechnet.

Die Mitteilung über das vorläufige Aus der KfW-Förderungen trudelte im Krifteler Rat- und Bürgerhaus via Newsletter wenige Tage vor dem endgültigen Startschuss zum Bau des Projekts. Die Verträge wurden dann am Freitag, 28. Januar zwar dennoch unterzeichnet - der Bau findet also statt. Aber im Dezember 2021 hatte man fristgerecht KfW-Fördermittel in Höhe von 1,3 Millionen Euro für das insgesamt 17,5 Millionen Euro teure Projekt beantragt und diese auch in die Kalkulation einfließen lassen. Und woher diese Mittel nun kommen sollen - das bereite den Planern nun durchaus "schlaflose Nächte". Notfalls müsse man einen Kredit in dieser Höhe aufnehmen.

Ein gewisses Maß an Hoffnung auf eine praktikable Lösung trägt der Erste Beigeordnete jedoch noch in sich. Ein Teil der bislang beantragten Fördersummen wird noch bedient - und hier stellt sich dann die Frage, welche Projekte der Bund priorisieren wird. Und vielleicht wird es für die übrigen Anträge, die vor dem 24. Januar eingegangen sind, eine Art Übergangslösung geben.

Hattersheim ist aktuell nicht betroffen

Der Hattersheimer Bürgermeister Klaus Schindling konnte auf Anfrage dieser Zeitung verkünden, dass kein aktuelles Bauprojekt der Stadt von der Förderstopp-Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers betroffen ist. Er hofft dennoch, dass zeitnah ein konkreter Vorschlag kommt, wie energieeffizientes Bauen auch in Zukunft gefördert werden kann und wartet nun auf einen entsprechend "weisen Beschluss aus Berlin".

Auch Bauprojekte in Hofheim in Gefahr

Die Entscheidung der Bundesregierung hat auch massive Auswirkungen auf die Bautätigkeiten der Hofheimer Wohnungsbau GmbH (HWB). Ein Drittel des Finanzierungsvolumens für die Bauprojekte der HWB, die in diesem Jahr starten sollten, stammt aus den nun gestoppten Fördermitteln. Dabei geht es um die HWB-Projekte an der Hofheimer Straße und auf dem ehemaligen Nahkaufgelände in Lorsbach, das QuartierHochVier an der Höchster Straße, das Projekt Polaris an der Homburger Straße sowie den Stadtteiltreff in Hofheim-Nord. Auch die Sanierung der Bestandgebäude Am Forsthaus in Hofheim ist betroffen. Für die Projekte wurde ein Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro angesetzt, circa 16 Millionen davon aus KfW-Mitteln bei einem KfW-Tilgungszuschuss von insgesamt 4 Millionen Euro.

„Diese katastrophale Entscheidung bringt die städtebauliche Entwicklung sowie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Hofheim massiv in Gefahr“, gab Bürgermeister und HWB-Aufsichtsratsvorsitzender Christian Vogt in einer Pressemitteilung der Stadt Hofheim zu Protokoll. Gerade vor dem Hintergrund steigender Baukosten, dem großen Druck auf dem Wohnungsmarkt und der durch die Corona-Pandemie erschwerten Bauzeitplanung sei der sofortige Stopp der Fördermittel nicht nachvollziehbar. „Wir verstehen die grundsätzliche Zielsetzung der Bundesregierung wirklich nur hoch energieeffiziente Projekte zu fördern und sehen langfristig eine Stärkung der Position der HWB. Allerdings ist die bremsende und verunsichernde ad-hoc-Vorgehensweise absolut unverständlich.“

HWB-Geschäftsführer Norman Diehl zeichnet eine düstere Prognose für 2022: „Wir sind, wie alle in der Branche, von dieser Entscheidung völlig überrascht. Stand heute können wir keines der geplanten Bauprojekte in diesem Jahr umsetzen.“

Ein Lichtblick sei, dass die Bundesbauministerin das Problem erkannt habe. Diehl führt weiter aus, „dass eine solche Unterbrechung und Verzögerung nicht einfach eins zu eins aufzuholen ist. Unsere Planer sind seit Monaten am Arbeiten und diese Ergebnisse werden nun eventuell über den Haufen geworfen. Dies verteuert völlig unnötig noch weiter geplante Projekte.“ Zudem seien die Förderanträge Voraussetzung für den Baustart der einzelnen Projekte. Der jetzige Stopp führe auch deshalb zu zusätzlichen Verzögerungen. Man hoffe nun auf eine schnellstmögliche Lösung.

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