Die Entwicklung akzeptieren

„Was bedeutet der Demografische Wandel ?“ fragte sich eine Diskussionsrunde in Gustavsburg

GUSTAVBURG (pm) – Nach den Herausforderungen und Aufgaben in einer sich verändernden Gesellschaft fragten am Freitagabend der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerold Reichenbach und die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in Gustavsburg. Auch Experten aus Kommunalpolitik und Wohnungsbau berichteten von ihren Erfahrungen und geplanten Projekten. 

 

So machte Reichenbach direkt zu Beginn deutlich, dass Demografie eine Zukunftsaufgabe ist. „Demografischer Wandel meint nicht nur Rente und Altersvorsorge“, erinnerte der Bundestagsabgeordnete, „es geht auch um eine gute Positionierung unserer Jugend“. Bei diesem Thema seien vor allem kommunale Entscheidungsträger gefordert, die die Auswirkungen einer älter werdenden Gesellschaft abfedern müssen. „Mit der SPD sind wir kommunal gut verankert“, betonte Reichenbach im Hinblick auf zukünftigen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. 
Wie diese konkret aussehen werden, erklärte die ehemalige SPD-Gesundheitsministerin. „Älter werden ist keine Krankheit“, merkte Ulla Schmidt direkt zu Beginn an und erntete dafür viel Zuspruch. Ihr Blick richtete sich auf das Jahr 2030, in dem Demografen eine eindeutige Überzahl von über 60-Jährigen prognostizieren. Schwache Geburtenraten, aber auch große Innovationen und dadurch ein immer höheres Lebensalter verschieben den Altersdurchschnitt der Deutschen immer weiter nach oben. „Wir müssen die demografische Entwicklung akzeptieren, die alten Zeiten sind vorbei“, machte Schmidt zwar deutlich, fragte aber gleichzeitig, wie wir damit besser umgehen können. 
Für Ulla Schmidt muss zum einen bereits bei der Jugend vorgesorgt werden, zum anderen ist ein finanzierbares Gesundheitssystem unabdingbar. „Wir dürfen nicht über die Kinder jammern, die nicht da sind, sondern in die investieren, die da sind“, betonte Schmidt ihre Forderung nach bestmöglicher Förderung aller Kinder und Jugendlicher. Wichtig sei auch, dass es eine große Anzahl Erwerbstätiger gibt, die ein gemeinsames Gesundheitssystem finanzieren können. „Dafür muss die Vereinbarkeit von Beruf und Kind, aber auch von Beruf und Pflege besser gefördert werden“, mahnte Schmidt. Vor allem das Thema Pflege lag ihr am Herzen, ein wesentlicher Bestandteil des demografischen Wandels. Alle Maßnahmen zur Unterstützung pflegebedürftiger Menschen müssten hauptsächlich unter der Prämisse der Selbstständigkeit jedes Einzelnen laufen. 
Wie solche Maßnahmen aussehen können, berichtete Richard von Neumann, Bürgermeister von Ginsheim-Gustavsburg und Vorsitzender der Betriebskommission der Kommunalen Wohnungsgesellschaft. 
So werden in der Kommune mit 16.000 Einwohnern die Bedürfnisse von Alt und Jung gleichermaßen berücksichtigt. Auf der einen Seite muss die Gemeinde vor allem für junge Menschen attraktiver werden und bietet mit einer überdurchschnittlichen U3-Betreuung gerade für Familien interessante Anreize. Auf der anderen Seite kümmert sich die Gemeinde um Begegnungsstätten für Senioren und stärkt die Ortsmittelpunkte, um durch kurze Laufwege eine hohe Selbstständigkeit älterer Menschen beizubehalten. Der große Anteil kommunaler Wohnungen in Ginsheim-Gustavsburg bietet günstige Wohnfläche und wird bei Neubauten nur noch barrierefrei geplant.
Von Erfahrungen im kommunalen Wohnungsbau konnten auch Torsten Regenstein, Geschäftsführer der Gewobau Rüsselsheim, und sein Sozialmanager Viktor Grunski berichten. Regenstein fasste die demografischen Entwicklungen knapp und prägnant zusammen: „Weniger, älter, bunter.“ 
Die Gewobau existiert seit 1954 und vermietet mittlerweile an jeden dritten Rüsselsheimer eine Wohnung. „Das Thema Barrierefreiheit spiele eine immer wichtigere Rolle“, betont Regenstein, „ob im Umbau einzelner Wohneinheiten oder dem Neubau ganzer Seniorenwohnanlagen.“ 
„Wichtig für die älteren Mieter ist hauptsächlich, dass sie möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben können“, schilderte Grunski. Zu seinen Aufgaben gehöre die Vermittlung und Unterstützung für Senioren, aber auch die Kooperation mit Sanitätshäusern und Pflegekassen, um den Bewohnern hohe Eigenständigkeit zu gewährleisten.
In einer abschließenden Frage- und Diskussionsrunde zielten die meisten Beiträge ebenfalls auf das Thema Selbstständigkeit im Alter ab. „Es liegen noch einige Herausforderungen vor uns, aber mit dem Aufbau der richtigen Strukturen wird uns die Weichenstellung gelingen“, zeigten sich die beiden Bundestagsabgeordneten Reichenbach und Schmidt zuversichtlich. 
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