Hinweise auf ein strukturelles Problem

Haushaltsanträge der Fraktionen / Grundsteuer: CDU, GALF und dfb schlagen Erhöhung auf 550 Prozent vor

Letzte Woche Donnerstag legten die Fraktionen des Flörsheimer Stadtparlamentes im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) ihre Haushaltsanträge vor. Es geht angesichts des sehr übersichtlichen finanziellen Handlungsspielraums freilich nicht darum, den von Kämmerer Sven Heß am 31. Januar eingebrachten Haushalt 2019 um das ein oder andere Extra zu ergänzen – es geht darum, die Stellschrauben so anzusetzen, dass ein genehmigungsfähiger Haushalt verabschiedet werden kann, ohne dass die vom Kämmerer angesetzte Grundsteuererhöhung greifen muss. Jene würde bei 680 Prozent (aktuell: 490 Prozent) liegen und zu einem Mehrertrag von rund 1,6 Millionen Euro führen. Die Frage, mit der sich die Mandatsträger also zu beschäftigen hatten und haben lautet: Wie, beziehungsweise mit welchen Maßnahmen, ist es möglich, dieses Haushaltsloch zu schließen?

Es wird nicht ohne eine Erhöhung der Grundsteuer gehen, so viel ist klar. Andernfalls wären überaus empfindliche Sparmaßnahmen, beispielsweise zulasten des ohnehin gebeutelten Kulturangebots, oder, und zwar im ganz großen Stil, die Verschiebung dringender Sanierungsmaßnahmen – die sich in den folgenden Jahren schließlich nicht in Luft auflösen, sondern, im Gegenteil, kostspieliger werden – die notwendige Folge. Die Anhebung der Grundsteuer, das Einfrieren freiwilliger Leistungen, die Inkaufnahme eines anwachsenden Investitionsstaus – all das entspricht, sofern es nicht dem Ziel dient, zukünftig eine Haushaltskonsolidierung auch ohne Notmaßnahmen zu erreichen, lediglich dem Kurzzeitdenken. Das Wurschteln am Etat, die Suche nach (vermeintlich) unnötig hohen Ansätzen, das inständige Hoffen auf Restmittel, der bange Blick auf drohende Gewerbesteuerrückzahlungen, die Verabschiedung eines Haushalts mitten im von ihm betroffenen, laufenden Haushaltsjahr – all das weist auf ein strukturelles Problem hin, das im Interesse der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger möglichst zeitnah zu lösen ist. Doch darum ging es in der HFA-Sitzung vom 28. März nicht; die Fraktionen beschieden sich mit dem Vorsatz, den Heß'schen Grundsteuer-GAU nicht Wirklichkeit werden zu lassen.

"Unser Ziel ist es, die Grundsteuer nicht zu erhöhen", sagte Marion Eisenmann-Kohl, bevor sie die von den Sozialdemokraten vorgeschlagenen Änderungen für den Haushaltsentwurf vorstellte. Im Wissen, dass einzig und allein durch die Umsetzung der auf zweieinhalb DIN-A-4-Seiten versammelten Punkte keineswegs eine Anhebung der Grundsteuer zu vermeiden wäre, räumte die SPD-Fraktionsvorsitzende sogleich ein, dass die Sparvorschläge der Sozialdemokraten "nicht der Weisheit letzter Schluss" seien. In erster Linie müsse aber das Dreierbündnis aus CDU, GALF und dfb in Verantwortung genommen werden, meinte Eisenmann-Kohl. Die Sozialdemokraten wollen die Einnahmenseite durch den Verkauf der Begegnungsstätte Keramag/Falkenberg (150.000 Euro) und des städtischen Grundstücks Riedstraße 73 (Ecke Hertieunterführung, "Friedhofseite") erhöhen. Im letzteren Fall bat die SPD die Stadtverwaltung darum, die genaue Größe und den möglichen Erlös bei Einhaltung des Bodenrichtwertes zu ermitteln. Diverse Sperrvermerke – etwa was die Ersatzbeschaffung eines Löschgruppenfahrzeugs für die Weilbacher Feuerwehr (365.000 Euro) angeht – sind in dem Beschlussvorschlag zu finden, ebenso einige Verschiebungen, Kürzungen und Streichungen – beispielsweise der Verzicht auf eine Erneuerung des Stadtgartens (150.000 Euro).

CDU, GALF und dfb reichten ihre Haushaltsanträge gemeinsam ein, auch sie schlagen vor, mehrere Maßnahmen ins nächste Haushaltsjahr zu verschieben – darunter die Umgestaltung der Bahnhofstraße und der Ausbau der Altkönigstraße (ursprünglich jeweils 150.000 Euro in 2019). Außerdem sollen die Personalaufwendungen und die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen um insgesamt rund 680.000 Euro gekürzt werden. Aus Sicht der Fraktionen des Dreierbündnisses kommt man um eine Grundsteuererhöhung nicht herum – 550 Prozent sollen es laut Beschlussvorschlag werden; damit hätte Flörsheim denselben Hebesatz wie Hattersheim und Kriftel.

Die Freien Bürger wollen neben der vom Dreierbündnis gewünschten Einführung einer Wettbürosteuer außerdem die "Gleichstellung der Spielgerätesteuer von Casinos/Spielhallen mit Gaststätten und sonstigen Einrichtungen, die Apparate mit oder ohne Gewinnmöglichkeit aufgestellt haben" sowie eine deutliche Anhebung der Spielgerätesteuer erreichen.

Steuererhöhungen sollten möglichst vermieden werden, falls dennoch notwendig, sollten sie moderat sein, erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Thorsten Press den grundsätzlichen Standpunkt der Liberalen. Jene bringen als Einsparmöglichkeiten unter anderem die Streichung der geplanten Fahrradstraße am Konrad-Adenauer-Ufer (191.400 Euro in 2019), aber auch den Verzicht auf die Erstellung eines Stadtentwicklungskonzeptes (150.000 Euro) ins Spiel. Die FDP stellte der Stadtverwaltung zudem mehrere Fragen zum Haushalt 2019 – im Falle der Erweiterung des Straßenbeleuchtungsnetzes beziehungsweise der Umrüstung auf LED-Beleuchtung stellte sich heraus, dass bei dem aktuellen Haushaltsansatz Restmittel aus dem Vorjahr – und zwar in Höhe von mehr als 300.000 Euro – unberücksichtigt blieben.

Die Fraktionen hatten nun eine Woche Zeit, die jeweiligen Vorschläge intern zu besprechen, in der HFA-Sitzung am heutigen Abend folgt die öffentliche Diskussion. Eine Beschlussempfehlung für das am 11. April tagende Stadtparlament ist ausdrücklich erwünscht.

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