Noch mal Vorschläge machen lassen

In der Diskussion um die Streetballanlage an der Werner-von-Siemens-Straße soll der Magistrat tätig werden

Nicht geeignet: Die SPD gibt ihre Pläne auf, für die Verlegung der Streetballanlage in die unmittelbare Nähe, auf der naturnahem Freizeitfläche, zu werben.

Manche dachten schon, das Thema sei durch. Die Sanierungs- und Umbaupläne im Rathaus sind im Werden, die politische Mehrheit gegen eine Verlegung des Streetballplatzes im Wohngebiet Werner-von-Siemens-Straße steht eigentlich – und doch war der erneute Vorstoß der SPD in der Stadtverordnetenversammlung für eine Verlegung der Anlage nicht vergeblich. Immerhin erreichte die Oppositionsfraktion in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause einen einstimmigen Beschluss, dass sich die Ausschüsse im Herbst noch einmal intensiv über die Zukunft des Areals unterhalten werden. Einen entsprechenden Vorschlag aus Reihen der FDP akzeptierte SPD-Fraktionschefin Melanie Ernst, dem Kompromiss stimmten alle Fraktionen zu.

So läuft eben Diplomatie: Um eine definitive Entscheidung in einem Streitthema zu vermeiden, wird eine neue Diskussionsrunde aufgemacht. Deren Verlauf und Ergebnis scheint völlig offen, obwohl auch die Debatte dieser Sitzung wenig Anlass gab davon auszugehen, dass die Mehrheit aus CDU und GALF ihre Grundhaltung zu ändern gedenkt. Die lautet, dass die Anlage nicht beseitigt, sondern so umgestaltet werden soll, dass sie weniger Lärm in die umliegenden Häuser aussendet.

Erst kürzlich hatte die SPD sich erneut intensiv mit dem Thema beschäftigt, das sie 2016 zum ersten Mal vortrug, wobei sie sich dabei als Sprachrohr genervter Anwohner der Anlage verstand. Die nach mutwilligen Beschädigungen von der Stadt angeordnete Schließung erst eines Teils (September), dann der gesamten Anlage (März) veranlasste die SPD zu einem erneuten – erfolglosen – Vorstoß, diesmal mit der Idee verknüpft, das naturnahe Freizeitgelände östlich der Bebauung dieses Wohngebiets als neuen Standort anzuvisieren.

Davon war im neuerlichen Anlauf keine Rede mehr. Inzwischen ist bei den Sozialdemokraten die Erkenntnis gewachsen, dass die Nachbarschaft am naturnahen Gelände zwar nur auf einer Seite der Fläche zu finden ist, aber wohl genauso wenig für eine Erweiterung des Areals um ein Basketball-Spielfeld zu begeistern wäre. Nun lautet der Vorschlag, die Anlage „an das Mainufer zu verlegen“, womit die Sport- und Freizeitanlage nahe der Opel-Brücke gemeint ist. „Auf der bisherigen Anlage soll ein Spielplatz für Kinder und Jugendliche entstehen“, schlägt der Antrag zudem vor.

In der Diskussion ging es um beide Orte: die Alternativen an der Werner-von-Siemens-Straße und wie sinnvoll es ist, solch ein Angebot von der nördlichen Innenstadt ans Mainufer zu verlegen. „Es wird nicht viel verändern“, glaubt Christian Ruppert (CDU), dass das Lärmproblem am aktuellen Standort bestehen bleiben wird und sich nicht von selbst erledigt, „wenn man das Basketballfeld wegmacht und Steine hinlegt“. Es sei ein Treffpunkt für die Jugendlichen aus dem direkten Umfeld und werde es bleiben, erwartet er.

Ruppert gefiel auch der Unterton des SPD-Papiers nicht, in dessen Begründung das Wort „Treffpunkt“ in Anführungszeichen gesetzt war, „dann hat das eine negative Konnotation“. Der Leiter der Mobilen Beratung, Markus Singer, habe betont, dass 90 Prozent der Flörsheimer Jugendlichen in ihrem Verhalten im öffentlichen Raum völlig unauffällig seien, betonte Ruppert.

Ein ähnliches Problem hatte Frank Laurent (GALF) mit der Grundhaltung der SPD. „Jugendliche sind Teil der Gesellschaft“, kritisierte er den Ansatz, den neuen Standort am Mainufer mehr oder weniger direkt damit zu begründen, dass der Nachwuchs am Main nicht so störe. Der Fraktionschef gab einen Schwank aus seinem Leben zum besten, gestand eine verjährte Jugendsünde eines nächtliche Schwimmbadbesuchs, „das war herrlich, alle haben mal so einen Blödsinn gemacht“.

Die Flörsheimer sollten, wollte er damit vermitteln, doch froh sein, dass durch Treffpunkte wie die Streetballanlage „Leben in der Bude“ sei. An Lösungen für die Lärmthematik, bedingt von den Metallgittern der Umzäunung, werde in der Verwaltung längst gearbeitet, auch Singer habe sich zu dem Thema entsprechend geäußert.

„Wir können unsere Jugendlichen nur integrieren, wenn wir ihnen Gelegenheit geben, sich an uns zu reiben“, hob Laurent zudem hervor, dass er der Meinung sei, gewissen Konflikten sollte nicht ausgewichen werden, wie es früher eher gehandhabt wurde, „das hat uns zu dem werden lassen, was wir heute sind“.

Auch Die Freien Bürger wollen den Streetballplatz zumindest als Treffpunkt (ohne Anführungszeichen) für Jugendliche erhalten. „Wir haben eine Verantwortung für die Leute, die dort wohnen“, sagte Thomas Probst und meinte dies in dem Sinne, „dass wir überzeugt sind, dass wir dort weiter etwas anbieten können“. In Flörsheim sei das Thema Lärmbelästigung durch den Autoverkehr und Fluglärm sowieso immer gegeben. „Wir sollten die Jugendlichen nicht ausgrenzen, lassen Sie uns das weiter diskutieren“, appellierte er im Sinne der Entscheidung, die letztlich fiel.

Die fädelte Thorsten Press (FDP) ein, indem er darauf verwies, dass nicht nur die Streetballanlage selbst, sondern auch das direkte Umfeld „in einem desolaten Zustand“ sei. Die seit dem Aufbau des Platzes gewachsenen Hecken seien inzwischen so hoch und dicht, dass der Metallzaun eigentlich nicht mehr gebraucht werde. Solch ein Platz in einem Wohngebiet sei „eigentlich schön für die Nachbarn“, er müsse aber revitalisiert werden, um als attraktiver Treffpunkt dienen zu könne.

Deshalb konkretisierte Press den zweiten Teil des SPD-Antrags, dass an Stelle der jetzigen Streetballanlage ein Spielplatz für Kinder und Jugendliche entstehen soll. Der Magistrat, floss in die Abstimmung ein, solle ein Konzept für eine Platzgestaltung in dem Sinne im Sozial- und Bauausschuss vorstellen und Markus Singer bei der Planung einbeziehen.

Der Beschluss erlaubt theoretisch ein Ergebnis, dass die Fläche weiter als Sportplatz genutzt werden kann, wie auch eine völlige Neuorientierung mit dem Ort – den Ball gaben die Fraktionen zunächst einmal galant an die Verwaltung weiter. Die Diskussion stellte auch nicht klar, ob alle Seiten einen Ersatz für die Streetballanlage im Falle ihres Wegfalls überhaupt für notwendig halten – die SPD setzte das in ihren Anträgen bisher voraus.

So kämpfte Fraktionschefin Melanie Ernst gegen die Zweifel an, dass sich die Freizeitanlage am Mainufer als neuer Standort für das Basketballfeld eignen würde: „Das ist zwar etwas außerhalb, aber nicht zu weit weg – nicht abgelegen und nicht unbeobachtet“, betonte sie und verwies auf die Planungen eines Jugend-Treffpunktes, die auch Singer, der stets um Angebote im Wohnumfeld wirbt, unlängst für das südliche Areal vorgestellt hatte.

So scheint alleine sicher, dass die Zaunanlage um die Sportfläche an der Werner-von-Siemens-Straße die anstehenden Umplanungen nicht überleben wird. Das zeichnete sich auch schon in den ersten Äußerungen der Ersten Stadträtin Renate Mohr (GALF) zu dem Thema ab. Damit aus der Anlage ein Treffpunkt für alle Generationen in dem Viertel wird, dürfte an einer kompletten Neuplanung der gesamten Fläche nichts vorbeigehen.

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