Wie aus "Heddereshem" das heutige Eddersheim wurde

Feierliche Stadtverordnetenversammlung im Rahmen des Jubiläums 880 Jahre Eddersheim

mpk

Eddersheim feiert in diesem Jahr sein 880-jähriges Jubiläum, und aus diesem Grund fand die jüngste Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstagabend in besonders feierlichem Rahmen in der dortigen TSG-Halle statt. Bürgermeister Klaus Schindling konnte zahlreiche Ehrengäste begrüßen, darunter den ehemaligen Ersten Kreisbeigeordneten Wolfgang Kollmeier, Altbürgermeister Alfred Schubert, die ehemalige Stadtverordnetenvorsteherin Silvia Maeder, Ehrenstadtverordnetenvorsteher Günter Tannenberger, Ehrenstadtrat Bernd Caspari, die ehemalige Erste Stadträtin Karin Schnick, den ehemaligen Ersten Stadtrat Karl Heinz Spengler, den Europaabgeordneten Michael Gahler sowie den stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden Alexander Feist aus Kriftel.

Rede zum 880-jährigen Jubiläum von Eddersheim

Stadtverordnetenvorsteher Georg Reuter, selbst von Geburt an Eddersheimer, präsentierte eine launige Rede zur Geschichte des Stadtteils, der an diesem Abend so sehr im Mittelpunkt stand, von der Frühzeit bis in die Moderne.

Bekanntermaßen feiert Eddersheim in diesem Jahr seinen 880. Geburtstag. Das geschieht aus gutem Grund, denn 2015 hatte ein Eddersheimer Bürger im Würzburger Staatsarchiv eine Schenkungsurkunde des Erzbischofs von Mainz aus dem Jahr 1145 entdeckt, in der von „Heddereshem“ die Rede ist. So wurde die vorherige Annahme über den Haufen geworfen, derzufolge Eddersheim am 9. Mai 1290 als „Edirsheym“ erstmals urkundlich erwähnt wurde. Und diese Entwicklung erklärt auch, warum 1990 die 700-Jahr-Feier begangen wurde - und 35 Jahre später nun bereits das 880-jährige Jubiläum auf dem Programm steht.

Doch die Geschichte Eddersheims beginnt nicht erst im Mittelalter, berichtete Georg Reuter, denn archäologische Funde deuten bereits auf eine hiesige Besiedlung zur Römerzeit hin. Das wäre nicht weiter verwunderlich: Die Nähe zum Main und fruchtbare Böden waren schon damals eine willkommene Einladung für Landwirtschaft und Handel.

Jahrhundertelang zählte Eddersheim zum Kurmainzer Herrschaftsgebiet, und entsprechend stark wirkte sich dies aus geistlicher und politischer Sicht auf das Leben der Bevölkerung aus.

Man weiß zwar nicht genau, wo er stand (vermutet wird das Areal rund um die Kirche), aber schon im Jahre 1332 gab es in Eddersheim den Dompropsteihof, wohl umringt von einen Zaun mit sieben Ettern. "Es wird vermutet, dass der Name des Dorfes von diesem Zaun stammt", so der Stadtverordnetenvorsteher zum wahrscheinlichen Namensursprung des Stadtteils.

Eddersheims beliebtester Bürger

Erwähnung fand in Reuters Rede auch der "wohl beliebteste" Bürgermeister Eddersheims": Peter Rendel. Rendel hatte für die Bevölkerung immer ein offenes Ohr und war bekannt für seine soziale Ader. Im Laufe seiner Amtszeit um die Wende zum 20. Jahrhundert konnte sich Eddersheim enorm vergrößern, die Einwohnerzahl stieg auf stattliche circa 1.400 Personen. Und Eddersheim wurde moderner: Eine neue Schule kam hinzu, die Straßen wurden gepflastert, ein Wasserleitungsnetz wurde errichtet und 1911 feierte elektrisches Licht seine Premiere im Dorf. Und seinem Wirken ist es zu verdanken, dass unter der Leitung der Schwestern des Pallottinerordens eine Sozialstation betrieben wurde.

Neue Epoche nach Kriegsende

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl rasant an: 1939 waren noch 1.604 Menschen gemeldet, 1946 waren es bereits 2.095 und zehn Jahre später nochmal fast 400 Personen mehr. Dies lag vor allem im Zuzug von Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten begründet. Die Siedlungen rund um die Römer-, Goten- und Keltenstraße wurden von den alteingesessenen Eddersheimern damals „Paprikasiedlung“ genannt, da die neuen Mitbürger häufig Selbstversorger waren, die in ihren Gärten unter anderem auch Paprika anpflanzten.

1972 folgte der Zusammenschluss der Stadt Hattersheim und der Gemeinden Eddersheim und Okriftel zur Stadt Hattersheim am Main, was zunächst nicht jeden Eddersheimer glücklich machte: Die meisten hatten damals mehr Lust auf einen Zusammenschluss mit Flörsheim.

Zum Abschluss seines Rückblicks in die Eddersheimer Geschichte bilanzierte Reuter die Grundversorgung, die in Eddersheim herrschte, als er selbst zehn Jahre alt war: So gab es dort seinerzeit: "Vier Metzger, drei Bäcker, zwei Spar-Einkaufsmärkte, die Lebensmittelläden Koppai und Coburger, drei Tankstellen, vier Kreditinstitute, einen Raiffeisenmarkt, das Schuhgeschäft Prokopetz, die Textil und Bekleidungsgeschäfte Pohle und Rühl, die Gemischtwarenläden Luger und Fass, den Fahrradladen Rössel, das Uhrengeschäft Otto, die Möbelgeschäfte Rendel und Wollstadt, die Getränkehändler Wagner und Hirsch, den Blumen- und Südfrüchteladen Piller, den Blumenladen Wagner, zwei Schreibwarengeschäfte und das Farbenhaus Emrich.

Und an Gaststätten: "Den Taunus mit Veranstaltungssaal, Zur Post, Zum Schwanen, Zum Löwen, das Fischerstübchen, Zum Balkan, Zur Kegelbahn, den Mainblick, später Disco. Wir hatten das Kino in der Backesstraße. Eine Post und eine Apotheke im Aufbau. Einen Arzt und einen Zahnarzt sowie einem örtlichen Bürgerbüro der Verwaltung." Die Auflistung weckte hörbar Erinnerungen bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern, und leise war zu hören: "Und jetzt haben wir nichts mehr."

Passend dazu sprach sich Georg Reuter für die Entwicklung eines neuen Quartiers am östlichen Ortsrand aus, mit Nahversorgung, altersgerechtem Wohnen, Kinderbetreuung und gerne auch einer Mehrzweckhalle für Sport und Kultur.

Der Stadtverordnetenvorsteher dankte schließlich noch der Leiterin des Stadtarchivs Anja Pinkowsky für die Bereitstellung offizieller Daten und Fakten, und Reuter ließ auch nicht unerwähnt, dass das Buch des ehemaligen Pfarrers Bruno über die Geschichte Eddersheims eine "unverzichtbare Quelle" sei für "alle, die verstehen wollen, wie Vergangenheit Identität stiftet".

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